Heft 
(2021) 28
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Noah: Das Vorkommen des Kiebitzes Vanellus vanellus im Spreewald 1995-2020

geleges überhaupt erneut nach( SHRUBB 2007). In ver­schiedenen Studien umfasste der Anteil an insgesamt anwesenden Weibchen, die mindestens ein Nachgele­ge zeitigten, nur zwischen 49% und 66%, maximal waren es 83%( JACKSON& JACKSON 1975, PARISH et al. 1997, BERG et al. 1992, HEGYI& SASVARI 1998). Diese Er­kenntnisse lassen saisonale Umsiedlungen über große Distanzen eher unwahrscheinlich erscheinen.

6.2

Rastvorkommen und Durchzug 6.2.1 Phänologie im Jahresverlauf

Der Kiebitz hat ein komplexes und kompliziertes Zug­verhalten( IMBODEN 1974, DELANY et al. 2009, HEINICKE& KÖPPEN 2013, BAIRLEIN et al. 2014). Das Rastvorkommen umfasst vier verschiedene Phasen, die oft fließend ineinander übergehen: Heimzug, Frühsommerzug, eigentlicher Wegzug und Überwinterung( bzw. Über­winterungsversuche). Das Auftreten in Brandenburg erstreckt sich über alle Monate des Jahrs, und wäh­rend der Zugzeiten ist der Kiebitz die mit großem Ab­stand häufigste Limikolenart( ABBO 2001).

Im Spreewald wurde rastenden und auch zie­henden Kiebitzen eine besondere Aufmerksamkeit zuteil, aber standardisierte Zählungen ließen sich nicht lückenlos realisieren. Aus der relativen Häu­figkeit der Art ergab sich dennoch eine beträchtli­che Stichprobengröße. Das im Spreewald ermittelte Muster des Auftretens deckt sich weitgehend mit den Angaben bei RYSLAVY& MÄDLOW( ABBO 2001), wobei im Spreewald der Wegzuggipfel etwas ausgeprägter ist als jener in den Referenzgebieten.

Vergleichbare Darstellungen zum Rastvorkommen aus anderen Regionen Brandenburgs sind mir nicht bekannt, doch wären erhebliche regionale Unterschiede bei dieser in breiter Front über Mitteleuropa ziehenden Art( z. B. IMBODEN 1974, DELANY et al. 2009) kaum zu erwarten. Beispielsweise unterscheidet sich die Phä­nologie des Rastvorkommens in Baden- Württemberg ( HÖLZINGER& BOSCHERT 2001) nur unwesentlich von den in Brandenburg gesammelten Erkenntnissen. Die Datenreihen der hier zitierten Quellen endeten etwa um die Jahrtausendwende. Etwa seit diesem Zeitpunkt setzte im Spreewald eine stark negative Bestandsent­wicklung ein, die alle drei Zugphasen( Heimzug, Frühsommerzug u. Wegzug) gleichermaßen betraf und zu einer Reduktion des Rastvorkommens um jeweils etwa 80%(!) geführt hat. Ob der im Spreewald festge­

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stellte drastische Rückgang ein regionales Phänomen ist oder einen größeren Raum erfasst hat, lässt sich derzeit nicht überblicken. Trotz einer umfangreichen Literaturrecherche und Befragungen diverser Vogelbe­obachter und Ornithologen ließ sich nur eine spärliche Zahl weiterer Auswertungen zur Bestandsentwicklung der Rastzahlen finden.

Gegenwärtig deuten sich auch in anderen Regi­onen Rückgänge an. In den Rieselfeldern Münster blieben die Rastvorkommen über 45 Jahre stabil ( KEPP& HARENGERD 2016), nach dem Jahr 2000 zeich­nete sich jedoch eine Bestandsreduktion während des Wegzugs ab( FELDMANN et al. 2013). Aktuell wur­de ein fast völliger Zusammenbruch der herbstli­chen Rastbestände im ostholsteinischen Hügelland gemeldet( Koop 2021). Bei koordinierten Zählungen im weiten Küstensaum des Wattenmeers zeigte sich kurzfristig( 1987/88 bis 2016/17) kein negativer Trend: In Dänemark blieb das Vorkommen während der Zugzeiten unverändert; in den Niederlanden und in Schleswig- Holstein nahm es tendenziell leicht zu, in Niedersachsen und Hamburg hingegen moderat ab( KLEEFSTRA et al. 2019). Der Kiebitz ist in der Ro­ten Liste Wandernder Vogelarten Deutschlands " in der Vorwarnliste eingestuft( HÜPPOP et al. 2013).

Der Hauptgrund für den Rückgang des Kiebit­zes in Westeuropa sind erwiesenermaßen zu geringe Reproduktionswerte; die Überlebensrate der Altvögel blieb in großen Teilen des Verbreitungsgebiets seit den 1960er Jahren konstant( SOUCHAY& SCHAUB 2016, PLARD et al. 2019). Diese Tatsache verblüfft angesichts der hohen Opferzahlen in Westeuropa . Aktuell wird der Kiebitz noch in fünf EU - Staaten bejagt( Frankreich , Spanien , Malta , Italien , Griechenland )- ungeachtet der Tatsache, dass die Art in zahlreichen nationalen und internationalen Roten Listen erscheint( GRÜNE­BERG et al. 2015, BIRDLIFE INTERNATIONAL 2015).

Im Jagdjahr 2013/14 summierten sich die Ab­schüsse innerhalb der Europäischen Union auf ca. 215.000 Ex., wobei in Frankreich 96.361 bzw. in Spa­ nien 11.277 Kiebitze getötet wurden( HIRSCHFELD& ATTARD 2017). Da auf diese in Schwärmen auftretende Art meist mit Schrot geschossen wird, sind zudem zahlreiche angeschossene und erst später verstorbe­ne Vögel zu befürchten( HIRSCHFELD& ATTARD 2017). Völlig unklar ist ferner die Größenordnung nicht gemeldeter Beute. In Frankreich wurden 1998 noch 435.760 Kiebitze geschossen, was einer Verringerung