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(1.1.2019) 07
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STURA HAT KEIN ALLGEMEINPOLITISCHES MANDAT

Auf Antrag mehrerer Studenten aus der Ju­ristischen Fakultät der Universität hat das Verwaltungsgericht Potsdam am 23. Juli die­sen Jahres über die Zulässigkeit des soge­nannten allgemeinpolitischen Mandats des Studierendenrates(StuRa) entschieden. Anlaß für die Klage der Studenten war die Finanzierung einer Fahrt zur Anti-Castor­Demo nach Gorleben mit 1250 DM aus Geldem der Studentenschaft. Der StuRa hat sich dabei darauf berufen, daß er die Stu­dentenschaft der Universität in allen politi­schen Angelegenheiten vertreten dürfe.

Die klagenden Studenten wollten erreichen, daß der StuRa sich gemäß dem Hoch­schulrecht auf seine ausschließliche Funkti­on als studentische Interessenvertretung besinnt und daher seine Äußerungen und Aktivitäten auf Themen beschränkt, die die Studenten auch wirklich in ihrer Eigenschaft als Studenten betreffen. Dazu gehören in je­dem Fall Fragen wie Bibliotheksausstattun­gen, die Raum- und Personalsituation an der Uni, Fächerprofilierungen, Studiengang­schließungen, die kulturelle und soziale Be­treuung der Potsdamer Studenten und der Protest gegen die Kaputtsparpolitik des Wissenschaftsministeriums. Politische Stel­lungnahmen und Aktionen zur Atompolitik oder zum Wiederaufbau der Garnisonkirche hingegen gehören nach Auffassung der Klä­ger nicht zum Aufgabenbereich des StuRa. Solche Themen betreffen die Studenten der Uni Potsdam nicht mehr oder weniger als jeden anderen Bürger. Sie gehören daher in Bürgerinitiativen, Parteien und Parlamente.

Das Verwaltungsgericht hat nun verbindlich geklärt, womit sich der StuRa beschäftigen darf. In seinem siebenseitigen Beschluß führt es dazu aus:Als ein Verband, dem seine Mitglieder nicht freiwillig beigetreten sind, sondern als immatrikulierte Studenten zwangsweise angehören und auch nicht aus­treten können, darf die Studentenschaft nur die zu ihrem gesetzlichen Zweck gehörenden Angelegenheiten wahrnehmen und hat alle außerhalb dieses gesetzlichen Aufgabenbe­reichs liegenden Erklärungen und Aktivitäten zu unterlassen. Wenn ihre Funktionsträger (= StuRa-Mitglieder) für die von ihr vertrete­nen Studenten ohne die Legitimation durch das spezifische gemeinsame Interesse, das die Zusammenfassung im Zwangsverband rechtfertigt, allgemeinpolitische Erklärungen abgeben, die auch jenen Mitgliedern zuge­Technet werden, die anderer Meinung sind, greifen sie damit in die individuellen, durch Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz geschützten Freiheitsrechte dieser Mitglieder ein. Gegen dieses Verbot der Wahrnehmung eines allge­meinpolitischen Mandats hat die Studenten­Schaft wiederholt verstoßen.

Im Klartext: Da der StuRa rechtlich betrach­

tet staatliche Verwaltungsaufgaben wahr­nimmt und sich der einzelne Student nicht aussuchen kann, ob er Mitglied der Studen­tenschaft werden und 10 DM pro Semester als Beitrag zahlen will oder nicht, darf sich der StuRa auch nur im Rahmen seines ge­setzlich festgelegten Aufgabenbereichs be­tätigen. Wenn er sich zu Themen äußert, die keinen unmittelbaren sachlichen Bezug zur Hochschule haben, verletzt er durch das Grundgesetz garantierte Rechte der Studen­ten. Das Gericht hat in seinem Beschluß noch einmal ausdrücklich die Rechtswidrig­keit der Gorlebenfahrt-Finanzierung sowie mehrerer Artikel in derUnikunde festge­stellt. Aus dem Gerichtsbeschluß ergibt sich weiterhin, daß in derUnikunde nur Artikel mit einem erkennbar hochschulpolitischen Bezug veröffentlicht werden dürfen.

