Heft 
(2021) 28
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Während der Invasionen stiegen mit durch­schnittlich x= 1.325,1 Lc/ Jahr die Meldungen um das 7,5 fache gegenüber den 22 invasionsfreien Jah­ren( x= 177,1 Lc/ Jahr) an. Bei den kleinzahligen Gruppen dieser Jahre handelte es sich vermutlich um Vertreter regionaler Vorkommen, denn die Art ist ein regelmäßiger Teilzieher( GATTER& GATTER 2019) und Brutvogel in Brandenburg ( RYSLAVY et al. 2011).

Der Ablauf der Invasion 2017/2018 gestalte­te sich ähnlich dem Einflug 1993/1994: Auf einen langsamen Anstieg bis zum Scheitelpunkt folgt ein langsamer Abfall der Individuenzahlen. Hinge­gen war der Verlauf der dritten größeren Invasion 1990/1991 deutlich gleichförmiger, ohne den be­schriebenen Kurvenverlauf. Der Ablauf der Inva­sion 2017/2018 folgte im Beobachtungsgebiet im Wesentlichen, wenn auch auf niedrigerem Niveau, dem des gesamten Stadtgebiets. Lediglich die ab­rupte Verringerung der anwesenden Vögel, vermut­lich infolge der Silvesterfeuerwerke, weicht vom Gesamtverlauf ab.

Die Zusammensetzung der sich im Beobach­tungsgebiet aufhaltenden Vögel zeigte ein Überwie­gen weibchenfarbiger Fichtenkreuzschnäbel. Bei den Invasionen kann es zum Überwiegen der Weibchen kommen, da diese mit den Jungvögeln häufiger Wan­derungen unternehmen( MÜNCH 2003).

5.2 Verhalten

Regelmäßig begannen die Kreuzschnäbel ihren Aufenthalt mit dem Anflug der höchsten Fichte. Der Baum besaß eine ausladende Krone und überragte die umgebenden Bäume deutlich. Dadurch gewährte dieser Landeplatz den Vögeln eine gute Rundum­sicht. SUMMERS& PROCTOR( 1999) beobachteten eben­so eine Bevorzugung größerer, höherer Kiefern. Die Fichtenkreuzschnäbel verließen die Wipfelregion der Blaufichten nur selten und wenn, taten sie dies mit größter Vorsicht. Auf die Annäherung größerer Vögel, ab Buntspechtgröße, reagierten sie umgehend mit Flucht. Anflüge von C. cornix führten zum Ver­lassen des Nahrungsplatzes an diesem Tag.

Die Fichtenkreuzschnäbel bevorzugten die Zap­fen waagerecht auf den Ast zu legen und dann die Samen hervorzuholen. Der tägliche Nahrungsbedarf beträgt ca. 2.100 Fichtensamen( 5,9 g) nach Un­tersuchungen in NW- Russland ( KOCHANOV& GAJEV

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1970, zit. MÜNCH 2003). SUMMERS( 2018) ermittelte für Fichtenzapfen eine Ausnutzung der Samen von 42%. Ein Zapfen enthält 300 bis 500 Samen( 1 bis 1,8 g). Legt man dies zugrunde, so muss ein Fichtenkreuz­schnabel etwa 14 bis 16 Zapfen/ Tag ernten, um die erforderliche Nahrungsmenge zu erhalten. Offen­bar ist es für die Vögel nicht profitabel, diese relativ leicht zu bearbeitenden Zapfen der Blaufichte völlig auszufressen, wie dies Kiefernkreuzschnäbel bei den schwierigeren Zapfen der Bergkiefer Pinus mugo tun ( SUMMERS 2018). Bei dem geringen Ausnutzungs­grad der Fichtenzapfen ist verständlich, dass die den Kreuzschnäbeln folgenden Erlenzeisige erfolgreich Nachlese halten können.

5.3 Auftreten heller Flügelbinden

Fichtenkreuzschnäbel können mit mehr oder weni­ger ausgeprägten Flügelbinden angetroffen werden. BREHM( 1853) betrachtete Fichtenkreuzschnäbel mit rötlichen, gelblichen oder weißen Flügelbinden als die separate Art Grosser rothbindiger Kreuzschna­bel, Crucirostra rubrifasciata". Er schreibt, dass die angedeuteten Binden im Alterskleid nicht wie beim Fichtenkreuzschnabel verschwinden würden. Be­reits BONAPARTE& SCHLEGEL( 1850) sahen diese als eine Variation des Fichtenkreuzschnabels, der sie den Namen L. c. rubrifasciata gaben. Je ein Exemplar des von BREHM gesammelten rubrifasciata- Materials ist bei MAUERSBERGER( 1976) und bei ROSLAAR( 2014) abgebildet. Beide Vögel besitzen relativ schmale Flügelbinden auf den großen Armdecken. Hingegen ist auf der Abbildung des von Brehm zugesandten Männchens bei BONAPARTE& SCHLEGEL( 1850) eine breite Flügelbinde dargestellt. Gegenwärtig wird die Art" als Aberration oder Variation angesehen, kenntlich an 1 bis 2,5 mm breiten Endbinden auf den großen und/ oder mittleren Armdecken und mitunter auch auf den Schirmfedern. Ihr Anteil bei gefangenen Fichtenkreuzschnäbeln wird mit selten, < 1% angegeben( GÖTHEL 1969, BERTHOLD& SCHLEN­KER 1982, HARRIS et al. 1991, CRAMP& PERRINS 1994, GluTZ v. BLOTZHEIM& BAUER 1997, MÜNCH 2003, STARKE & WEBER 1987). MAUERSBERGER( 1976) geht davon aus, dass die Aberration anscheinend nicht besonders selten auftritt eine Aussage, die weitere Autoren vertreten( s. HAFFER 1997). Bekannt ist, dass Jungvö­gel häufig weiße Federsäume zeigen, die sich jedoch

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