Heft 
(1.1.2019) 03
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FORUM

ZUM HOCHSCHULPOLITISCHEN RATSCHLAG

Der Deutsche Hochschulverband nimmt Stellung

Das Ministerium für Wissenschaft, For­schung und Kultur (MWFK) Brandenburg ist am 18. Dezember 1996 mit 15 Thesen zur Hochschulentwicklung an die Öffent­lichkeit getreten. Die bisher erfolgreich verlaufene Aufbauarbeit an den Hoch­schulen des Landes ist das Ergebnis der bemerkenswerten Anstrengungen der Hochschulen, ihrer Hochschullehrer und Mitarbeiter. Es kann in dieser Situation keine Notwendigkeit und keine Veran­lassung erkannt werden, die Hochschul­strukturen, mit denen dieser Aufbau­zustand erreicht wurde, zu reformieren bzw. ihn durch Unwägbarkeiten in der weiteren Entwicklung zu gefährden. Noch viel weniger kann die notwendige Diskussion um die Finanzierung der Hochschulen wegen der defizitären Haushaltslage durch eine Reformdis­kussion ersetzt werden.Reformen statt Geld oderReformen ohne Geld sind nicht geeignet, das Vertrauen in die Wissenschaftspolitik des Landes Bran­denburg neu zu beleben. Eine zukunfts­weisende und seriös geführte Reform­debatte kann nur mit dem Ziel der Förde­rung der wissenschaftlichen Leistung und der Stärkung der Universitäten als Stätten von Forschung und Lehre geführt werden. Die Eile, mit der die Novellie­rung des Brandenburgischen Hoch­schulgesetzes erfolgen soll, findet bei den Hochschullehrern kein Verständnis.

Die Finanzierung der Hochschulen ist seit einiger Zeit nicht mehr gesichert. Die nied­rigsten Wissenschaftsausgaben aller Bun­desländer - sowohl prozentual am Lan­deshaushalt als auch pro Einwohner - ha­ben bisher die hohe Nachfrage nach Stu­dienplätzen, die Drittmitteleinwerbung, die Ausprägung spezifischer wissenschaftli­cher Profillinien und ähnliche wichtige Kri­terien nicht eingeschränkt. Zwischen dem personellen und dem räumlichen Aus­bauzustand besteht zur Zeit eine erhebli­che Diskrepanz. Für den Hochschulbau ist ein beträchtlicher Aufwuchs notwendig, für den der Wissenschaftsrat Empfehlungen ausgesprochen hat. Der personelle Auf­wuchs muß entsprechend den Grün­dungskonzepten und den inzwischen er­folgten Anpassungen erfolgen. Der Deut­sche Hochschulverband (DHV) geht da­von aus, daß eine Umverteilung von Perso­nalkapazitäten aus dem Ministerium den Hochschulen zugute kommt. Zum jetzigen Zeitpunkt hält es der Deutsche Hochschul­verband für erforderlich, die Investitionen für Lehre und Forschung spürbar zu erhö­hen, um somit zur Zukunftssicherung bei­

zutragen. Die auch vom Ministerium ange­strebte Stärkung der Autonomie der Uni­versitäten wird durch die Regelungsvor­schriften und bürokratische Aufsichts­führung durch das MWFK von vornherein beschnitten. Die Selbstbestimmung der Universitäten kann nicht darin bestehen, immer kleinere Budgets selbst zu vertei­len.

Der Staat darf sich nicht durch eine tem­porär schwierige Finanzlage von seiner Verantwortung für die auf der Grundlage des Brandenburgischen Hochschulgeset­zes gegründeten Universitäten abkoppeln. Nur eine auskömmliche Ausstattung und Finanzierung der Universitäten durch den Staat stellen eine hinreichende Garantie für den Erhalt der Freiheit und Unabhän­gigkeit von Forschung und Lehre dar. Von der Haushaltslage abgeleitete Struktur­maßnahmen sind Einschnitte in die Struk­tur der Hochschulen, deren künftige Aus­wirkungen kaum oder überhaupt nicht überblickt werden können. Schon heute gehen von den Hochschulen an deren Standorten beträchtliche Impulse auf die Infrastruktur aus. Ebenso erfolgreich ha­ben sie sich bisher dem wissenschaftli­chen Wettbewerb gestellt. Jedoch werden vom Land langfristig wirkende, von stabi­len Universitäten ausgehende regionale und überregionale Struktureffekte nicht als Schwerpunkt in der Landesentwicklung bewertet.

