Heft 
(2021) 28
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den 1980er Jahren verstärkt betriebene Weidehaltung sank gleich nach 1990 um 60% rapide ab, stieg bis 1998 aber wieder auf 12.000 Tiere an( JUNGCURT et al. 2005). Dieser Trend setzte sich fort, und aktuell gra­sen etwa 20.500 Rinder im BR SW( Stand 2019; nach Daten BIOSPHÄRENRESERVAT SPREEWALD ). Mehr als 70% ( 205 km²) der landwirtschaftlichen Nutzfläche wer­den nach Methoden des ökologischen Landbaus be­wirtschaftet. Dies ist im Vergleich zum übrigen Land Brandenburg ( 11%) bzw. zum gesamten Bundesge­biet( 7%) ein herausragend hoher Wert!

Anders als der Gebietsname vermuten ließe, be­trägt der Waldanteil im BR SW nur 27%( Mittelwert für Brandenburg : 35%). Das BR SW ist vollständig Europäisches Vogelschutzgebiet( SPA; ABBO 2003, ZIM­MERMANN 2005), 27% der Fläche sind zudem als FFH­Gebiet( bzw. Naturschutzgebiet) ausgewiesen worden ( NOWAK 2020). Für Details zur naturräumlichen Aus­stattung siehe KRAUSCH( 1960), PETRICK et al.( 2011).

Der Bestand des Kiebitzes wurde zusätzlich auf einer über die Grenzen des Schutzgebiets weiter hi­naus reichenden Fläche seit 1996 komplett erfasst, nämlich im Wesentlichen derjenigen des Altkrei­ses Lübben ( 806 km²; Akrs., derzeit Teil des Krei­ses Dahme- Spreewald ). Dieser rein administrative Raumbezug ist faunistisch- historisch begründet( vgl. ABBO 2001). Beide Flächen überlappen sich zu einem erheblichen Teil: Knapp zwei Drittel der Fläche des BR SW( 298 km²) bedecken das Zentrum sowie den südlichen Rand des Altkreises Lübben ( Abb. 1). Die sich nach Westen bzw. Osten an die Flussniederung anschließenden Teilflächen des Altkreises( TF Akrs.; 508 km²) unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Nut­zung deutlich vom Biosphärenreservat. Sie sind von einem höheren Waldanteil( 47%) und dementspre­chend weniger landwirtschaftlicher Nutzfläche( 42%) geprägt. Auf diesen mehrheitlich grundwasserferne­ren Standorten beträgt der Grünlandanteil lediglich 10% und entspricht somit dem landesweiten Mittel­wert. Eine ausführlichere Beschreibung des insgesamt 983 km² großen Untersuchungsareals findet sich bei NOAH et al.( 2003); inkl. Flächenbilanz und Gebietskar­te; dort um 35 km² erweiterter Flächenbezug.

3 Methode und Datenmaterial Die Auswertung des Brutvorkommens basiert auf insgesamt 3.018 kartierten Revieren( 1995-2020).

Otis 28( 2021)

Sämtliche Zählungen zur Brutzeit wurden in allen Jahren nach einem identischen Schema durchge­führt und ausschließlich von mir vorgenommen. Bald nach Ankunft der ersten Kiebitze, etwa ab Mitte März( vgl. Abschnitt 5.2) wurde das gesamte BR SW in kurzen Abständen wiederholt flächenhaft kont­rolliert. Diese sogenannten Vorkontrollen umfassten zwischen 9 und 20 Tage, der Zeitaufwand betrug jährlich etwa 50 Stunden. Aus diesen Beobachtungs­gängen ergab sich stets ein sehr aktuelles und recht präzises Bild zur Verbreitung sowie zum brutbiolo­gischen Status. Die Haupterfassung( flexible Stich­tagzählungen) erfolgte üblicherweise wenige Tage, nachdem die ersten Kiebitze auf ihren Nestern ge­sehen wurden und der Durchzug abgeklungen war, also unmittelbar zu Beginn der Brutsaison( in der Regel Ende März bis Mitte April; s. Abschnitt 5.2). In dieser Phase haben Balzaktivitäten i. d. R. ihren Höhepunkt erreicht. Aufgrund der Vorkenntnisse über ungeeignet erscheinende Gebietsteile bzw. die Lage der Koloniestandorte konnte die Kartierung der Brutvögel rasch und effektiv durchgeführt werden. Prioritäres Ziel war es, unbedingt innerhalb weniger Tage das gesamte BR SW vollständig zu kartieren. Der zeitliche Rahmen schwankte in Abhängigkeit von mehreren Faktoren( z.B. Zahl und Lage der Ko­lonien, Umfang Vorkontrollen, Anzahl und Ausmaß potenziell geeigneter Brutflächen) zwischen 35 und 50 Stunden, wobei er sich auf maximal fünf aufei­nander folgende Tage ausdehnte. Dieses Vorgehen weicht vom definierten Methodenstandard einer Re­vierkartierung ab( SÜDBECK et al. 2005). Gründe für die spezielle Erfassungsweise waren die sich insbe­sondere zu Beginn der Brutzeit oft sehr schnell und dynamisch verändernden Rahmenbedingungen ( z.B. landwirtschaftliche Aktivitäten, Vegetations­entwicklung, schwankende/ rückläufige Wasserstän­de, Abwanderung; s. Abschnitt 4.1.5). Die Gefahr von Doppelzählungen durch Umsiedlungen sollte wei­testgehend eliminiert werden.

Daher wurden diese einmaligen Zählungen üblicherweise als Saisonbestand gewertet; nur in wenigen unklaren Fällen( z.B. einzelne Männchen, Überschuss von Weibchen in einer Kolonie) fanden innerhalb von maximal drei Tagen Folgekontrollen statt. Als Kolonie wird in dieser Arbeit eine räum­lich vom nächsten Brutvorkommen abgrenzbare Einheit(= Brutgemeinschaft) angesehen. Das gilt