Das Verwaltungsgericht hat dem StuRa im Wege einer einstweiligen Anordnungunter­sagt, allgemeinpolitische, nicht hochschul­bezogene Äußerungen abzugeben und allge­meinpolitische, nicht hochschulbezogene Aktivitäten Dritter finanziell zu unterstützen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung hat das Gericht dem StuRa ein. Ordnungsgeld in Höhe von 500 DM angedroht. Die klagenden Studenten wundern sich deshalb, daß Heiner Stahl und Wolfgang Rose vom StuRa noch am 30. August, also fünf Wochen nach dem Ge­richtsbeschluß, eine Presseerklärung auf StuRa-Briefpapier verschickt haben, die sich ausgiebig mit der Situation von Hausbeset­zern in Potsdam auseinandersetzt, allerdings ohne daß irgendein hochschulpolitischer Be­zug erkennbar ist. Nicht einmal die Worte Student oderUni kommen darin vor. Sie halten das für einen klaren Verstoß gegen den Gerichtsbeschluß, für den sie zwei denkbare Erklärungen haben: Entweder kannten die beiden StuRa-Mitglieder den Beschluß noch nicht, oder sie haben einfach, im Geiste San­dra Brunners(StuRa-Referentin für Öffentlich­keitsarbeit Anm. d. Red.) gehandelt, die noch Ende Juni erklärt hatte:Im Sinne.einer starken studentischen Interessenvertretung muß das politische Mandat wahrgenommen werden, ob verboten oder nicht. Sollten sich die beiden StuRa-Mitglieder bewußt über die Gerichtsentscheidung hinweggesetzt haben, müßte die Studentenschaft das angedrohte Ordnungsgeld bezahlen. Außerdem ent­spricht es der Rechtsprechung, daß StuRa­und AStA-Mitglieder, die gegen eine einstwei­lige Anordnung verstoßen und dadurch die Verhängung des angedrohten Ordnungs­geldes provozieren, sich persönlich wegen Untreue strafbar machen. Die Kläger haben inzwischen angekündigt, sie würden alles Er­forderliche tun, um den Gerichtsbeschluß auch durchzusetzen. So bleibt es, obwohl die Rechtslage nun eindeutig geklärt ist, span­nend. Marc Wesser

JURA-STUDENT MIT TRAUMNOTE

Christian Fisch be­gann im Sommerse­mester 1993 auf Empfeh­lung eines Freundes sein Studi­um an der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam. Bereits nach dem 9. Fach­semester, im Juli 1997, schloß er es mit der mündlichen Prüfung vor dem Justiz­prüfungsamt des brandenburgischen Mini­steriums der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten überaus erfolg­reich mit der NoteSehr gut und einer Punktzahl von 14,0 ab. Damit erzielte er das beste Ergebnis, das bisher ein Studieren­der an dieser Potsdamer Fakultät erreichte. Zur Einordnung seinerbesonders hervor­ragenden Leistung: Im Jahre 1996 beende­ten 0,12 Prozent der 17.858 geprüften Jura­Kandidaten Deutschlands das Studium mit sehr gut.

Dem mündlichen ging ein schriftlicher Teil des Examens voraus. Er beinhaltete jeweils neun fünfstündige Klausuren, verschiedene Rechtsgebiete betreffend. Bei der Prüfungs­vorbereitung nutzte der gebürtige Cottbus­ser sowohl den Besuch eines privaten Re­petitoriums als auch einmal wöchentlich die Arbeit bei einem Rechtsanwalt, um praktische Erfahrungen sammeln zu kön­nen. Dabei überließ ihm der Anwalt bereits Rechtsfälle zur selbständigen Bearbeitung. Am universitären Examens-Übungsklausu­renkurs nahm der 1971 geborene Fisch mit dem Ziel teil, den sogenannten Freischuß absolvieren zu können. DerFreischuß gibt die Chance der Teilnahme an der Prüfung nach dem 8. Fachsemester, gestattet jedoch im Falle des Nichtbestehens beziehungs­weise bei Unzufriedenheit mit dem erreich­ten Ergebnis einen zusätzlichen Prüfungs­versuch. Den hatte Fisch jedoch nicht nötig! Die eineinhalb Jahre der Prüfungsvorbe­reitungerforderten ein hohes Maß an Selbstdisziplin, ließen mir aber noch genü­gend Zeit, wenn auch eingeschränkt, mei­nen Hobbys und privaten Interessen nach­zugehen, resümiert der zukünftige Promo­vend die hinter ihm liegende Zeit. Zum 1. Oktober 1997 nahm er eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Strafrecht mit Jugendstrafrecht und Krimi­nologie an der Potsdamer Uni auf. B.E.

Foto: privat

PUTZ 7/97

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