Für die angekündigte grundsätzliche No­vellierung des Brandenburgischen Hoch­schulgesetzes können vom Deutschen Hochschulverband keine wissenschafts­politisch relevanten Gründe gesehen wer­den. Es reicht nicht aus, daß sich dieses Vorhaben in ein allgemeines politisches Reformbedürfnis vieler Bundesländer ein­bindet. Es muß auch eine inhaltliche und zeitliche Koordinierung mit der Novellie­rung des Hochschulrahmengesetzes statt­finden, Der DHV wendet sich insbesonde­re gegen die Bestrebungen, die Universitä­ten zuagilen öffentlichen Wissenschafts- Unternehmen" zu machen. Universitäten sind keine wissenschaftlichen Dienst- leistungs- und Erkenntnisfabriken, für die kurzfristige und vor allem finanziell domi­nierte Effizienzkriterien angewendet wer­den können.

Zur Erhaltung der Universität als einer Stät­te von Forschung und Lehre muß weiter am Kollegialitätsprinzip festgehalten wer­den, die Stellung des Dekans soll durch Amtsmitgliedschaft im Senat gestärkt und sein Amt ebenso wie das des Rektors als primus inter pares als Grundbedingung der Hochschulselbstverwaltung gesehen

werden. Damit ist eine Verteilungs­kompetenz des Dekans für personelle, fi­nanzielle und sächliche Ausstattung unver­einbar. Die beabsichtigte Institutionalisie­rung eines Hochschulrates mit den Aufga­ben eines Aufsichtsrates ist eine Legalisie­rung der Fremdbestimmung der Universi­tät und gleichzeitig eine Abkehr von dem traditionellen Prinzip der Selbstbestim­mung der deutschen Universitäten und eine Hinwendung zum amerikanischen Modell, Der Senat darf nicht zu einem Gre­mium mit empfehlendem Charakter ver­kommen und somit entmündigt werden. Das Konzil als tradierte Form der Uni­versitätsversammlung ist ein ebenso un­verzichtbares Element der akademischen Selbstverwaltung. Die sogenannten Re­formansätze laufen einer Stärkung der Au­tonomie der Universitäten zuwider, deren Tradition und Erfolg durch sachliche Legi­timation und Staatsferne gekennzeichnet ist.

Die Evaluation der Lehre soll ausschließ­lich der Verbesserung der Qualität der Lehre dienen. Die Studentenschaft ist da­her für die Wahrnehmung dieser Aufgabe in besondererWeise legitimiert. Die Erfah­rungen mit der Evaluation der Lehre an Brandenburgischen Hochschulen müssen Berücksichtigung finden. EineBranden- burgische Evaluationsagentur ist dafür nicht geeignet, da der erforderliche Sach­verstand in solchen zusätzlich zu schaffen­den Behörden nicht vorhanden ist. Auch hier muß gelten, daß Wissenschaft vor al­lem erzeugt und nicht verwaltet wird. Der Landesverband Brandenburg stimmt einer Anwendung von formalen Lehrkriterien zum Zweck indikatorgebundener Finanz- zuweisungen nicht zu.

Die Erhaltung der Leistungs- und Wettbe­werbsfähigkeit der Hochschulen in Bran­denburg sollte eines der vornehmsten Zie­le Brandenburgischer Landespolitik sein, denn für die Zukunftsfähigkeit des Landes sind attraktive Hochschulen unerläßlich. Es ist daher erforderlich, ihnen bei der Fi­nanzplanung den gebotenen Stellenwert zu gewähren, auf ihre Kompetenz, ihre ei­gene Reformfähigkeit und ihre Zuverläs­sigkeit zu setzen und ihnen bei den bevor­stehenden Diskussionen die Mitsprache einzuräumen, Klaus Hänel

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