Heft 
(1.1.2019) 15
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CAMPUS 1

INTERDISZIPLINÄRES FORSCHUNGSZENTRUM

GEGRÜNDET

Ein auch äußerlich sichtbares Zeichen dafür, daß die verschiedenen Diszipli­nen an der Potsdamer Universität über ihre Fachgrenzen hinweg Zusammenar­beiten, sind die interdisziplinären For­schungszentren. In ihnen vereinen sich Wissenschaftler verschiedenster Fach­richtungen, um Projekte gemeinsam von ihren unterschiedlichen Aspekten her zu untersuchen. Die Zentren sind deshalb auch nicht einer bestimmten Fakultät zugeordnet, sondern unterste­hen direkt dem Senat. Ihre Arbeit bürgt für das Hinausschauen über den eige­nenTellerrand" als einem der Marken­zeichen der Universität Potsdam. Den bereits bestehenden Forschungszentren ganz unterschiedlicher Wissenschafts­bereiche konnte nun ein weiteres hin­zugefügt werden: Es nennt sich inter­disziplinäres Zentrum fürDünne Orga­nische und Biochemische Schichten, wird geleitet von dem Physiker Profes­sor Dr. Ludwig Brehmer, dem Mathema­tiker Professor Dr. Helmut Kaiser und dem Biochemiker Professor Dr. Frieder Scheller und vereint folglich auch Phy­siker, Mathematiker, Chemiker und Bio­chemiker unter seinemDach.

Als Plattform des Austausches verschiedener Disziplinen, die sich allerdings nicht nur in­nerhalb der Universität orientiert und Brük- ken nach außen schlägt, charakterisierte denn auch Prorektor Professor Dr. Wolfgang Loschelder bei der offiziellen Eröffnungsver­anstaltung das neue Zentrum. Er nannte als einige der bereits kooperierenden außer­universitären Forschungsinstitute das Fraun­hofer-Institut für Angewandte Polymer­forschung und das Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung. Seine Freude über das gute Funktionieren dieser Zusammenarbeiten brachte auch Hauke Krüger als Vertreter des Ministeriums für

Wissenschaft, Forschung und Kultur zum Ausdruck: Er übersandte die Grüße und gu­ten Wünsche des neuen Wissenschafts­ministers Steffen Reiche und betonte die Not­wendigkeit solch grenzüberschreitenden Forschens.

Als Sprecher des Direktoriums stellte im Anschluß an die Begrüßungsworte Professor Dr. Ludwig Brehmer die Inhalte, Ziele und Aufgaben des Zentrums dar, mit Hilfe des­sen vor allem auf dem Gebiet neuer Struktu­ren im molekularen Bereich gearbeitet wer­den soll. So möchte man neue Werkstoffe herstellen, deren Struktur-Abmessungen sich im Nanometer-Bereich bewege, und damit auch einen Beitrag zur Erforschung der Nanotechnik leisten (siehe auch den Bericht In der Umweltanalytik ganz vorn an ande­rer Stelle dieser Ausgabe). Den beteiligten Wissenschaftlern geht es dabei um eine quantitative Beschreibung der molekularen und übermolekularen Struktur von Schichten, mit deren Hilfe die optischen und elektri­schen Eigenschaften der jeweiligen Oberflä­chen besser genutzt werden sollen. Für den Erfolg dieser Bemühungen spricht, daß es be­reits vor der Gründung des Zentrums zu zahl­reichen Zusammenarbeiten mit der Industrie kam, in deren Folge nun bereits Prototypen ausprobiert werden und Patente angemeldet werden konnten.

Einen kleinen Einblick in die Komplexheit des Arbeitsgebietes gewährte mit Professor Dr. Wolfgang Knoll der Direktor des Max-Planck- Instituts für Polymerforschung in Mainz. Knoll sprach im Rahmen der offiziellen Zentrumseröffnung überGrenzflächen und dünne Schichten im Lichte evaneszierender Wellen und stellte damit eine Form der Spektroskopie vor (also eine Form der Be­stimmung und Beobachtung von Spektren und Erscheinungen), mit deren Hilfe man mehr über dünne bis sehr dünne Schichten lernen könne. Dies wiederum ist für alle Mit-

Freuen sich über die offizielle Er­öffnung des interdisziplinären ForschungszentrumsDünne Organische und Biochemische Schichten an der Universität Potsdam: Prof. Dr. Frieder Scheller aus dem Institut für Biochemie und Molekulare Physiologie, Prof. Dr. Heinz Zimmermann vom Fraunhofer-Institut für Ange­wandte Polymerforschung, Prof. Dr. Wolfgang Knoll vom Max- Planck-Institut für Polymerfor­schung in Mainz, Prof. Dr. Ludwig Brehmer aus dem Institut für Festkörperphysik und Prof Dr. Burkhart Philipp vom Max- Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (von links nach rechts). Foto: Rüffert

glieder des Zentmms eine Frage von elemen­tarer Wichtigkeit, ist doch jeder von ihnen in dem ihm eigenen Bereich darum bemüht, die Strukturen von Oberflächen im molekularen bzw. im Nanometer-Bereich zu erforschen sowie Rückschlüsse auf deren Reaktionen unter bestimmten Umwelteinflüssen ziehen zu können.

Wolfgang Knoll war mit seinem Vortrag gleichzeitig der erste Referent in einer ge­planten Kolloquiumsreihe des Zentrums, die künftig monatlich über einzelne Aspekte und Neuigkeiten im Zuge der Forschungen infor­mieren soll. Hg.

Antrittsvorlesung von Prof. Kötz

1 Foto: Tribukeit

Seine Antrittsvorlesung zur Physikalischen Kolloidchemie hielt im Oktober Prof. Dr. Joa­chim Kötz vor Chemiestudenten, Gästen und Mitarbeitern des Instituts für Physikalische und Theoretische Chemie. Vorwiegend durch die Beschreibung von Phänomenen und Experimenten aus sehr verschiedenen Bereichen der Naturwissenschaften und des menschlichen Alltags entstand das fesseln­de Bild eines schwer zu systematisierenden Stoffgebietes. Der Vortragende zeigte, wie erst durch die Zusammenfassung und Verall­gemeinerung der in vielen Jahrzehnten ge­sammelten Beobachtungen an farbigen Glä­sern, schimmernden Halbedelsteinen, von trüben Wässern und Nebeln, von Dispersio­nen und Adsorptionseffekten ein Wissen­schaftsgebiet der Chemie entstand, das heu­te mit exakten physikalischen Meßmethoden erfaßt und erklärt wird. Der sehr praxis- und lebensnahe Vortrag ließ erkennen, wie die klassische, historisch gewachsene Einteilung der Chemie sich auflöst und wandelt. Viel­leicht werden sich ja auch nach diesen Ein­blicken in die strengen Gesetze der kristalli­nen Stoffwelt den Potsdamer Chemiestuden­ten künftig die neuen Dimensionen der kol­loiden Systeme eröffnen. R.D.

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PUZ 15/94