TITEL
WISSENSCHAFT AKTUELL
„KOSMISCHE PLASMAPHYSIK"
angeordete Bühne wird über modernste Technik verfügen und Hörsaalbetrieb wie auch musikalische Festveranstaltungen gestatten.
Dem Baubeginn gingen Planungsgespräche zwischen dem Landesbauamt Potsdam und der Universität als Nutzer voraus, wobei die permanente Raumknappheit der Universität sowie die baurechtlichen und technischen Anforderungen (Installierung notwendiger Funktionsräume, Einbau modernster technischer Anlagen usw.) in Übereinstimmung zu bringen waren. Da heutige Nutzung und Sicherheitsanforderungen an Gebäude denen der Erstellungszeit oft nicht entsprechen und Denkmäler nach Auffassung der Denkmalpflege möglichst Originalität der Bausubstanz bewahren sollten, ist insbesondere hier viel Kreativität und Kompromißbereitschaft aller Beteiligten gefragt.
Am ehemaligen Marstall, der zum UNESCO- Welterbe gehört, zeigten sich darüber hinaus Schäden in der Holz-Kasettendecke, die im Vorfeld nicht erkennbar waren. Entsprechend den Forderungen der Denkmalpflege mußte die ehemalige Kaiserloge, die nach dem aus statischen Gründen erforderlichen Abbruch der in den fünfziger Jahren eingebauten Trennwand wieder sichtbar wurde, begehbar und erlebbar in die neue Nutzung eingepaßt werden. Die Lösung besteht in der Anlage eines Podestes für die Bühne, das zu umlaufen ist und Besuchern den Zugang zur Loge ermöglicht.
Zu den weiteren Entdeckungen zählen die Mitte dieses Jahres gefundenen Wandmalereien sowie die Fliesen und Stufen im Eingangsbereich. Die floralen Malereien, am Westgiebel zur Straße am Neuen Palais oberhalb der Fenster gelegen, sind gut erhalten. Kurzfristig waren sie für geübte Kletterer über „Gucklöcher“ sichtbar; inzwischen sind sie wieder verhangen, zum Schutz der Substanz.
Derartige Funde lösen verständlicherweise zunächst Freude aus, bedeuten aber zugleich ein Überdenken der Baupläne und Verzögerungen in der Fertigstellung. Die Universität Potsdam, das Landesbauamt Potsdam und die Stiftung Schlösser und Gärten verbindet eine konstruktive Zusammenarbeit, die sich durch Sensibilität für Geschichte und Gegenwart auszeichnet. So hat es aufgrund der letzten Funde zwar erneut Terminverzug gegeben, doch dafür können die Angehörigen der Universität im Laufe des nächsten Jahres ein fast im historischen Ambiente erstrahlendes Auditorium maximum nutzen. Der Bau wird der Universität einige der dringend benötigten größeren Räume mit modernster Ausstattung bringen und mehr Kommunikation ermöglichen. De.
(Für Beratung und Bildmaterial dankt die Pressestelle dem Landesbauamt Potsdam und dem Potsdam-Museum.)
Zahlreiche Wissenschaftler aus Einrichtungen der Akademie der Wissenschaften erhielten nach deren Auflösung eine Förderung im Rahmen des Wissen- schaftler-Integrationsprogramms (WIP), das Teil der Hochschulerneuerung in den neuen Bundesländern ist. Zu den Zielen der Erneuerung gehört die Rückführung der Forschung an die Universitäten. Zu den in der PUZ in loser Folge bereits vorgestellten WIP-Projekten gehört „Kosmische Plasmaphysik“ (Heft 3/94). Die im Rahmen des Projekts erhaltenen neuen Resultate geben nun den Anlaß, das Projekt ausführlicher darzustellen.
Unter dem kosmischen Plasma, das dem Projekt den Namen gab, versteht man die gesamte die Erde umgebende, mehr oder weniger ionisierte Materie, die Ionosphäre, die Magnetosphäre, den Sonnen wind... Das kosmische Plasma besteht aus Elektronen, Ionen und Neutralteilchen unterschiedlichster Dichte und Temperatur und aus elektromagnetischen Feldern. Man findet in ihm extreme, im Labor nicht realisierbare Bedingungen vor, z.B. Grenzschichten zwischen nahezu stößefreien Plasmen in verschiedenen physikalischen Zuständen (d.h. Plasmen extrem geringer Dichte, deren Elektronen und Ionen während ihrer Bewegung hauptsächlich über die von ihnen emittierten Wellen Energie und Impuls an die sie umgebenden Teilchen abgeben und nur sehr selten direkt
mit diesen Teilchen wechselwirken), wodurch es zu einem wichtigen Forschungsobjekt wird. Dabei treten im erdnahen kosmischen Plasma und an entfernteren Orten des Universums, z.B. bei Pulsaren und Radiogalaxien, analoge fundamentale physikalische Prozesse auf, die in Erdnähe jedoch mit wesentlich geringerem Aufwand untersucht werden können.
Im Rahmen des Projektes „Kosmische Plasmaphysik“ wird die Wechselbeziehung zwischen klein- und großskaliger Dynamik insbesondere des erdnahen, aber auch des entfernteren Plasmas des Universums untersucht. Bereits bestehende Theorien, die meist nur für Systeme mit Wellen ohne Magnetfeldkomponente bzw. mit einem ganz speziellen Typ von Plasmaturbulenz oder für Plasmen ohne mittlere Magnetfelder entwik- kelt wurden, werden auf realistischere magnetoaktive Systeme mit elektromagnetischer Turbulenz erweitert und anhand von Satellitenmessungen überprüft. Das heißt, ausgehend von den makroskopischen Parametern der Systeme werden mögliche Wellenanregungen bestimmt.
Im Rahmen der mikroskopischen und statistischen Theorien kann man dann das Zeitverhalten der Wellenamplituden ermitteln und die durch den Einfluß der Wellen veränderten makroskopischen Transportkoeffizienten wie die elektrische Leitfähigkeit oder die Wärmeleitfähigkeit berechnen. Und mit diesen neu ermittelten Koeffizienten werden
SW
Die Magnetosphäre der Erde, o - Erde, SW - Sonnenwind (auf der Tagseite eingetragen), CT - Cusp, MP - Magnetopause, NS - Neutralschicht, PSBL - Plasmagrenzschicht (auf der Nachtseite). „Nord“ und „süd“ bezeichnen die nördliche und südliche Grenze des auroalen Ovales. Die kleinen schwarzen Pfeile kennzeichnen die Richtung des Erdmagnetfeldes, die großen weißen Pfeile die Richtung globaler elektrischer Ströme.
Seite 20 PUZ 15/94