FORUM
ZUM HOCHSCHULPOLITISCHEN RATSCHLAG
Der Deutsche Hochschulverband nimmt Stellung
Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) Brandenburg ist am 18. Dezember 1996 mit 15 Thesen zur Hochschulentwicklung an die Öffentlichkeit getreten. Die bisher erfolgreich verlaufene Aufbauarbeit an den Hochschulen des Landes ist das Ergebnis der bemerkenswerten Anstrengungen der Hochschulen, ihrer Hochschullehrer und Mitarbeiter. Es kann in dieser Situation keine Notwendigkeit und keine Veranlassung erkannt werden, die Hochschulstrukturen, mit denen dieser Aufbauzustand erreicht wurde, zu reformieren bzw. ihn durch Unwägbarkeiten in der weiteren Entwicklung zu gefährden. Noch viel weniger kann die notwendige Diskussion um die Finanzierung der Hochschulen wegen der defizitären Haushaltslage durch eine Reformdiskussion ersetzt werden. „Reformen statt Geld“ oder „Reformen ohne Geld“ sind nicht geeignet, das Vertrauen in die Wissenschaftspolitik des Landes Brandenburg neu zu beleben. Eine zukunftsweisende und seriös geführte Reformdebatte kann nur mit dem Ziel der Förderung der wissenschaftlichen Leistung und der Stärkung der Universitäten als Stätten von Forschung und Lehre geführt werden. Die Eile, mit der die Novellierung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes erfolgen soll, findet bei den Hochschullehrern kein Verständnis.
Die Finanzierung der Hochschulen ist seit einiger Zeit nicht mehr gesichert. Die niedrigsten Wissenschaftsausgaben aller Bundesländer - sowohl prozentual am Landeshaushalt als auch pro Einwohner - haben bisher die hohe Nachfrage nach Studienplätzen, die Drittmitteleinwerbung, die Ausprägung spezifischer wissenschaftlicher Profillinien und ähnliche wichtige Kriterien nicht eingeschränkt. Zwischen dem personellen und dem räumlichen Ausbauzustand besteht zur Zeit eine erhebliche Diskrepanz. Für den Hochschulbau ist ein beträchtlicher Aufwuchs notwendig, für den der Wissenschaftsrat Empfehlungen ausgesprochen hat. Der personelle Aufwuchs muß entsprechend den Gründungskonzepten und den inzwischen erfolgten Anpassungen erfolgen. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) geht davon aus, daß eine Umverteilung von Personalkapazitäten aus dem Ministerium den Hochschulen zugute kommt. Zum jetzigen Zeitpunkt hält es der Deutsche Hochschulverband für erforderlich, die Investitionen für Lehre und Forschung spürbar zu erhöhen, um somit zur Zukunftssicherung bei
zutragen. Die auch vom Ministerium angestrebte Stärkung der Autonomie der Universitäten wird durch die Regelungsvorschriften und bürokratische Aufsichtsführung durch das MWFK von vornherein beschnitten. Die Selbstbestimmung der Universitäten kann nicht darin bestehen, immer kleinere Budgets selbst zu verteilen.
Der Staat darf sich nicht durch eine temporär schwierige Finanzlage von seiner Verantwortung für die auf der Grundlage des Brandenburgischen Hochschulgesetzes gegründeten Universitäten abkoppeln. Nur eine auskömmliche Ausstattung und Finanzierung der Universitäten durch den Staat stellen eine hinreichende Garantie für den Erhalt der Freiheit und Unabhängigkeit von Forschung und Lehre dar. Von der Haushaltslage abgeleitete Strukturmaßnahmen sind Einschnitte in die Struktur der Hochschulen, deren künftige Auswirkungen kaum oder überhaupt nicht überblickt werden können. Schon heute gehen von den Hochschulen an deren Standorten beträchtliche Impulse auf die Infrastruktur aus. Ebenso erfolgreich haben sie sich bisher dem wissenschaftlichen Wettbewerb gestellt. Jedoch werden vom Land langfristig wirkende, von stabilen Universitäten ausgehende regionale und überregionale Struktureffekte nicht als Schwerpunkt in der Landesentwicklung bewertet.
