Heft 
(1.1.2019) 03
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Titel

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Anti-Stress-Programm statt Autoritätsgehabe

Mehr soziale Kompetenzen und weniger Stress für Lehrer

Nicht erst seit PISA kennen alle den Schuldigen: den deutschen Lehrer. Anstatt dem Schüler beizu­bringen, wie man Probleme löst, trichtert er ihm Wissen ein, das er nicht lange behält. Anstatt ihm vernetztes Denken zu vermitteln, wird Faktenhube­rei betrieben. Vom Lehrer und der Lehrerin wird heute viel erwartet, nicht nur von den Eltern der Schüler, auch von deren späteren Arbeitgebern, die fordern, dass Schulabgänger berufsfähig sein sollen. Dazu gehören unter anderem die vielgepriesenen Schlüsselqualifikationen wie Kommunikations-, Konflikt- und Teamfähigkeit. Was aber ist, wenn den Lehrern selbst diese Fähigkeiten fehlen? Wer bringt sie ihnen bei?

it dem innovativen Trainingspro­MmCOPE ‚sollen angehende

Lehrerinnen und Lehrer an der Uni Potsdam lernen, mit Konflikten besser umzuge­hen und Stress produktiver zu verarbeiten. Denn:Eine Qualitätsverbesserung im Unter­richt erreicht man nur mit gesunden und zufrie­denen Lehrern!, davon ist Projektmitarbeiterin Dr. Helga Arold überzeugt. COPE ist einCoa­ching-Programm zum Erwerb sozialer und selbstregulatorischer Kompetenzen für den Leh­rerInnen-Beruf und wurde an der Humanwis­senschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam unter der Leitung der beiden Psychologie-Pro­fessoren Prof. Dr. Joachim C. Brunstein und Prof. Dr. Uwe Schaarschmidt entwickelt. Seit dem Beginn des Projekts vor zwei Jahren, das vom Innovationsfonds der Uni Potsdam und mit Mitteln des Hochschulsonderprogramms geför­dert wurde, haben fast 600 Lehramts-Studieren­de aller Fachrichtungen an den Kursen teilge­nommen.

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Es geht auch ohne Ner­

venpille. In einem Trai­ningsprogramm an der Uni Potsdam erlernen künftige Lehrerinnen und Lehrer den produkti­ven Umgang mit Stress.

Studierende als Coaches

Wir möchten, dass alle Lehramtskandidaten im Rahmen ihrer erziehungswissenschaftlichen Ausbildung einen solchen Kurs belegen kön­nen, betonen die Psychologieprofessoren. Ähn­liche Seminare gab es schon einmal an der Uni Potsdam, diese mussten aus Geldmangel einge­stellt werden. COPE sei wesentlich effizienter und ökonomischer, da man fortgeschrittene Psychologie-Studierende als Coaches einsetzt. Diese werden in einem mehrstufigen Prozess ausgebildet und erhalten damit eine zusätzliche Qualifikation. Deswegen ist Brunstein optimis­tisch, dass die Geldgeber das Projekt weiter finanzieren.

Wie die Evaluation zeigt, sind die Seminare sehr erfolgreich: Rund 62 Prozent aller Teilnehmer der Kommunikations-SeminareProKom hat­ten hinterher höhere soziale Kompetenzen. Wer dasContraStress-Programm durchlaufen hat, zeigte einesignifikante Steigerung der Distan­zierungsfähigkeit vom Stress, war ausgegliche­ner und zufriedener.Natürlich kann man in einem dreitägigen Blockseminar nicht die gesamte Persönlichkeit verändern, sagt Projekt­mitarbeiterin Dr. Gisela Mallwitz,aber wir kön­nen wichtige Anregungen geben. In Rollenspie­len kann man sich ausprobieren und wir schu­len die Selbstbeobachtung und Selbstreflexion der Teilnehmer.

Gemeinsam Konflikte lösen

Eine wichtige Fähigkeit gerade bei Konflikten mit Schülern sei es, umzuschalten und statt wei­terer Konfrontation wieder zuhören zu können. Brunstein und dessen Kollegen wünschen sich, dass Konflikte in der Schule von Lehrern und Schülern gemeinsam kommunikativ gelöst wer­den und nicht durch autoritäres Verhalten der Lehrer. Vorbild seien kooperative Führungsstile aus der Wirtschaft. Die Praxis zeige, dass die Schüler sich darauf einließen, wenn sie sich ernst genommen fühlten. Und sie können in sol­chen Prozessen tatsächlich etwas lernen: Kon­fliktfähigkeit und echte Kommunikation.

Martina Kretschmann

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