Heft 
(2021) 28
Seite
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Köhler: Beobachtungen an Fichtenkreuzschnäbeln und Nachweise vom Bindenkreuzschnabel... 107

Abb. 6: Bindenkreuzschnabel Weibchen( rechts). Die weißen Endbinden der Schirmfedern sind auf einem an­deren Foto erkennbar. Links: Kreuzschnabel der rubrifa­sciata Aberration( Aufnahmedatum: 29.12.17).

Two- barred Crossbill L. leucoptera female( right). The white end bars of the tertiaries are visible in other photos. Left, a rubrifasciata aberration.

unter Zuhilfenahme des Schnabels im Gezweig zum Ziel. Das erinnerte, wie bereits BREHM( 1853) berich­tete, an kletternde Papageien.

An die Fichtensamen gelangten die Kreuzschnä­bel auf verschiedene Weise: Die Vögel klammerten sich kopfabwärts an die Zapfen und holten durch Öffnen der Schuppen die Samen heraus, entfernten den Samenflügel und fraßen den Samen. Im zweiten, bevorzugten Fall trennten die Vögel die hängenden Zapfen vom Zweig ab, zogen diese auf einen fast waa­gerechten Ast, um dort die Zapfen zu bearbeiten. Dies war in ca. 80% der Beobachtungen der Fall( n= 41). Die Zapfen werden direkt an der Basis vom Zweig abgetrennt und nicht selten verbleibt ein Nadelkranz an den Zapfen. Teilweise wird beim Abtrennen der Zapfen mit einem Fuß gehalten und der lose Zapfen am Ende mit dem Schnabel gefasst. Fliegend bringen ihn die Kreuzschnäbel auf einen nahen, tiefer gele­genen Zweig. Die Zapfenschuppen der obenliegen­den Seite wurden geöffnet, nach Samen durchsucht und zum Abschluss wurde der Zapfen losgelassen. Ein Drehen des bearbeiteten Zapfens konnte nicht beobachtet werden. Seltener beförderten die Kreuz­schnäbel ihren Zapfen flügelschlagend auf dem Ast zur Astspitze, um ihn dort zu bearbeiten. Für längere Transporte in der Luft ergriffen sie die Zapfen in der Mitte und trugen ihn meist waagerecht zum Zielort. Die ca. 13 g schweren Zapfen bereiteten den Vögeln keine Schwierigkeiten. Wenn ein Schwarm zwei bis drei Stunden gefressen hatte, dokumentierten die zahlreichen am Boden liegenden Zapfen ihre Anwe­

Abb. 7: Fichtenkreuzschnabel vor dem ausgewählten Fichtenzapfen. Der Vogel im Hintergrund zeigt das рара­geienhafte Klettern der Kreuzschnäbel.

Red Crossbill before working on the spruce cone. The bird in the background displays the Crossbill's parrot- like climbing method.

senheit. Nie suchten die Kreuzschnäbel solche Zap­fen nochmals auf.

4.2 Interspezifisches Verhalten- Kommensalismus

An manchen Tagen begleiteten die fressenden Fich­tenkreuzschnäbel kleine Trupps( 2 bis 4 Expl.) von Erlenzeisigen Carduelis spinus oder einzelne Tan­nenmeisen Periparus ater. Gegenüber Artgenossen und zu den beiden Arten war ein Individualabstand von schätzungsweise 10 cm festzustellen. Aggressive Interaktionen gegenüber den beiden kleineren Arten konnten nicht beobachtet werden. Im Herbst sind die Zapfenschuppen noch eng anliegend und die Samen für die Zeisige und Tannenmeisen schwer erreichbar, sodass die beiden Arten aus dem Fressverhalten der Kreuzschnäbel profitieren können. Einzelne Birken­zeisige Carduelis flammea suchten am Boden nach herabgefallenen Samen. Die Kreuzschnäbel flogen gelegentlich gemeinsam mit den Zeisigen in umste­hende Laubbäume, um dort ihre Gefiederpflege zu betreiben.

4.3 Agonistisches Verhalten

Teilweise waren die Fichtenkreuzschnäbel unterei­nander sehr aggressiv, wobei eine charakteristische Lautäußerung, ein gutturales Fauchen, wie, chr chr chr" zu vernehmen war. Beim Drohen öffneten die Vögel weit ihren Schnabel und fauchten den Art­