PFERDEFUSS BEIM INFORMATIONSZUGEWINN
Der Artikel„Multimedia— wohin geht die Reise?“ von Eberhardt Gering in der Juni/ Juli-Ausgabe der PUTZ regte Dr. Christoph Kugelmeier aus dem Institut für Klassische Philologie an, neben Übereinstimmendem auch Kritisches anzumerken:
Mit großem Interesse habe ich den sachkundigen, mit großem Enthusiasmus geschniebenen und anschaulich bebilderten Artikel von Eberhardt Gering gelesen. Da ich selbst begeisterter Computerbenutzer bin und mich die vielfältigen Möglichkeiten faszinieren, die sich auch in meinem Fach bieten, fühle ich mich durch den Artikel in hohem Maße angeregt. Hier in Potsdam haben wir in der Tat das große Glück, uns in allen Fragen der Informationstechnologie auf die überaus kompetenten und engagierten Mitarbeiter der Zentralen Einrichtung für Informationsverarbeitung und Kommunikation (ZEIK) verlassen zu können.
Die technische Entwicklung, die sich in den letzten Jahren geradezu überschlagen hat, ruft auch unter nüchternen Betrachtern und Beteiligten Eurphornie hervor. Aber ein ganz böser Pferdefuß zeigt sich schon in diesem scheinbaren Informationszugewinn. Kann man wirklich aus vollem Herzen bejahen, daß„diese neuen Möglichkeiten interaktiven Handelns... es dem Nutzer(erlauben), seinen Status als passiver Empfänger von Informationen in den eines aktiven Teilnehmers am Kommunikationsgeschehen zu verwandeln, die Informationen entsprechend ihrer Qualität auszuwählen und somit mehr Selbstbestimmung im Umgang mit den Medien zu erreichen“? Steckt nicht ein zentrales Problem genau darin, aus einer immer weniger zu übersehenden, oft mit verführerischem Hochglanz dargebotenen Informationsmenge das Entscheidende herauszuholen, und wird sich dieses Problem nicht in dem Maße weiter verstärken, in dem die Datenflut steigt? Das mittlerweile auch öffentlich bekannte Unvermögen, der über das Internet hereinbrechenden Lawine von teilweise gefährlichem Gedankenmüll technisch und juristisch zu steuern, zeigt besonders deutlich, daß von einer Proportion zwischen zur Verfügung stehender Informationsmenge einerseits und InformiertSein andererseits So lange keine Rede sein kann, wie für den Benutzer technische und nicht vernunftbestimmte Kriterien der Auswahl die Hauptrolle spielen. Es liegt doch hoffentlich am Tage, daß schon aus diesem Grunde weiterhin die Vermittlung von Werthaltungen vorrangige Aufgabe der Erziehung Heranwachsender sein muß. Zu einer auch nur leidlich vernunftbestimmten Auswahl digital übermittelter Informationen genügt es darum eben nicht, immer größere technische Fertigkeiten im Umgang mit immer ausgefeilteren Techniken einzuüben. „Selbstbestimmung“ ist eine Frucht der Frei
heit, die dem Einzelnen aus dem Gebrauch der kritisch wägenden Vernunft erwächst. Schärfsten Einspruch erhebe ich aus diesem Grund gegen die Behauptung:„Es wird erwartet, daß virtuelle Vorlesungen mit ihren Möglichkeiten zur Interaktivität, das heißt zur direkten Kommunikation zwischen Zuhörern und Vortragendem, die didaktische Qualität traditioneller Vorlesungen deutlich übertreffen“. Das Aufzeigen mit dem Finger im Hörsaal, um dem Dozenten eine Frage zu stellen, bedeutet also keine„direkte Kommunikation“? Die wird erst durch supermoderne Technik per Mattscheibe und Datenautobahn möglich? Eine bedenkliche Auffassung von Kommunikation: Wenn das Gespräch leibhaftig anwesender Menschen im Seminarraum durch eine Abfolge von Tastenkombinationen ersetzt wird, kann man nicht mehr von einer lebendigen Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden reden. Ist die Unterwerfung unter den Sparzwang wieder einmal der Weisheit letzter Schluß: ‚Wenn der Vorlesung nicht mehr‘vor Ort’ bei
gewohnt werden muß, könnte es auch zu einer spürbaren Entschärfung des Problems überfüllter Hörsäle kommen“? Wie traurig, diese von vielen offenkundig schon vollzogene Kapitulation vor den angeblich vollendeten merkantilen Tatsachen, vor dem Druck, den die im Artikel genannten Computerfirmen und ihre Unterstützer in den Medien ausüben! Genüdt mittlerweile wirklich allein die Tatsache, daß mit riesigem Aufwand „multimediale Lehrmittel“ entwickelt werden, um diese Dinge ohne nähere Prüfung für gut und sinnvoll zu erklären?
