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(1.1.2019) 03
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Jenseits der Tradition

Gründung desPotsdam Center for Transatlantic Security and Military Affairs

Im Beisein von NATO-Generalsekretär George Robertson und Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping wurde Anfang März in Potsdam ein neues Forschungszentrum zu Fragen transatlanti­scher Sicherheits- und Militärpolitik eröffnet. Scharping ist zugleich Schirmherr und Ehrenvor­sitzender des Zentrums- gemeinsam mit dem frü­heren amerikanischen Außenminister und Natio­nalen Sicherheitsberater der USA, Dr. Henry A. Kissinger. Gründer und Direktoren sind die Indu­striemanagerin und Zeithistorikerin Prof. Dr. Margarita Mathiopoulos, die soeben eine Honorar­professur für Internationale Sicherheitspolitik an der Universität Potsdam erhielt, und Prof. Dr. Manfred Görtemaker, Inhaber der Professur für Neuere Geschichte. Mit ihm unterhielt sich Portal­Redakteurin Petra Görlich.

Welches waren die Ausgangsüberlegungen für die Gründung eines solchen Zentrums? Görtemaker: Unsere Überlegungen gingen davon aus, dass wir uns in Deutschland seit der Vereini­8 gung der beiden deut­schen Staaten in einer völ­lig anderen Situation be­finden. Vor 1989/90 trug die Bundesrepublik prak­tisch kaum Verantwortung im internationalen Be­reich. Heute ist Deutsch­land mit großen Erwartun­gen konfrontiert und kann sich den gewachsenen Verpflichtungen nicht mehr entziehen. Die deutschen Auslandseinsät­ze seit Anfang der 90-er Jahre in Kambodscha, Somalia, Bosnien, Mazedonien und im Kosovo sowie nach dem 11. September in Afghanistan zei­

Prof. Görtemaker

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In Potsdam versammelte

petenz: NATO-Generalse­kretär George Robertson (l.), Prof. Dr. Margarita

digungsminister Rudolf Scharping(r.).

gen dies mehr als deutlich. Allerdings sind wir darauf intellektuell immer noch nicht ausrei­chend vorbereitet, wir operieren gewissermaßen aus dem Tagesgeschäft heraus. Das kann auf Dauer so nicht bleiben. Deshalb brauchen wir grundlegende Studien zu Fragen der Sicherheits­und Militärpolitik.

Ihr Anliegen ist es vor allem, die Diskussion über sicherheitspolitische Fragen in die Öffentlichkeit zu bringen?

Görtemaker: Das ist uns sehr wichtig. Es geht darum, die Debatte nicht den Experten hinter verschlossenen Türen zu überlassen, sondern Öffentlichkeit zu schaffen Öffentlichkeit für Fragen, die zum Teil auch unbequem sind. Wie die Diskussionen dann ausgehen, ist dabei offen.

Die Ausrichtung Ihres Zentrums ist in Deutsch­land einzigartig. Weltweit nicht. Woran orientie­ren Sie sich?

Görtemaker: Es gibt eine ganze Reihe von Ein­richtungen dieser Art im Ausland. Vorwiegend natürlich in den USA, aber auch in Großbritan­nien und Frankreich. Dass es diese Institutionen dort seit langem gibt, liegt an der andersartigen Tradition außenpolitischen Denkens. In Deutsch­land selbst, Sie haben Recht, existiert ein Zen­trum mit dieser Ausrichtung nicht. Wohl aber Einrichtungen, die sich mit außenpolitischen Analysen beschäftigen, wie etwa die Stiftung Wis­senschaft und Politik oder die Deutsche Gesell­schaft für Auswärtige Politik. Im weiteren Sinne gehören dazu auch die fünf Friedensforschungs­institute, die es in der Bundesrepublik gibt.

Worin unterscheidet sich das Potsdamer Zen­trum von diesen?

sich militärpolitische Kom­

Mathiopoulos(m.), Vertei­

Uni Aktuell

www.uni-potsdam.de/portal /apro2/uniaktuell

Görtemaker: Ich selbst komme aus der Friedens­forschung. Damit habe ich mich in den 70-er Jahren viel beschäftigt. Was mich dabei haupt­sächlich störte, war die Politikferne. In der Regel wird sehr theoretisch gearbeitet. Wir haben einen anderen Zugang. Der ist politikorientiert, politiknah. Aber nicht in der Weise, dass wir uns abhängig machen. Deshalb auch die Mischfinan­zierung unseres Zentrums, die Unabhängigkeit gewährleistet.

Was hat eigentlich die Uni mit dem Zentrum zu tun?

Görtemaker: Nun, es gibt Berührungspunkte. Zum einen über die beiden Gründungsdirekto­ren, die zugleich Angehörige der Universität sind. Zum anderen durch das Einbeziehen der Professur für Militärgeschichte in unsere Arbeit. Die Hochschule beabsichtigt außerdem die Ein­richtung eines StudiengangesInternational Relations. Hierzu kann das Zentrum einen Bei­trag leisten.

Im Herbst geht die Arbeit definitiv los? Görtemaker: Ja. Die Arbeit hat bereits begonnen. Aber bis die inneren Strukturen endgültig ste­hen, wird es wohl noch einige Monate dauern. Zwischendurch werden wir einige kleinere Ver­anstaltungen abhalten. Im Herbst soll es jedoch mit einer größeren wissenschaftlichen Konfe­renz losgehen. Dazu hat auch Henry Kissinger seine Teilnahme zugesagt.

Mathiopoulos Honorarprofessorin

Neben Prof. Manfred Görtemaker ist Prof. Dr. Margarita Mathiopoulos Direktorin desPots­dam Center for Transatlantic Security and Milita­ty Affairs. Die Industriemanagerin und Zeithis­torikerin wurde 1957 in Bonn geboren. Sie stu­dierte Geschichte, Poli- 9

tikwissenschaften und Jura an den Universitä­ten Bonn, an der Sorbon­ne, in Harvard und Stan­ford. Sie promovierte 1986. Im Jahre 1995 wurde sie zur Honorar­professorin für US-Außenpolitik und Internatio­nale Politik an der Technischen Universität Braunschweig berufen. Seit Sommer 2001 ist sie als Geschäftsführende Gesellschafterin in der EAG European Advisory Group GmbH in Berlin tätig. Am 14. Februar 2002 wurde ihr von der Philosophischen Fakultät der Universität Pots­dam eine Honorarprofessur für Internationale Sicherheitspolitik verliehen. Red.

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