Für die angekündigte grundsätzliche Novellierung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes können vom Deutschen Hochschulverband keine wissenschaftspolitisch relevanten Gründe gesehen werden. Es reicht nicht aus, daß sich dieses Vorhaben in ein allgemeines politisches Reformbedürfnis vieler Bundesländer einbindet. Es muß auch eine inhaltliche und zeitliche Koordinierung mit der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes stattfinden, Der DHV wendet sich insbesondere gegen die Bestrebungen, die Universitäten zu „agilen öffentlichen Wissenschafts- Unternehmen" zu machen. Universitäten sind keine wissenschaftlichen Dienst- leistungs- und Erkenntnisfabriken, für die kurzfristige und vor allem finanziell dominierte Effizienzkriterien angewendet werden können.
Zur Erhaltung der Universität als einer Stätte von Forschung und Lehre muß weiter am Kollegialitätsprinzip festgehalten werden, die Stellung des Dekans soll durch Amtsmitgliedschaft im Senat gestärkt und sein Amt ebenso wie das des Rektors als primus inter pares als Grundbedingung der Hochschulselbstverwaltung gesehen
werden. Damit ist eine Verteilungskompetenz des Dekans für personelle, finanzielle und sächliche Ausstattung unvereinbar. Die beabsichtigte Institutionalisierung eines Hochschulrates mit den Aufgaben eines Aufsichtsrates ist eine Legalisierung der Fremdbestimmung der Universität und gleichzeitig eine Abkehr von dem traditionellen Prinzip der Selbstbestimmung der deutschen Universitäten und eine Hinwendung zum amerikanischen Modell, Der Senat darf nicht zu einem Gremium mit empfehlendem Charakter verkommen und somit entmündigt werden. Das Konzil als tradierte Form der Universitätsversammlung ist ein ebenso unverzichtbares Element der akademischen Selbstverwaltung. Die sogenannten Reformansätze laufen einer Stärkung der Autonomie der Universitäten zuwider, deren Tradition und Erfolg durch sachliche Legitimation und Staatsferne gekennzeichnet ist.
Die Evaluation der Lehre soll ausschließlich der Verbesserung der Qualität der Lehre dienen. Die Studentenschaft ist daher für die Wahrnehmung dieser Aufgabe in besondererWeise legitimiert. Die Erfahrungen mit der Evaluation der Lehre an Brandenburgischen Hochschulen müssen Berücksichtigung finden. Eine „Branden- burgische Evaluationsagentur“ ist dafür nicht geeignet, da der erforderliche Sachverstand in solchen zusätzlich zu schaffenden Behörden nicht vorhanden ist. Auch hier muß gelten, daß Wissenschaft vor allem erzeugt und nicht verwaltet wird. Der Landesverband Brandenburg stimmt einer Anwendung von formalen Lehrkriterien zum Zweck indikatorgebundener Finanz- zuweisungen nicht zu.
Die Erhaltung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen in Brandenburg sollte eines der vornehmsten Ziele Brandenburgischer Landespolitik sein, denn für die Zukunftsfähigkeit des Landes sind attraktive Hochschulen unerläßlich. Es ist daher erforderlich, ihnen bei der Finanzplanung den gebotenen Stellenwert zu gewähren, auf ihre Kompetenz, ihre eigene Reformfähigkeit und ihre Zuverlässigkeit zu setzen und ihnen bei den bevorstehenden Diskussionen die Mitsprache einzuräumen, Klaus Hänel
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i HALT!!! Hast Du Lust auf Jugendliche I | aus aller Welt, hast Du Lust auf KUBA - | ■ dann hast Du sicher Lust auf die Welt- ■ * festspiele '97. Info's: R. Radzimanowski,
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