Heft 
(1.1.2019) 07
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PFERDEFUSS BEIM INFORMATIONSZUGEWINN

Der ArtikelMultimedia wohin geht die Reise? von Eberhardt Gering in der Juni/ Juli-Ausgabe der PUTZ regte Dr. Christoph Kugelmeier aus dem Institut für Klassische Philologie an, neben Übereinstimmendem auch Kritisches anzumerken:

Mit großem Interesse habe ich den sachkun­digen, mit großem Enthusiasmus geschnie­benen und anschaulich bebilderten Artikel von Eberhardt Gering gelesen. Da ich selbst begeisterter Computerbenutzer bin und mich die vielfältigen Möglichkeiten faszinie­ren, die sich auch in meinem Fach bieten, fühle ich mich durch den Artikel in hohem Maße angeregt. Hier in Potsdam haben wir in der Tat das große Glück, uns in allen Fra­gen der Informationstechnologie auf die überaus kompetenten und engagierten Mit­arbeiter der Zentralen Einrichtung für Infor­mationsverarbeitung und Kommunikation (ZEIK) verlassen zu können.

Die technische Entwicklung, die sich in den letzten Jahren geradezu überschlagen hat, ruft auch unter nüchternen Betrachtern und Betei­ligten Eurphornie hervor. Aber ein ganz böser Pferdefuß zeigt sich schon in diesem schein­baren Informationszugewinn. Kann man wirk­lich aus vollem Herzen bejahen, daßdiese neuen Möglichkeiten interaktiven Handelns... es dem Nutzer(erlauben), seinen Status als passiver Empfänger von Informationen in den eines aktiven Teilnehmers am Kommuni­kationsgeschehen zu verwandeln, die Infor­mationen entsprechend ihrer Qualität auszu­wählen und somit mehr Selbstbestimmung im Umgang mit den Medien zu erreichen? Steckt nicht ein zentrales Problem genau dar­in, aus einer immer weniger zu übersehen­den, oft mit verführerischem Hochglanz dar­gebotenen Informationsmenge das Entschei­dende herauszuholen, und wird sich dieses Problem nicht in dem Maße weiter verstär­ken, in dem die Datenflut steigt? Das mittler­weile auch öffentlich bekannte Unvermögen, der über das Internet hereinbrechenden La­wine von teilweise gefährlichem Gedan­kenmüll technisch und juristisch zu steuern, zeigt besonders deutlich, daß von einer Pro­portion zwischen zur Verfügung stehender Informationsmenge einerseits und Informiert­Sein andererseits So lange keine Rede sein kann, wie für den Benutzer technische und nicht vernunftbestimmte Kriterien der Aus­wahl die Hauptrolle spielen. Es liegt doch hof­fentlich am Tage, daß schon aus diesem Grunde weiterhin die Vermittlung von Wert­haltungen vorrangige Aufgabe der Erziehung Heranwachsender sein muß. Zu einer auch nur leidlich vernunftbestimmten Auswahl di­gital übermittelter Informationen genügt es darum eben nicht, immer größere techni­sche Fertigkeiten im Umgang mit immer ausgefeilteren Techniken einzuüben. Selbstbestimmung ist eine Frucht der Frei­

heit, die dem Einzelnen aus dem Gebrauch der kritisch wägenden Vernunft erwächst. Schärfsten Einspruch erhebe ich aus die­sem Grund gegen die Behauptung:Es wird erwartet, daß virtuelle Vorlesungen mit ihren Möglichkeiten zur Interaktivität, das heißt zur direkten Kommunikation zwischen Zuhörern und Vortragendem, die didaktische Qualität traditioneller Vorlesungen deutlich übertref­fen. Das Aufzeigen mit dem Finger im Hör­saal, um dem Dozenten eine Frage zu stel­len, bedeutet also keinedirekte Kommuni­kation? Die wird erst durch supermoderne Technik per Mattscheibe und Daten­autobahn möglich? Eine bedenkliche Auffas­sung von Kommunikation: Wenn das Ge­spräch leibhaftig anwesender Menschen im Seminarraum durch eine Abfolge von Ta­stenkombinationen ersetzt wird, kann man nicht mehr von einer lebendigen Gemein­schaft der Lehrenden und Lernenden reden. Ist die Unterwerfung unter den Sparzwang wieder einmal der Weisheit letzter Schluß: ‚Wenn der Vorlesung nicht mehrvor Ort bei­

gewohnt werden muß, könnte es auch zu ei­ner spürbaren Entschärfung des Problems überfüllter Hörsäle kommen? Wie traurig, diese von vielen offenkundig schon vollzoge­ne Kapitulation vor den angeblich vollende­ten merkantilen Tatsachen, vor dem Druck, den die im Artikel genannten Computer­firmen und ihre Unterstützer in den Medien ausüben! Genüdt mittlerweile wirklich allein die Tatsache, daß mit riesigem Aufwand multimediale Lehrmittel entwickelt wer­den, um diese Dinge ohne nähere Prüfung für gut und sinnvoll zu erklären?

