Heft 
(1.1.2019) 07
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RELIGION IN VORMODERNEN GESELLSCHAFTEN

Dreitägige Nachwuchswissenschaftlerkonferenz in Potsdam

Zum ThemaReligion in komplexen vor­modemen Gesellschaften trafen sich Mit­te Juni 1997 deutsche und französische Nachwuchswissenschaftler in Potsdam zu einer mehrtägigen Konferenz. Diese durch das brandenburgische Wissenschafts­ministerium finanziell unterstützte Tagung markierte den Beginn einer Zusammenar­beit der Section Sciences religieuses der Ecole Pratique des Hautes Etudes, Paris, und der Philosophischen Fakultät I der Universität Potsdam.

Prof. Dr. John Scheid aus Paris überreich­te während der Tagung den gegenge­zeichneten Kooperationsvertrag. Die per­sönliche Begegnung erlaubte, bereits an Ort und Stelle über weitere gemeinsame Vorhaben der zur Zeit beteiligten aus der Alten Geschichte und Klassischen Philo­logie zu sprechen.

Der Anfang jedenfalls verlief sehr erfolg­reich. Im kleinen, aber für Gäste aus Pots­dam und Berlin offenen Kreise wurden an­hand von vierzehn Vorträgen unterschiedli­che Aspekte der Religionsgeschichte des antiken Mittelmeerraums kontrovers und konstruktiv diskutiert. Eine gewisse deut­sche Konzentration auf die römische Religi­onsgeschichte wurde von den französi­

In den Sommer des Jahres 1993 reicht die Gründung des Einstein Forums zurück. Die Am Neuen Markt 7 im Zentrum Potsdams(unser Foto) beheimatete interdisziplinäre Forschungs­einrichtung des Landes Brandenburg beging also kürzlich ihr vierjähriges Bestehen. Das Einstein Forum als Stiftung des öffentlichen Rechts hat es sich zur Aufgabe gestellt, die internationale Zusammenarbeit durch den Gedankenaustausch von Natur- und Geistes­wissenschaftlern zu. befördern. Zugleich dient

a

Das Augusteische Relief der Ara Pacis zeigt einen Ausschnitt aus der Prozession zur Einweihung

diesesFriedensaltars mit ganz unterschiedlichen Gruppen von Priestern aus der römischen

Führungsschicht(10 v. Chr.).

schen Referenten um Fragen der griechi­schen, beispielsweise Hekate, und israeli­tisch-jüdischen Religionsgeschichte, Urim­und Tumim-Orake, erweitert.

Auch wenn die behandelten Kulturen ein­deutig antike,vormoderne Gesellschaf­

VIER JAHRE EINSTEIN FORUM

es als Schnittstelle zwischen der innerakade­

mischen und inneruniversitären Forschungs­gemeinschaft und einem breiten Fachpublikum. Zu den mit der Universität Potsdam koope­rierenden Einrichtungen gehört natürlich auch diese und zwar seit deren Gründung. Im Aprıl 1995 unterschrieben Vertreter beider Seiten einen offiziellen Vertrag. Seither beteiligten sich Wissenschaftler der Hochschule an zahlreichen Tagungen und Kolloquien, B.E./Foto: Fritze

Foto: zg.

ten darstellen, wurde doch deutlich, wie komplex sie und ihre religiösen Systeme sind. Einerseits bildet Religion einen eige­nen sozialen Handlungsraum mit eigenen Räumlichkeiten und Bauwerken, unter Umständen einer professionalisierten Prie­sterschaft mit ausgefeilten rituellen und sakralrechtlichen Vorschriften und entspre­chenden Gerätschaften. Andererseits kann auf diesen religiösen Bereich etwa in poli­tischen Kontexten in offener wie versteckter Weise angespielt, kann auf die legi­timatorischen Ressourcen von Religion zu­rückgegriffen werden, wie etwa für Cicero und Augustus gezeigt wurde. Religions­geschichtlich sind Veränderungen- und Konstanten in einem solchen Umgang mit Religion für die römische Kaiserzeit und die vor allem alsPontifex maximus thema­tisierte religiöse Kompetenz des Kaisers besonders interessant: eine Linie, die in Vorträgen von Caesar bis Konstantin unter­sucht wurde.

Methodisch reichten die Thesen und The­men von archäologischen über philologi­sche bis hin zu linguistischen Forschungs­ansätzen, ohne je ein Bemühen

um Historisierung der vorgestellten Befun­de aus den Augen zu verlieren. Gerade die­se methodische Vielfalt, verbunden mit der Konzentration auf einen Gegenstands­bereich, ließ die Diskussionen für Vortra­gende wie Gesprächsteilnehmer fruchtbar werden. Entsprechend standen nicht nur neue Kontakte zwischen den(überwie­gend) Doktorandinnen, sondern auch ein Konsens, diese Arbeitsform fortzusetzen, am Ende der Tagung. Jörg Rüpke

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PUTZ 7/97