VON ÄGYPTEN NACH PREUSSEN
Ausstellung und Tagung zur Geschichte, Entdeckung und Rezeption der Pyramiden
Der endgültige Entschluß fiel am Weihnachtsfest 1996. Zwar hatte sich Dr. Christian Tietze aus der Philosophischen Fakultät I der Universität schon anderthalb Jahre mit der Idee, eine große Ausstellung und Tagung über die Pyramiden zu veranstalten, getragen. Doch bedurfte es zur endgültigen Beschlußfassung etwas Ruhe — und die brachte jenes Weihnachtsfest mit sich. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: So eröffnete Tietze am 1. August dieses Jahres eine Fachtagung über das Thema ‚Von Ägypten nach Preußen“ im FürstPückler-Schloß Branitz bei Cottbus, woran sich am 2. August die Eröffnung einer gleichnamigen Ausstellung durch S.E., den Botschaftsrat der arabischen Republik Ägypten, Fahmy Fayed, anschloß.
Den Veranstaltungsort für Tagung und Ausstellung hat Christian Tietze ganz bewußt ausgewählt. Befinden sich doch im Park des Schlosses Branitz zwei Pyramiden; in einer davon ließ sich Fürst Pückler auch begraben. Die Referate auf der von rund 60 Teilnehmern aus Ägypten, Österreich und Deutschland besuchten Tagung und vor allem die für die Öffentlichkeit noch bis Januar 1998 zugängliche Ausstellung machen jedoch deutlich, daß sich nicht
nur in Branitz bei Cottbus historische Verbindungen
stus im Hof von Tempelanlagen beisetzen. Im dritten und vierten Jahrhundert vor Christus begann dann auch schon die Rezeption der Pyramiden, dieser bis heute geheimnisumwitterten Bauwerke, Seit dem vierten und fünften Jahrhundert nach Christus bauten schließlich andere Länder— z.B. Syrien—- pyramidenähnliche Gebäude und nahmen somit das Motiv der dreieckigen Gräber als uraltes Sinnbild fortdauernden Ruhms wieder auf. In der Renaissance ließen sich Herrscher mit Pyramiden darstellen, um ihre Standhaftigkeit zu verdeutlichen. Die Magie, die in diesen Bildern steckt, heißt: Wenn wir diese für die Ewigkeit erstellten Bauwerke nachbilden, bleiben auch wir ewig/erhalten.— Pyramidenbau als Gottesdienst zur Erhaltung der ewigen Existenz?
Mit dem 19. Jahrhundert wandelte sich dann das Bild von Ägypten. Ausgelöst durch die Napoleonische Expedition 1789 bis 1799 wurde ein wissenschaftliches In
Von den vielfältigen und weitverzweigten Beziehungen zwischen den ägyptischen Pyramiden und Bauwerken sowie Gräbern in Preußen legen die 40 von Dr. Christian Tietze über die Rezeption der Pyramiden zusammengestellten Tafeln bei der Ausstellung in Cottbus reges Zeugnis ab. Sie dokumentieren den pyramidenförmigen Eiskeller im Neuen Garten Potsdams ebenso wie entsprechende Grabmale auf einem Friedhof in der Schönhauser Allee in Berlin und dem Friedhof der Freidenker in Dessau. Weitere 40 Tafeln widmen sich der Geschichte und 35 Tafeln der Entdeckung der Pyramiden. Rund 80 Prozent der darauf abgebildeten Fotografien stammen übrigens von Tietze selber.
Ergänzt wird die Ausstellung durch zahlreiche Pyramidenmodelle und Ausstellungsstücke aus dem Berliner, dem Leipziger und dem Branitzer Museum, Publikationen zur Entdeckung der Pyramiden, Objekte aus den Schlössern und Gärten
zwischen Ägypten und Preußen zeigen. Auch auf dem Gebiet von Kunst und Wissenschaft entwikkelten sich fruchtbare Beziehungen. So ließ beispielsweise Friedrich II. in den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts den Park des Schlosses Rheinsberg mit ägyptisierenden Sphingen und einem Obelisken schmücken, und im Neuen Garten in Potsdam wurden zwei Antinoos-Statuen von Schadow, eine Sphinx, ein Obelisk und eine Pyramide aufgestellt. Sein Bruder Heinrich ließ in Rheinsberg einen Obelisken zum Gedenken an den Siebenjährigen Krieg errichten, er selbst wurde in einer Pyramide begraben.
Erbaut wurden die Pyramiden ursprünglich als Gräber für die ägyptischen Pharaonen in der Zeit zwischen 2650 und 2450 vor Christus. Danach ließen sich die Herrscher Agyptens in unterirdischen Gräbern im„Tal der Könige“ und ab 1080 bis 333 vor Chri
Geheimnisumwittert bis heute: das Pyramidenfeld in Gisa vor Kairo.
teresse am Land der Pharaonen wach, auch in Preußen. Der Fürsprache von Carl Josias von Bunsen und Alexander von Humboldt sowie der Förderung durch Friedrich Wilhelm IV. war es zu danken, daß Karl RiChard Lepsius in den Jahren 1842 bis 1845 eine Expedition nach Ägypten unternehmen konnte. Diese Reise war so erfolgreich, daß Preußen von nun an eine bedeutende Stellung in der sich schnell entwikkelnden Ägyptologie einnahm. Das in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Berlin fertiggestellte Ägyptische Museum sollte ein „nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten künstlerisch angelegtes und ausgestattetes Ganzes, ein historisches Museum“ sein.
Foto: Tietze
von Branitz und Berlin, aus weiteren Museen und Gärten sowie aus Privatbesitz. Sowohl an der Konzeption und Durchführung der Tagung wie auch an der Ausgestaltung der Ausstellung tatkräftig mitgeholfen haben Luise Stöckhert aus Grafrath, Holger Wenzel aus München und Christian E. Loeben aus Berlin. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis zum 18. Januar 1998 im Marstall Schloß Branitz in Cottbus täglich außer montags von 10.00 bis 12.30 Uhr und von 13.00 bis 18.00 Uhr. Im Sommer 1998 möchte Dr. Christian Tietze die Ausstellung übrigens auch in Potsdam zeigen. Sein Wunschort dafür ist die Orangerie im Park Sanssouci. Hg.
PUTZ 7/97
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