Wie es scheint, droht der Strudel eines technikeuphorischen Zeitgeistes Werte zu verschlingen, die für die„humanitas“ im Sinne einer vom Menschen ausgehenden und auf die Entfaltung des Menschlichen zielenden Bildung wesensbestimmend sind. Freuen wir uns an den Möglichkeiten, mit denen die Erfindungen menschlichen Geistes unsere tägliche Arbeit erleichtern und sinnvoll gestalten helfen, bemühen wir uns in knitischer Reflexion, von ihnen besonnenen Gebrauch zu machen—- aber werden wir nicht zu Goetheschen Zauberlehrlingen.
WAS IST EIN PARKPLATZ?
Alle Betroffenen an der Uni wissen um die sich verschärfende Parkplatzsituation: Dr. Otto Wilhelm aus dem Institut für Informatik vertritt folgende Position:
Ich habe die Fläche an der Straße„Am Neuen Palais“ hinter dem Gebäude 8 der Universität immer für einen Parkplatz angesehen und gerne benutzt. Andere offenbar auch, denn im Lageplan zum Uni-Komplex I ist er als solcher ausgewiesen. Die Stadt ist aber anderer Meinung. Sie hat veranlaßt, daß der Platz mit einer Kapazität von gut und gerne 60 PKW mit Hilfe einheimischer Edelhölzer, wie Eiche, Linde und Buche unzugänglich wurde. Und wie man hört, soll diese Maßnahme auf die gesamte Straßenlänge ausgedehnt werden. Das sind noch einmal knapp hundert Plätze, die verschwinden. Sehr eigenartig ist für mich die Tatsache, daß es im Vorfeld keinerlei Abstimmung zwischen dem Magistrat der Stadt und der Universität gab. Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Es ist einzusehen, daß abgestelltes Blech den Eingang in eine Parklandschaft nicht verschönt. Und offensichtlich wird damit auch bezweckt, die Ein
nahmen der nicht ausgelasteten bewachten Parkplätze zu steigern. Auch das ist zu akzeptieren, da die Stadt einerseits unter permanentem Geldmangel leidet und andererseits aus dem privaten Verkehr Millionenbeträge herauszuholen sind. Aber da wird die Sachlage auch schon bedenklich. Wenn ich aber als Tourist auf den Parkplatz Am Neuen Palais käme, wäre ich nicht sehr geneigt, mein Fahrzeug dort zu plazieren. Das beste an der Anlage ist die glatte Betonfläche und das natürliche Grün der umgebenden Natur. Allerdings darf man dem Walde nicht zu nahe kommen, weil er als öffentliche Toilette genutzt wird. Unverständlich ist mir, wo die Angehörigen der Universität, welche die nunmehr abgesperrten Flächen genutzt haben, ihre Fahrzeuge abstellen sollen. Es kann doch keine Lösung sein, daß die Grünflächen vor und hinter den Gebäuden 1 bis 5 herhalten müssen, wie das zum Teil schon geschehen ist. Oder wird erwartet, daß wir Parkgebühren bezahlen? Wo ist die Lösung? Das Auto ist nun mal das wichtigste Verkehrsmittel für den„Durchschnittsbürger“. Und solange das so ist, werden Parkplätze gebraucht!
Wehrmachtsausstellung in Berlin-Lichterfelde
Zum Interview mit dem Militärhistoriker Prof. Dr. Bernhard Kroener über die umstrittene Ausstellung ‚Vernichtungskrieg— Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ in der PUTZ 4/97 schreibt Hans-Hermann Auersch aus Berlin:
„Bei der Suche nach den Ludwig-PersiusTagebüchern habe ich in einer Buchhand
lung in der Brandenburger Straße die PUTZ entdeckt. Ich könnte mir für die auszubauende Wehrmachtsausstellung den Standort Berlin-Lichterfelde, Finckensteinallee 63, jetzt Bundesarchiv, mit Materialien aus dem Kaiserlichen Kolonialministeriuum Potsdam und dem Document-Center Berlin-Dahlem vorstellen.“
Seite 30
PUTZ 7/97