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BRANDENBURG OHNE ZUKUNFTSVORSORGE?
Die BLRK stellt „beängstigend kurzsichtige" Landespolitik fest
Die Brandenburgische Landesrektorenkonferenz BLRK hat auf ihrer letzten Sitzung Anfang April mit großer Besorgnis festgestellt, daß Brandenburg die niedrigsten Nettoausgaben der Bundesrepublik für Wissenschaft und Forschung sowohl pro Einwohner als auch gemessen am Prozentanteil des Landeshaushalts hat und den erfolgreichen Ausbau der Hochschulen der letzten sechs Jahre stoppt sowie die Bereitstellung der notwendigen Studienplätze für die Studierwilligen des nächsten Jahrzehnts verhindert. Das Gremium folgerte daraus:
„Brandenburg läuft Gefahr, die jungen Menschen auf der Suche nach Studienplätzen an andere Bundesländer zu verlieren, mit der Konsequenz, daß dieses dringend benötigte Innovationspotential dem Land verloren geht. Dabei erschwert
Brandenburg die Ausbildung junger begabter Frauen, die aufgrund ihrer Familiensituation häufig weniger mobil sein können, Die doppelte Wirkung von Stellenstreichungen und Einstellungssperre gefährdet unverzichtbare Lehrangebote und nimmt den Hochschulen den letzten Rest von Flexibilität und Innovationsspielraum.
Sollen die Hochschulen qualifizierte Absolventen ausbilden, ihre Leistungsfähigkeit erhalten und ihre nationale sowie internationale Anerkennung und Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen und damit in die Zukunftsfähigkeit des Landes investieren, ist es notwendig, den Landeshaushalt und die mittelfristige Finanzplanung zugunsten von Wissenschaft und Forschung zu korrigieren, Planungssicherheit und Verläßlichkeit für den minimal angemessenen Ausbau der brandenburgischen Hochschulen zu garan
tieren, bürokratische Schranken abzubauen und die Autonomie der Hochschulen konsequent zu erweitern.
In aller Welt gehören Investitionen in Wissenschaft und Forschung inzwischen zum bewährtesten Instrument der gesellschaftlichen Zukunftsvorsorge und der langfristigen Sicherung wirtschaftlicher Entwicklung. Die Ergebnisse einer solchen Politik sind eineutig und beeindruckend - von Malaysia bis Kalifornien, Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen ist die brandenburgische Politik eines deutlichen Abbaus der Kapazitäten in Forschung und Lehre beängstigend kurzsichtig und langfristig unverantwortlich. Die BLRK appelliert an die politisch Verantwortlichen im Lande, sich dieser Herausforderung zu stellen und in enger Verbindung mit Hochschulen und Wirtschaft nach Lösungen aus der gegenwärtigen Krise zu suchen."
WEITERE REDUZIERUNG VON PROFESSUREN UNVERANTWORTLICH
Uni Potsdam als einzige Volluniversität Brandenburgs hat knapp die Hälfte der Studenten
Sowohl in Berlin als auch in Brandenburg entstehen derzeit unter dem Druck eingeschränkter Finanzmittel neue Hochschulentwicklungspläne. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) Brandenburgs möchte den seinen bis zum 30. April dieses Jahres vorlegen, Berlin läßt sich dafür - wie den Verlautbarungen der Wissenschaftsausschüsse zu entnehmen war - etwas mehr Zeit. Das MWFK hat bereits verkündet, eine Erhöhung der Investitionsmittel für Baumaßnahmen aus den Personalmitteln der Hochschulen erwirtschaften zu wollen. Daß dies jedoch nicht möglich ist, zeigt sich besonders deutlich anhand der Universität Potsdam:
Gemessen an den haushaltsmäßig verfügbaren Professorenstellen hat die Universität Potsdam erst einen Ausbaustand von 75,6 % von der in ihrem Gründungskonzept vorgesehenen Struktur erreicht. Gleichzeitig ist sie als die einzige Völluniversität des Landes aber die Hochschule, an der knapp die Hälfte der brandenburgischen Studierenden immatrikuliert sind: Insgesamt waren es im vergangenen Wintersemester 9.850, in diesem Sommersemester sind es knapp 9,800. Die Studenten sind also da, wichtige Eckprofessuren jedoch noch immer unbesetzt. Mit der Immatrikulation der Studierenden sind die Universität und das
Land jedoch Ausbildungsverpflichtungen eingegangen, die heute erfüllt werden müssen - und nicht erst im Jahre 2005.
Die Universität Potsdam als einzige Volluniversität des Landes ist außerdem beauftragt, das gesamte traditionelle Fächerspektrum einer klassischen Universität ohne Spezialisierungen anzubieten. Sie wird stets als erste herangezogen, wenn es um die Übernahme neuer Ausbildungsverpflichtungen im Lande geht - als Beispiel sei hier nur die Erarbeitung eines Studienganges für das neue Unterrichtsfach LER genannt. In Diskrepanz dazu hinkt sie nicht nur bei ihrem personellen Aufbau hinter den anderen Universitäten hinterher, sondern erlitt sie auch im Zuge der Sparmaßnahmen überproportional hohe Kürzungen. Allein im Jahre 1996 standen ihr im Ansatz 10,3 Millionen DM weniger zur Verfügung als 1995, in diesem Jahr muß sie ohne Berücksichtigung der Löhne des Personals aus dem aufgelösten Pädagogischen Institut Cottbus in Höhe von 5 Millionen DM nochmals knapp 5 Millionen DM "erwirtschaften”.
Weitere Einsparungen erhofft sich das Land darüber hinaus von einem verzögerten personellen Aufbau, der von ursprünglich für das Jahr 2000 geplanten 262 Professuren an der Universität Potsdam zunächst noch 243, dann nur noch 209 und jetzt aktuell lediglich noch 190 übriggelassen hat.
Weil die Hochschule Verständnis für die Nöte des Landes hat, akzeptierte ihr Senat eine zeitliche Streckung des Aufbaus. Er machte aber deutlich, daß eine Ausstattung mit 209 Professuren die absolute Untergrenze für das in Potsdam vertretene Fächerspektrum darstellt. Jede weitere Kürzung bringt eine akute Gefahr für die Ausbildung der Studierenden und die Wettbewerbsfähigkeit der Potsdamer Forschung mit sich. Vor diesem Hintergrund lehnt die Universität Potsdam eine Erhöhung der Investitionsmittel für Neubauten aus Personalmitteln nicht nur als unverantwortlich ab, sondern warnt die politischen Entscheidungsträger eindringlich davor. Hg.
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