Heft 
(1.1.2019) 15
Einzelbild herunterladen

TITEL

WISSENSCHAFT AKTUELL

KOSMISCHE PLASMAPHYSIK"

angeordete Bühne wird über modernste Technik verfügen und Hörsaalbetrieb wie auch musikalische Festveranstaltungen ge­statten.

Dem Baubeginn gingen Planungsgespräche zwischen dem Landesbauamt Potsdam und der Universität als Nutzer voraus, wobei die permanente Raumknappheit der Universität sowie die baurechtlichen und technischen Anforderungen (Installierung notwendiger Funktionsräume, Einbau modernster techni­scher Anlagen usw.) in Übereinstimmung zu bringen waren. Da heutige Nutzung und Si­cherheitsanforderungen an Gebäude denen der Erstellungszeit oft nicht entsprechen und Denkmäler nach Auffassung der Denkmal­pflege möglichst Originalität der Bausub­stanz bewahren sollten, ist insbesondere hier viel Kreativität und Kompromißbereitschaft aller Beteiligten gefragt.

Am ehemaligen Marstall, der zum UNESCO- Welterbe gehört, zeigten sich darüber hinaus Schäden in der Holz-Kasettendecke, die im Vorfeld nicht erkennbar waren. Entsprechend den Forderungen der Denkmalpflege mußte die ehemalige Kaiserloge, die nach dem aus statischen Gründen erforderlichen Abbruch der in den fünfziger Jahren eingebauten Trennwand wieder sichtbar wurde, begehbar und erlebbar in die neue Nutzung eingepaßt werden. Die Lösung besteht in der Anlage eines Podestes für die Bühne, das zu umlau­fen ist und Besuchern den Zugang zur Loge ermöglicht.

Zu den weiteren Entdeckungen zählen die Mitte dieses Jahres gefundenen Wandmale­reien sowie die Fliesen und Stufen im Ein­gangsbereich. Die floralen Malereien, am Westgiebel zur Straße am Neuen Palais ober­halb der Fenster gelegen, sind gut erhalten. Kurzfristig waren sie für geübte Kletterer über Gucklöcher sichtbar; inzwischen sind sie wieder verhangen, zum Schutz der Substanz.

Derartige Funde lösen verständlicherweise zunächst Freude aus, bedeuten aber zugleich ein Überdenken der Baupläne und Verzöge­rungen in der Fertigstellung. Die Universität Potsdam, das Landesbauamt Potsdam und die Stiftung Schlösser und Gärten verbindet eine konstruktive Zusammenarbeit, die sich durch Sensibilität für Geschichte und Gegen­wart auszeichnet. So hat es aufgrund der letzten Funde zwar erneut Terminverzug gegeben, doch dafür können die Angehöri­gen der Universität im Laufe des nächsten Jahres ein fast im historischen Ambiente er­strahlendes Auditorium maximum nutzen. Der Bau wird der Universität einige der drin­gend benötigten größeren Räume mit mo­dernster Ausstattung bringen und mehr Kommunikation ermöglichen. De.

(Für Beratung und Bildmaterial dankt die Pressestelle dem Landesbauamt Potsdam und dem Potsdam-Museum.)

Zahlreiche Wissenschaftler aus Einrich­tungen der Akademie der Wissenschaf­ten erhielten nach deren Auflösung eine Förderung im Rahmen des Wissen- schaftler-Integrationsprogramms (WIP), das Teil der Hochschulerneuerung in den neuen Bundesländern ist. Zu den Zielen der Erneuerung gehört die Rück­führung der Forschung an die Universi­täten. Zu den in der PUZ in loser Folge bereits vorgestellten WIP-Projekten gehörtKosmische Plasmaphysik (Heft 3/94). Die im Rahmen des Projekts erhaltenen neuen Resultate geben nun den Anlaß, das Projekt ausführlicher darzustellen.

Unter dem kosmischen Plasma, das dem Pro­jekt den Namen gab, versteht man die ge­samte die Erde umgebende, mehr oder we­niger ionisierte Materie, die Ionosphäre, die Magnetosphäre, den Sonnen wind... Das kosmische Plasma besteht aus Elektronen, Ionen und Neutralteilchen unterschiedlich­ster Dichte und Temperatur und aus elektro­magnetischen Feldern. Man findet in ihm extreme, im Labor nicht realisierbare Bedin­gungen vor, z.B. Grenzschichten zwischen nahezu stößefreien Plasmen in verschiedenen physikalischen Zuständen (d.h. Plasmen ex­trem geringer Dichte, deren Elektronen und Ionen während ihrer Bewegung hauptsäch­lich über die von ihnen emittierten Wellen Energie und Impuls an die sie umgebenden Teilchen abgeben und nur sehr selten direkt

mit diesen Teilchen wechselwirken), wo­durch es zu einem wichtigen Forschungs­objekt wird. Dabei treten im erdnahen kos­mischen Plasma und an entfernteren Orten des Universums, z.B. bei Pulsaren und Radio­galaxien, analoge fundamentale physikali­sche Prozesse auf, die in Erdnähe jedoch mit wesentlich geringerem Aufwand untersucht werden können.

Im Rahmen des ProjektesKosmische Plasmaphysik wird die Wechselbeziehung zwischen klein- und großskaliger Dynamik insbesondere des erdnahen, aber auch des entfernteren Plasmas des Universums unter­sucht. Bereits bestehende Theorien, die meist nur für Systeme mit Wellen ohne Magnetfeldkomponente bzw. mit einem ganz speziellen Typ von Plasmaturbulenz oder für Plasmen ohne mittlere Magnetfelder entwik- kelt wurden, werden auf realistischere magnetoaktive Systeme mit elektromagneti­scher Turbulenz erweitert und anhand von Satellitenmessungen überprüft. Das heißt, ausgehend von den makroskopischen Para­metern der Systeme werden mögliche Wellenanregungen bestimmt.

Im Rahmen der mikroskopischen und stati­stischen Theorien kann man dann das Zeit­verhalten der Wellenamplituden ermitteln und die durch den Einfluß der Wellen verän­derten makroskopischen Transportkoeffi­zienten wie die elektrische Leitfähigkeit oder die Wärmeleitfähigkeit berechnen. Und mit diesen neu ermittelten Koeffizienten werden

SW

Die Magnetosphäre der Erde, o - Erde, SW - Sonnenwind (auf der Tagseite eingetragen), CT - Cusp, MP - Magnetopause, NS - Neutralschicht, PSBL - Plasmagrenzschicht (auf der Nachtseite).Nord undsüd bezeichnen die nördliche und südliche Grenze des auroalen Ovales. Die kleinen schwarzen Pfeile kenn­zeichnen die Richtung des Erdmagnetfeldes, die großen weißen Pfeile die Richtung globaler elektrischer Ströme.

Seite 20 PUZ 15/94