geleges überhaupt erneut nach( SHRUBB 2007). In verschiedenen Studien umfasste der Anteil an insgesamt anwesenden Weibchen, die mindestens ein Nachgelege zeitigten, nur zwischen 49% und 66%, maximal waren es 83%( JACKSON& JACKSON 1975, PARISH et al. 1997, BERG et al. 1992, HEGYI& SASVARI 1998). Diese Erkenntnisse lassen saisonale Umsiedlungen über große Distanzen eher unwahrscheinlich erscheinen.
6.2
Rastvorkommen und Durchzug 6.2.1 Phänologie im Jahresverlauf
Der Kiebitz hat ein komplexes und kompliziertes Zugverhalten( IMBODEN 1974, DELANY et al. 2009, HEINICKE& KÖPPEN 2013, BAIRLEIN et al. 2014). Das Rastvorkommen umfasst vier verschiedene Phasen, die oft fließend ineinander übergehen: Heimzug, Frühsommerzug, eigentlicher Wegzug und Überwinterung( bzw. Überwinterungsversuche). Das Auftreten in Brandenburg erstreckt sich über alle Monate des Jahrs, und während der Zugzeiten ist der Kiebitz die mit großem Abstand häufigste Limikolenart( ABBO 2001).
Im Spreewald wurde rastenden und auch ziehenden Kiebitzen eine besondere Aufmerksamkeit zuteil, aber standardisierte Zählungen ließen sich nicht lückenlos realisieren. Aus der relativen Häufigkeit der Art ergab sich dennoch eine beträchtliche Stichprobengröße. Das im Spreewald ermittelte Muster des Auftretens deckt sich weitgehend mit den Angaben bei RYSLAVY& MÄDLOW( ABBO 2001), wobei im Spreewald der Wegzuggipfel etwas ausgeprägter ist als jener in den Referenzgebieten.
Vergleichbare Darstellungen zum Rastvorkommen aus anderen Regionen Brandenburgs sind mir nicht bekannt, doch wären erhebliche regionale Unterschiede bei dieser in breiter Front über Mitteleuropa ziehenden Art( z. B. IMBODEN 1974, DELANY et al. 2009) kaum zu erwarten. Beispielsweise unterscheidet sich die Phänologie des Rastvorkommens in Baden- Württemberg ( HÖLZINGER& BOSCHERT 2001) nur unwesentlich von den in Brandenburg gesammelten Erkenntnissen. Die Datenreihen der hier zitierten Quellen endeten etwa um die Jahrtausendwende. Etwa seit diesem Zeitpunkt setzte im Spreewald eine stark negative Bestandsentwicklung ein, die alle drei Zugphasen( Heimzug, Frühsommerzug u. Wegzug) gleichermaßen betraf und zu einer Reduktion des Rastvorkommens um jeweils etwa 80%(!) geführt hat. Ob der im Spreewald festge
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stellte drastische Rückgang ein regionales Phänomen ist oder einen größeren Raum erfasst hat, lässt sich derzeit nicht überblicken. Trotz einer umfangreichen Literaturrecherche und Befragungen diverser Vogelbeobachter und Ornithologen ließ sich nur eine spärliche Zahl weiterer Auswertungen zur Bestandsentwicklung der Rastzahlen finden.
Gegenwärtig deuten sich auch in anderen Regionen Rückgänge an. In den Rieselfeldern Münster blieben die Rastvorkommen über 45 Jahre stabil ( KEPP& HARENGERD 2016), nach dem Jahr 2000 zeichnete sich jedoch eine Bestandsreduktion während des Wegzugs ab( FELDMANN et al. 2013). Aktuell wurde ein fast völliger Zusammenbruch der herbstlichen Rastbestände im ostholsteinischen Hügelland gemeldet( Koop 2021). Bei koordinierten Zählungen im weiten Küstensaum des Wattenmeers zeigte sich kurzfristig( 1987/88 bis 2016/17) kein negativer Trend: In Dänemark blieb das Vorkommen während der Zugzeiten unverändert; in den Niederlanden und in Schleswig- Holstein nahm es tendenziell leicht zu, in Niedersachsen und Hamburg hingegen moderat ab( KLEEFSTRA et al. 2019). Der Kiebitz ist in der„ Roten Liste Wandernder Vogelarten Deutschlands " in der Vorwarnliste eingestuft( HÜPPOP et al. 2013).
Der Hauptgrund für den Rückgang des Kiebitzes in Westeuropa sind erwiesenermaßen zu geringe Reproduktionswerte; die Überlebensrate der Altvögel blieb in großen Teilen des Verbreitungsgebiets seit den 1960er Jahren konstant( SOUCHAY& SCHAUB 2016, PLARD et al. 2019). Diese Tatsache verblüfft angesichts der hohen Opferzahlen in Westeuropa . Aktuell wird der Kiebitz noch in fünf EU - Staaten bejagt( Frankreich , Spanien , Malta , Italien , Griechenland )- ungeachtet der Tatsache, dass die Art in zahlreichen nationalen und internationalen Roten Listen erscheint( GRÜNEBERG et al. 2015, BIRDLIFE INTERNATIONAL 2015).
Im Jagdjahr 2013/14 summierten sich die Abschüsse innerhalb der Europäischen Union auf ca. 215.000 Ex., wobei in Frankreich 96.361 bzw. in Spa nien 11.277 Kiebitze getötet wurden( HIRSCHFELD& ATTARD 2017). Da auf diese in Schwärmen auftretende Art meist mit Schrot geschossen wird, sind zudem zahlreiche angeschossene und erst später verstorbene Vögel zu befürchten( HIRSCHFELD& ATTARD 2017). Völlig unklar ist ferner die Größenordnung nicht gemeldeter Beute. In Frankreich wurden 1998 noch 435.760 Kiebitze geschossen, was einer Verringerung