Heft 
(1.1.2019) 15
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- nun wiederum im Rahmen der makrosko­pischen, magnetohydrodynamischen Theorie

- weitere Plasmaparameter wie z.B. die Teil­chentemperaturen bestimmt. Auch der Ein­fluß von Plasmaweflen auf die Veränderung der Topologie von Magnetfeldern wird unter­sucht, insbesondere auf den Prozeß der ma­gnetischen Rekonnexion, der in der Magne­tosphäre der Erde, in deren Cusp (CT), Mag­netopause (MP) und in Nähe der Neutral­schicht (NS) des Schweifes (siehe Abbil­dung), aber auch in solaren Flares, zur Um­wandlung großer Mengen magnetischer En­ergie in Beschleunigungs- und thermische Energie beizutragen scheint.

So konnte in den vergangenen Jahren in Kooperation mit der Theoretikerin Dr. Tatja­na Burinskaya vom Institut für Kosmos - forschung in Moskau zur Klärung des An­regungsmechanismus hochfrequenter Wellen von mehreren hundert Hz beigetragen wer­den, die in der Plasmagrenzschicht (PSBL) des Schweifes der Erdmagnetosphäre mit den Forschungssatefliten ISEE 1 und 2 nach­gewiesen wurden. Bei Berücksichtigung der durch Ionenschallwellen veränderten Wär­meleitfähigkeit der Cusp der Erdmagneto­sphäre wurden Temperaturprofile entlang der Magnetfeldlinien modelliert. Die theoretisch erhaltenen Temperaturgradienten stimmen extrem gut mit den Beobachtungen des Sa­telliten Dynamic Explorer überein. Daraus kann man schließen, daß eine realistische Be­schreibung der Cusp ohne Berücksichtigung von Plasmaturbulenz nicht möglich ist. Es sei hier noch bemerkt, daß die Plasmagrenz­schicht und die Cusp wie auch die Magneto­pause für den Energieaustausch zwischen in­terplanetarem Raum, Erdmagnetosphäre und Ionosphäre von recht großer Bedeutung sind und deshalb im Zentrum der wissenschaftli­chen Forschung stehen.

Seit September 1993 werden in Zusammen­arbeit mit Dr. Victor Liperovsky vom Institut für Physik der Erde in Moskau, der im Rah­men eines Projektes der Deutschen For­schungsgemeinschaft drei Monate als Gast­wissenschaftler an der Universität Potsdam arbeitete, auch Stromsysteme berechnet, die in nächtlichen ionosphärischen sporadischen E-Schichten mittlerer Breiten (das sind recht häufig auftretende Plasmaschichten aus Teil­chen größerer Masse und erhöhter Dichte) und in deren Umgebung etwa 95 km bis 140 km über der Erdoberfläche entstehen. Die Schichten scheinen unter dem Einfluß von Wellen meteorologischen und eventuell so­gar anthropogenen Ursprungs generiert zu werden. Auf Grund der Rechenergebnisse konnte auf eine mögliche zusätzliche Anre­gung von Farley-Bunemann-Wellen in diesen Schichten hingewiesen werden. Und gerade diese Wellen scheinen tatsächlich seit ver­gangenem Jahr mit kohärenten Radar-Expe­

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rimenten unter verschiedenen geophysikali­schen Bedingungen von Mitarbeitern des Max-Planck-Institutes für Aeronomie Lindau und der Universität Irakleon auf Kreta beob­achtet zu werden. Die wissenschaftlichen Arbeiten der Potsdamer Universität zur Dy­namik ionosphärischer E-Schichten stießen auf den diesjährigen Tagungen der Europäi­schen Geophysikalischen Gesellschaft in Grenoble und des Internationalen Komitees für Kosmosforschung in Hamburg auf recht großes Interesse.

Auch erste Resultate zu stochastischen Kräf­ten von Plasmawellen auf Ladungsträger in der Nähe von Rekonnexionsgebieten in so­laren Flares konnten in diesem Jahr im Mai während desInternationalen Arbeits- seminares zu Problemen der Freisetzung Koronaler Magnetischer Energie und im September während der Herbsttagung der Astronomischen Gesellschaft (darüber wird in dieser Ausgabe an anderer Stelle berich­tet) vorgestellt werden. Aber auf diesem Gebiet gibt es noch sehr viel zu tun. Und auch die Theorie des turbulenten Plasmas ist noch wesentlich zu verbessern. Das komple­xe kosmische Plasma stellt die Wissenschaft

ständig vor neue Probleme und Fragen. Des­halb werden in naher Zukunft verschiedene internationale Satellitenexperimente erhöh­ten Auflösungsvermögens durchgeführt, un­ter anderem auch zur Untersuchung des räumlichen und zeitlichen Verhaltens von Plasmawellen und -turbulenz sowie zur Er­forschung der Kopplung zwischen mikrosko­pischen und globalen Parametern und Pro­zessen. Die Universität Potsdam wird mit zur Interpretation der Sateflitendaten beitragen. Mitarbeiter des ProjektesKosmische Plas­maphysik" erwartet also eine Vielzahl inter­essanter wissenschaftlicher Aufgaben. Studenten, die sich mit der Thematik des kosmischen Plasmas etwas näher vertraut machen möchten, sollten die Vorlesung Plasmaphysik" an der Universität Potsdam nicht versäumen. Im Wintersemester 94/95 läuft ein neuer Zyklus der dreisemestrigen Lehrveranstaltung an. Übrigens, die Vorle­sung dient der Vermittlung breiter (plasma-) physikalischer Kenntnisse, die nicht nur in der Astrophysik und Kosmosforschung, son­dern auch auf den Gebieten der nichtidealen Plasmen sowie bei der Fusions- und Halbleiterforschung anwendbar sind.

Claudia-Veronika Meister

Exzellente Bedingungen

Die Europäische Südsternwarte (ESO: European Southern Observatory) in Chile ist als gemeinsame Forschungseinrichtung von europäischen Staaten im Jahre 1962 gegründet worden. Das Observatorium steht in der Atacamawüste, 600 km nördlich von Santiago de Chile auf einem Berg in 2400 m Höhe und beherbergt ein 15-m-Radioteleskop und vierzehn optische Teleskope. Die moderne technische Ausrüstung und die exzellenten Beobachtungsbedingungen sind bei Astronomen für die Durchführung ihrer For­schungsaufgaben sehr begehrt. So gingen für den Zeitraum 1994/95 beim Programmkomitee der ESO rund 600 Anträge aus aller Welt auf Beobachtungszeit ein. Auch die WIP-GruppeAstronomie" der Universität Potsdam kann für die ProjekteKompakte Galaxiengruppen" undSterne mit Magnetfeldern nun die Forschungseinrichtung nutzen. Beide Anträge sind vom internationalen Gutachterkomitee positiv evaluiert und genehmigt worden. In der vorhergehenden Beobachtungssaison konnten am 3,6-m-Teleskop zum ersten Mal in der Astronomiegeschichte Magnetfelder bei pekuliaren Sternen mit Überhäufigkeit von Mangan und Quecksilber nachgewiesen werden. H.O.

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