Heft 
(1.1.2019) 03
Einzelbild herunterladen

Titel

www.uni-potsdam.de/portal /apro2 /titel

mit dem Migrationshintergrund gilt auch dann noch, wenn der Einfluss des sozialen Status berücksichtigt wird. Wenn auch unzureichende Deutschkenntnisse leicht als eine Ursache des Leseversagens auszumachen sind, dürfen ande­re Leseprobleme dieser Gruppe nicht übersehen werden: Es ist anzunehmen, dass bei leseschwa­chen Kindern nicht-deutscher Muttersprache anhaltende Schwierigkeiten beim Segmentieren der gesprochenen Sprache in kleinere Einheiten wie Silben oder Phoneme ebenso häufig auftre­ten wie bei einsprachigen Kindern. Dies wird jedoch kaum je erfasst.

Analyse und Erwerb von Lesestrategien

Die Ursachen der Leseschwäche sind auf ver­schiedenen Ebenen zu suchen. Die soziale Be­dingtheit von Schulversagen und Versuche zur Kompensation sind seit den 70-er Jahren so langsam aus dem Bewusstsein entschwunden. Hier muss wieder angeknüpft werden. Daneben interessieren aber auch die Ursachen im Lese­prozess selbst: Warum kommt es zu einem unzureichenden Leseverständnis? Sind die grundlegenden Lesekompetenzen tatsächlich bei allen 15-Jährigen vorhanden, wie die PISA-Studie voraussetzt? Oder benutzen noch manche Schü­ler Ratestrategien, weil ihnen das Erlesen kom­plexer Wörter nicht gelingt? Fehlen Strategien zum Aufbau eines inneren Modells des Textes? Will der Leser überhaupt Informationen aus dem Text entnehmen?

Foto: Fritze

Wenn es mit dem Lesen

Harry Potter

Portal 3-4/02

klappt, klappts auch mit

Du hast gesagt, ich soll den Text lesen und nicht, dass ich wissen soll, was drin steht, sagte neulich ein vierzehnjähriger Gesamtschüler zu einer Studentin nach der Lektüre eines Textes aus dem Biologie-Buch. Das spricht Bände. Effektive höhere Lesestrategien sind prinzipiell vermittelbar. Die Wissenschaftlerinnen aus dem Lernbereich Deutsch bereiten hierzu derzeit eine Trainingsstudie vor. Lesestrategien müssen gezielt ausgewählt und den Schülerinnen und Schülern in ihrer Funktion einsichtig gemacht werden. Die Jugendlichen müssen selbst erfah­

Gerheid Scheerer-Neu­

ren, dass Informationsentnahme aus einem Text CGrundschulpädagogik/

leichter ist, wenn man nach einem anfänglichen Lernbereich Deutsch im Überfliegen gezielte Fragen an ihn richtet. Sie Institut für Grundschul­müssen lernen, dass ein Text nur dann Sinn pädagogik der

macht, wenn man ihn für sich selbst rekonstru- Universität Potsdam.

jert.

Und noch etwas: Leseinteresse weckt man bei schriftfernen Jugendlichen nicht durchKlassi­ker, die nur in ihrem historischen Kontext ver­ständlich sind, sondern durch lesernahe Texte, die die Lebenswirklichkeit und entwicklungsbe­zogene Emotionen und Wünsche widerspiegeln.

Gerheid Scheerer-Neumann

Kein Weltanschauungsfach

Zum Portal-Thema UnterrichtsfachLebensgestaltung, Ethik, Religionskun­de schrieb Prof. em. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Edelstein, Vorsitzender des Wis­senschaftlichen Beirats LER und Mitglied des Gründungssenates der Universität Potsdam:

In Portal, 2002(1-2), S. 39 erwähnen Sie diegeplante Einführung des Unterrichtsfaches Lebensgestaltung-Ethik-Religion. Wiesogeplant? LER wurde vor Jahren aufgrund entsprechender Gesetze beziehungs­weise Verordnungeneingeführt.... Anstoß nehme ich indessen vor allem an dem von Ihnen in der zitierten Textstelle verwendeten Begriff weltanschauliches Pflichtfach. Ein weltanschauliches Pflichtfach kann es im Rahmen der Verfassungsordnung und der geltenden Schulgesetze nicht geben. Der Vorschlag des Bundesverfassungsgerichts impliziert, dass LER kein Weltanschauungsfach ist, sonst könnte es trotz der offen­sichtlich als Konzession zur Befriedung entsprechender Interessen gemeinten Befreiungsmöglichkeit nicht im Prinzip als Pflichtfach für alle geltend gemacht werden. Wie man unschwer dem vom Wissen­schaftlichen Beirat veröffentlichten Gutachten(W. Edelstein u.a.: Lebens­gestaltung-Ethik-Religionskunde. Zur Grundlegung eines neuen Schul­fachs. Weinheim: Beltz 2001) entnehmen kann, ist LER nichtweltan­schaulicher als etwa Geschichte, Politische Bildung oder Biologie. Wie bei diesen handelt es sich um ein wissenschaftsbezogenes Unterrichts­fach, das explizit und formell zu weltanschaulicher Neutralität verpflich­tet- einen Beitrag zur Bildung von Wertbewusstsein und Urteilsfähig­keit leisten soll.

23

mann ist Professorin für

© £ 5 2 Sa & 5 2