STURA HAT KEIN ALLGEMEINPOLITISCHES MANDAT
Auf Antrag mehrerer Studenten aus der Juristischen Fakultät der Universität hat das Verwaltungsgericht Potsdam am 23. Juli diesen Jahres über die Zulässigkeit des sogenannten allgemeinpolitischen Mandats des Studierendenrates(StuRa) entschieden. Anlaß für die Klage der Studenten war die Finanzierung einer Fahrt zur Anti-CastorDemo nach Gorleben mit 1250 DM aus Geldem der Studentenschaft. Der StuRa hat sich dabei darauf berufen, daß er die Studentenschaft der Universität in allen politischen Angelegenheiten vertreten dürfe.
Die klagenden Studenten wollten erreichen, daß der StuRa sich gemäß dem Hochschulrecht auf seine ausschließliche Funktion als studentische Interessenvertretung besinnt und daher seine Äußerungen und Aktivitäten auf Themen beschränkt, die die Studenten auch wirklich in ihrer Eigenschaft als Studenten betreffen. Dazu gehören in jedem Fall Fragen wie Bibliotheksausstattungen, die Raum- und Personalsituation an der Uni, Fächerprofilierungen, Studiengangschließungen, die kulturelle und soziale Betreuung der Potsdamer Studenten und der Protest gegen die Kaputtsparpolitik des Wissenschaftsministeriums. Politische Stellungnahmen und Aktionen zur Atompolitik oder zum Wiederaufbau der Garnisonkirche hingegen gehören nach Auffassung der Kläger nicht zum Aufgabenbereich des StuRa. Solche Themen betreffen die Studenten der Uni Potsdam nicht mehr oder weniger als jeden anderen Bürger. Sie gehören daher in Bürgerinitiativen, Parteien und Parlamente.
Das Verwaltungsgericht hat nun verbindlich geklärt, womit sich der StuRa beschäftigen darf. In seinem siebenseitigen Beschluß führt es dazu aus:„Als ein Verband, dem seine Mitglieder nicht freiwillig beigetreten sind, sondern als immatrikulierte Studenten zwangsweise angehören und auch nicht austreten können, darf die Studentenschaft nur die zu ihrem gesetzlichen Zweck gehörenden Angelegenheiten wahrnehmen und hat alle außerhalb dieses gesetzlichen Aufgabenbereichs liegenden Erklärungen und Aktivitäten zu unterlassen. Wenn ihre Funktionsträger (= StuRa-Mitglieder) für die von ihr vertretenen Studenten ohne die Legitimation durch das spezifische gemeinsame Interesse, das die Zusammenfassung im Zwangsverband rechtfertigt, allgemeinpolitische Erklärungen abgeben, die auch jenen Mitgliedern zugeTechnet werden, die anderer Meinung sind, greifen sie damit in die individuellen, durch Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz geschützten Freiheitsrechte dieser Mitglieder ein. Gegen dieses Verbot der Wahrnehmung eines allgemeinpolitischen Mandats hat die StudentenSchaft wiederholt verstoßen“.
Im Klartext: Da der StuRa rechtlich betrach
tet staatliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt und sich der einzelne Student nicht aussuchen kann, ob er Mitglied der Studentenschaft werden und 10 DM pro Semester als Beitrag zahlen will oder nicht, darf sich der StuRa auch nur im Rahmen seines gesetzlich festgelegten Aufgabenbereichs betätigen. Wenn er sich zu Themen äußert, die keinen unmittelbaren sachlichen Bezug zur Hochschule haben, verletzt er durch das Grundgesetz garantierte Rechte der Studenten. Das Gericht hat in seinem Beschluß noch einmal ausdrücklich die Rechtswidrigkeit der Gorlebenfahrt-Finanzierung sowie mehrerer Artikel in der„Unikunde“ festgestellt. Aus dem Gerichtsbeschluß ergibt sich weiterhin, daß in der„Unikunde“ nur Artikel mit einem erkennbar hochschulpolitischen Bezug veröffentlicht werden dürfen.