Wie es scheint, droht der Strudel eines technikeuphorischen Zeitgeistes Werte zu verschlingen, die für diehumanitas im Sin­ne einer vom Menschen ausgehenden und auf die Entfaltung des Menschlichen zielen­den Bildung wesensbestimmend sind. Freu­en wir uns an den Möglichkeiten, mit denen die Erfindungen menschlichen Geistes un­sere tägliche Arbeit erleichtern und sinnvoll gestalten helfen, bemühen wir uns in kniti­scher Reflexion, von ihnen besonnenen Ge­brauch zu machen- aber werden wir nicht zu Goetheschen Zauberlehrlingen.

WAS IST EIN PARKPLATZ?

Alle Betroffenen an der Uni wissen um die sich verschärfende Parkplatzsituation: Dr. Otto Wilhelm aus dem Institut für Informa­tik vertritt folgende Position:

Ich habe die Fläche an der StraßeAm Neu­en Palais hinter dem Gebäude 8 der Univer­sität immer für einen Parkplatz angesehen und gerne benutzt. Andere offenbar auch, denn im Lageplan zum Uni-Komplex I ist er als solcher ausgewiesen. Die Stadt ist aber anderer Meinung. Sie hat veranlaßt, daß der Platz mit einer Kapazität von gut und gerne 60 PKW mit Hilfe einheimischer Edelhölzer, wie Eiche, Linde und Buche unzugänglich wurde. Und wie man hört, soll diese Maß­nahme auf die gesamte Straßenlänge ausge­dehnt werden. Das sind noch einmal knapp hundert Plätze, die verschwinden. Sehr ei­genartig ist für mich die Tatsache, daß es im Vorfeld keinerlei Abstimmung zwischen dem Magistrat der Stadt und der Universität gab. Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Es ist einzusehen, daß abgestelltes Blech den Eingang in eine Parklandschaft nicht verschönt. Und offen­sichtlich wird damit auch bezweckt, die Ein­

nahmen der nicht ausgelasteten bewachten Parkplätze zu steigern. Auch das ist zu ak­zeptieren, da die Stadt einerseits unter per­manentem Geldmangel leidet und anderer­seits aus dem privaten Verkehr Millionenbe­träge herauszuholen sind. Aber da wird die Sachlage auch schon bedenklich. Wenn ich aber als Tourist auf den Parkplatz Am Neu­en Palais käme, wäre ich nicht sehr geneigt, mein Fahrzeug dort zu plazieren. Das beste an der Anlage ist die glatte Betonfläche und das natürliche Grün der umgebenden Natur. Allerdings darf man dem Walde nicht zu nahe kommen, weil er als öffentliche Toilet­te genutzt wird. Unverständlich ist mir, wo die Angehörigen der Universität, welche die nunmehr abgesperrten Flächen genutzt ha­ben, ihre Fahrzeuge abstellen sollen. Es kann doch keine Lösung sein, daß die Grünflächen vor und hinter den Gebäuden 1 bis 5 herhal­ten müssen, wie das zum Teil schon gesche­hen ist. Oder wird erwartet, daß wir Parkge­bühren bezahlen? Wo ist die Lösung? Das Auto ist nun mal das wichtigste Verkehrsmit­tel für denDurchschnittsbürger. Und solan­ge das so ist, werden Parkplätze gebraucht!

Wehrmachtsausstellung in Berlin-Lichterfelde

Zum Interview mit dem Militärhistoriker Prof. Dr. Bernhard Kroener über die um­strittene Ausstellung ‚Vernichtungskrieg Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944 in der PUTZ 4/97 schreibt Hans-Hermann Auersch aus Berlin:

Bei der Suche nach den Ludwig-Persius­Tagebüchern habe ich in einer Buchhand­

lung in der Brandenburger Straße die PUTZ entdeckt. Ich könnte mir für die auszubau­ende Wehrmachtsausstellung den Standort Berlin-Lichterfelde, Finckensteinallee 63, jetzt Bundesarchiv, mit Materialien aus dem Kaiserlichen Kolonialministeriuum Potsdam und dem Document-Center Berlin-Dahlem vorstellen.

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PUTZ 7/97