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WARTEN AUF DEN EINSTMALS KAISERLICHEN MARSTALL
Auditorium maximum soll bald wieder in historischem Glanz erstrahlen
Auch zum Wintersemester gab es keine Feier für die Neuimmatrikulierten. Der genannte Hauptgrund: ein fehlender Raum in benötigter Größe. In Frage käme das ehemalige Auditorium maximum, doch das Gebäude ist seit längerem eine Baustelle. Ursprünglich sollte es noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden, aber historische Funde bringen eine Verzögerung mit sich. Neuer Fertigstellungstermin: 1995.
Der wahrscheinlich 1894 in Potsdam in unmittelbarer Nachbarschaft des Neuen Palais errichtete Bau wurde als Reithalle mit Vorführungscharakter konzipiert und über zwanzig Jahre genutzt. Der Winterreitschule in der Wiener Hofburg ähnlich - allerdings in kleineren Dimensionen -, verfügte auch er über eine große Halle mit Logen für den Kaiser und seine Gäste. Die Pferde fanden ihr Quartier rechts und links des Hauptbaues. Geriffelte Bodenfliesen im vorderen Eingang sicherten den Rössern einen rutschfreien Einzug, Malereien an der vierzehneinhalb Meter hohen Decke milderten die Nüchternheit des hohen Raumes, und rechteckige Öffnungen in der Kuppel ließen das Oberlicht hinein.
Der Bau geht zurück auf den deutschen Kaiser Wilhelm II. Er nutzte das unmittelbar nach dem Siebenjährigen Krieg im Auftrag von Friedrich II. entstandene Neue Palais als Wohnschloß, was den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur nach sich zog. So entstand der „Kaiserbahnhof", für die Kaiserin wurde in Richtung des Antikentempels, der übrigens für Gottesdienste genutzt wurde, ein Garten angelegt, und die Kinder des Paares tummelten sich auf Spielplätzen im Park von Sanssouci. Fester Beständ
ig Moment dominieren noch Gerüste das künftige Auditorium maximum, das 430 Plätze aufweisen und
im nächsten Jahr zur Verfügung stehen wird.
teil des täglichen Lebens am Neuen Palais war die Reithalle.
Das Zureiten der Pferde fand vor Publikum statt, das in der zweiundzwanzig Quadratmeter großen Kaiserloge oder in den rechts und links gelegenen Besucherlogen Platz nahm. Der Kaiser erreichte seine in sechseinhalb Meter Höhe in den Raum ragende Loge über eine Wendeltreppe. Überbleibsel jener Zeit sind ferner Reitwege, erkennbar an den breiten Freiräumen der Straßen, z. B. der Heerstraße (jetzige nach Nedlitz gehende Amundsenstraße) oder der zur Glienicker Brücke führenden Berliner Straße. Der Kaiser war eigentlich aufgrund eines angeborenen lahmen Armes nicht gerade für diesen Sport prädestiniert, doch „er ritt
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Querschnittsansicht der ehemaligen Reithalle auf dem Universitätsgelände am Neuen Palais. Das Gebäude erfährt derzeit eine Grundsanierung und wird u.a. als Auditorium maximum dienen. - Die Datierung der Zeichnung ist unbekannt, ebenso, ob sie als Vorlage für den Bau Ende vorigen Jahrhunderts gedient hat.
Foto: Puffert
gern und schneidig und saß ziemlich fest im Sattel. Sebstverständlich konnte er nur gut gerittene, stark auf die Hinterhand gesetzte Pferde besteigen“, so Hugo Graf Lerchenfeld - Köfering, der von 1880 - 1918 bayerischer Gesandter am preußischen Hof war, in seinen 1935 erschienenen Erinnerungen „Kaiser Wilhelm II. als Persönlichkeit und Herrscher“. Bis zum Jahre 1918 diente die Reithalle ihrem eigentlichen Zweck. In den nächsten Jahrzehnten fand sie unterschiedliche Verwendung. Mit Gründung der Brandenburgi- schen Landeshochschule 1948 fiel sie dieser zu, die sie lange als Auditorium maximum nutzte. Der die meisten Hochschulen permanent begleitende Raummangel hatte in späteren Jahren zum Einziehen einer Zwischendecke und zur Einrichtung kleinerer Hörsäle und Seminarräume geführt.
Im Laufe der Zeit war eine Grundsanierung nötig geworden, mit deren Vorarbeiten unter Leitung des Landesbauamtes Potsdam 1993 begonnen wurde, nachdem das Haus schon mehrere Jahre leer stand. Diese Sanierung umfaßt das gesamte Gebäude 8 am Neuen Palais und wird ca. 14 Millionen DM kosten. Einer Erneuerung bedürfen die Heizung, die Haustechnik, die Elektrotechnik und die sanitären Anlagen.
Das Erdgeschoß des Auditorium maximum wird einen flexibel nutzbaren Raum, u. a. für Ausstellungszwecke, sowie Seminarräume und zwei weitere Hörsäle mit einer Platzkapazität von ca. je 120 Plätzen enthalten. Vom Foyer aus gelangt man über Seitentreppen in das eigentliche 400 Quadratmeter große Auditorium, das mit 430 Plätzen ausgerüstet auch für Behinderte erreichbar ist. Die auf einem freistehenden Podest
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