Das Verwaltungsgericht hat dem StuRa im Wege einer einstweiligen Anordnung„untersagt, allgemeinpolitische, nicht hochschulbezogene Äußerungen abzugeben und allgemeinpolitische, nicht hochschulbezogene Aktivitäten Dritter finanziell zu unterstützen“. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung hat das Gericht dem StuRa ein. Ordnungsgeld in Höhe von 500 DM angedroht. Die klagenden Studenten wundern sich deshalb, daß Heiner Stahl und Wolfgang Rose vom StuRa noch am 30. August, also fünf Wochen nach dem Gerichtsbeschluß, eine Presseerklärung auf StuRa-Briefpapier verschickt haben, die sich ausgiebig mit der Situation von Hausbesetzern in Potsdam auseinandersetzt, allerdings ohne daß irgendein hochschulpolitischer Bezug erkennbar ist. Nicht einmal die Worte „Student“ oder„Uni“ kommen darin vor. Sie halten das für einen klaren Verstoß gegen den Gerichtsbeschluß, für den sie zwei denkbare Erklärungen haben: Entweder kannten die beiden StuRa-Mitglieder den Beschluß noch nicht, oder sie haben einfach, im Geiste Sandra Brunners(StuRa-Referentin für Öffentlichkeitsarbeit— Anm. d. Red.) gehandelt, die noch Ende Juni erklärt hatte:„Im Sinne.einer starken studentischen Interessenvertretung muß das politische Mandat wahrgenommen werden, ob verboten oder nicht.“ Sollten sich die beiden StuRa-Mitglieder bewußt über die Gerichtsentscheidung hinweggesetzt haben, müßte die Studentenschaft das angedrohte Ordnungsgeld bezahlen. Außerdem entspricht es der Rechtsprechung, daß StuRaund AStA-Mitglieder, die gegen eine einstweilige Anordnung verstoßen und dadurch die Verhängung des angedrohten Ordnungsgeldes provozieren, sich persönlich wegen Untreue strafbar machen. Die Kläger haben inzwischen angekündigt, sie würden alles Erforderliche tun, um den Gerichtsbeschluß auch durchzusetzen. So bleibt es, obwohl die Rechtslage nun eindeutig geklärt ist, spannend. Marc Wesser
JURA-STUDENT MIT „TRAUMNOTE“
Christian Fisch begann im Sommersemester 1993 auf Empfehlung eines Freundes sein Studium an der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam. Bereits nach dem 9. Fachsemester, im Juli 1997, schloß er es mit der mündlichen Prüfung vor dem Justizprüfungsamt des brandenburgischen Ministeriums der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten überaus erfolgreich mit der Note„Sehr gut“ und einer Punktzahl von 14,0 ab. Damit erzielte er das beste Ergebnis, das bisher ein Studierender an dieser Potsdamer Fakultät erreichte. Zur Einordnung seiner„besonders hervorragenden“ Leistung: Im Jahre 1996 beendeten 0,12 Prozent der 17.858 geprüften JuraKandidaten Deutschlands das Studium mit „sehr gut“.
Dem mündlichen ging ein schriftlicher Teil des Examens voraus. Er beinhaltete jeweils neun fünfstündige Klausuren, verschiedene Rechtsgebiete betreffend. Bei der Prüfungsvorbereitung nutzte der gebürtige Cottbusser sowohl den Besuch eines privaten Repetitoriums als auch einmal wöchentlich die Arbeit bei einem Rechtsanwalt, um praktische Erfahrungen sammeln zu können. Dabei überließ ihm der Anwalt bereits Rechtsfälle zur selbständigen Bearbeitung. Am universitären Examens-Übungsklausurenkurs nahm der 1971 geborene Fisch mit dem Ziel teil, den sogenannten Freischuß absolvieren zu können. Der„Freischuß“ gibt die Chance der Teilnahme an der Prüfung nach dem 8. Fachsemester, gestattet jedoch im Falle des Nichtbestehens beziehungsweise bei Unzufriedenheit mit dem erreichten Ergebnis einen zusätzlichen Prüfungsversuch. Den hatte Fisch jedoch nicht nötig! Die eineinhalb Jahre der Prüfungsvorbereitung„erforderten ein hohes Maß an Selbstdisziplin, ließen mir aber noch genügend Zeit, wenn auch eingeschränkt, meinen Hobbys und privaten Interessen nachzugehen“, resümiert der zukünftige Promovend die hinter ihm liegende Zeit. Zum 1. Oktober 1997 nahm er eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Strafrecht mit Jugendstrafrecht und Kriminologie an der Potsdamer Uni auf. B.E.
Foto: privat
PUTZ 7/97
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