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(1.1.2019) 03
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Gehirntraining und Aufmerksamkeit

Psychologe Prof. Dr. Reinhold Kliegl erhielt höchstdotierten deutschen Wissenschaftspreis

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Foto: Fritze

Reinhold Kliegl(1.) will wissen, wie die Aufmerksamkeitssteuerung bei älteren Menschen funktioniert. Erkenntnisse gewinnt er zum Beispiel durch Lese-Tests mit Versuchspersonen, die eine Spezialbrille tragen.

Das Gerät registriert die geringsten Augenbewegungen.

Als Gottfried Wilhelm Leibniz 1711 Präsident der Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften wurde, machte er deutlich, dass er von der For­schung einen eminent realen Nutzen für die Gesellschaft erwarte und für ihn Produktivität und Können Maßstab wissenschaftlicher Arbeit seien. Heute trägt der höchstdotierte Förderpreis der Deutschen Forschungsgemeinschaft(DFG) für herausragende wissenschaftliche Leistungen den Namen des Universalgelehrten.

u den elf Wissenschaftlern, die in diesem zZ. Jahr mit dem Leibnizpreis ausgezeichnet wurden, zählt Reinhold Kliegl, Inhaber der Professur für Allgemeine Psychologie I, Pro­dekan der Humanwissenschaftlichen Fakultät, Leitungsmitglied des Interdisziplinären Zen­trums für Kognitive Studien und Teilprojektlei­ter in der ForschungsgruppeKonfligierende Regeln. Der Preis, den der Psychologe am 6. März in Berlin entgegennahm, beläuft sich immerhin

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auf 775.000 Euro. Als Förderpreis soll er vor allem dazu dienen, optimale Bedingungen für die wissenschaftliche Arbeit zu schaffen, eine Mitarbeit qualifizierter jüngerer Wissenschaftler zu ermöglichen und die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen des Auslands zu erleichtern.

Vor allem verdienen zwei Forschungsprojek­te Kliegls die allgemeine Aufmerksamkeit. Am bekanntesten hier in Potsdam sind wohl seine Untersuchungen zur Gehirnleistung im Alter. Hunderte älterer Potsdamer saßen bereits als Probanden an Computern der Forschungsstelle des Instituts für Psychologie in der Gutenberg­straße, analysierten dort komplizierte Sätze, addierten klammerverschlüsselte Zahlen und anderes mehr. Die Psychologen um Reinhold Kliegl beschreiben Veränderungen der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter, betreiben Ursachen­analyse und wollen Trainingsangebote unter­breiten. Ihre bisherigen Erkenntnisse besagen, dass es keine generelle Verlangsamung geistiger Prozesse im Alter gibt, sondern verschiedene

Uni Aktuell

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Teilbereiche derLandkarte Gehirn spezifisch von Veränderungen der geistigen Leistungsfä­higkeit betroffen sind.

Ein weiteres beachtliches Forschungsprojekt Reinhold Kliegls befasst sich mit der Aufmerk­samkeitssteuerung, das heißt mit der Verteilung der Aufmerksamkeit bei der Bewältigung unter­schiedlichster Aufgaben. Mit einer Spezialbrille für Versuchspersonen, die geringste Augenbe­wegungen registriert, lässt sich beispielsweise beim Lesen verfolgen, auf welchen Begriffen das Augeaufmerksam ruht, welche Sprünge es ausführt, welche Wörter es alsoüberliest, inwieweit Halt oder Sprung von der Bedeutung des Wortes, von seiner Position im Text, von sei­ner Gebrauchshäufigkeit abhängen. Untersucht wird auch, wie es um die geistige Verarbeitung des Gelesenen während des Lesens bestellt ist, wie Auge und Geist sich gegenseitig beeinflus­sen. Kliegl konnte nachweisen, dass sich man­che der dargestellten Vorgänge mathematisch beschreiben lassen, so dass die Entwicklung eines generellen Modells der Aufmerksamkeits­steuerung möglich ist.

Schon einLesemodell wäre zum Beispiel nütz­lich, um Leseschwächen bestimmter Schüler relativ genau zu diagnostizieren oder Zu­sammenhänge zwischen Lesen und Textverste­hen zu analysieren ein in der PISA-Studie zu Tage getretenes Problem. ak

Preis für Nachwuchsforscher

Der aus Moskau stammende Biophysiker Gleb Sukhorukov zählt zu den insgesamt 29 von der Humboldt-Stiftung Ausgewählten, die. Anfang des Jahres in Berlin den neu geschaffenen Sofja­Kovaleskaja-Preis erhielten. Bei dem Preis han­delt sich um ein Wissenschaftsprojekt, mit dem die Elite junger ausländischer Nachwuchswissen­schaftler nach Deutschland geholt werden soll. Sukhorukov wird für drei Jahre am Max-Planck­Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam arbeiten. An den Preis sind bis zu 1,2 Millionen Euro Fördergelder gebunden, die unter anderem zum Aufbau einer eigenen Nachwuchs­forschergruppe verwendet werden sollen. Red.

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