Heft 
(2021) 28
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Otis 28( 2021)

als Gäste bei uns so viel häufiger auftreten und warum Steppenweihen inzwischen keine Irrgäste mehr, sondern regelmäßige Durchzügler sind. Und man kann Neuansiedlungen wie etwa die der Step­penmöwe nun in einen internationalen Rahmen stellen. 2007 war ein Prognoseatlas zu den Auswir­kungen des Klimawandels auf die Vogelverbreitung veröffentlicht worden. Tatsächlich bewegen sich viele Änderungen im Rahmen dieser Prognosen, aber es gibt auch Gegenbeispiele. Darauf wird im Text häufig eingegangen.

Beim deutschen ADEBAR- Atlas war die Model­lierung der große Schwachpunkt- man konnte sie eigentlich nur als gescheitert ansehen. Im Europa - At­las ist das deutlich besser gelungen. Die berechneten Antreffwahrscheinlichkeiten stimmen bei großräu­miger Betrachtung in vielen Fällen recht gut mit den Häufigkeitskarten überein. Angesichts der Tatsache, dass sie auf einer anderen Datenbasis beruhen als die Atlasdaten ist das schon recht bemerkenswert. Trotz­dem fällt es mir schwer, in den Modellierungskarten einen Mehrwert zu erkennen. Denn eigentlich sollen sie doch wohl dazu dienen, feiner aufgelöste Ergeb­nisse zu liefern, die in den Häufigkeitskarten durch das relativ grobe Raster einerseits und die ziem­lich großen Häufigkeitsklassen andererseits nicht dargestellt werden. Dafür sind sie aber doch nicht verlässlich genug. Im Detail gibt es eben nicht wenige Abweichungen zwischen Modellierung und Häufigkeitskarte zu viele, um ersterer wirklich als zuverlässige Informationsquelle zu vertrauen. Beim Grünfink etwa stimmen Häufigkeitsschwerpunkte und Antreffwahrscheinlichkeiten überhaupt nicht überein. Auch bei Detailbetrachtungen gibt es Un­stimmigkeiten. Ein Beispiel: In der fein aufgelösten ADEBAR- Kartierung gab es in Deutschland beim Gartenrotschwanz ein deutliches Häufigkeitsgefälle von Nord nach Süd. In der grob aufgelösten Häufig­

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keitskarte im Europa - Atlas ist dies wenigstens noch andeutungsweise zu erkennen- dagegen zeigt die Modellierungskarte über ganz Deutschland hinweg eine weitgehend einheitliche Antreffwahrschein­lichkeit. Es gibt auch Beispiele bei denen das bes­ser passt, aber es bleiben immer die Zweifel an der Richtigkeit der Modellierung. Insofern befremdet es, wenn die Modellierungskarten in den Texten so be­handelt werden als zeigten sie feststehende Tatsachen und nicht Hypothesen. Interessant ist, welche der 40 Klima- und Lebensraumvariablen, auf denen die Modellierung beruht, sich bei den einzelnen Arten als entscheidend für Verbreitung und Häufigkeit gezeigt haben. Das wird häufig( aber nicht durchgängig) in den Arttexten angegeben.

Einig weitere kleinere Kritikpunkte gibt es auch. So finde ich die Farbwahl in den Karten nicht glück­lich. Die Farben liegen so dicht beieinander, dass es oft schwierig ist, sie den Häufigkeits- oder Brutsta­tusgruppen zuzuordnen, und die Häufigkeitsverläu­fe zeichnen sich weniger deutlich ab als es möglich wäre. Das ist im ADEBAR deutlich besser gelungen. Und es ist nicht immer verständlich, nach welchen Kriterien die Karten ausgewählt wurden. So ist ne­ben der Modellierungskarten beim Schwarzmilan die Häufigkeitskarte, beim Rotmilan dagegen die wenig aussagekräftige Brutstatuskarte abgedruckt. Schade, denn gerade bei dieser Art wäre es gut ge­wesen, die Schwerpunktvorkommen direkt aus den erfassten Daten ablesen zu können und sich nicht auf die Modellierung verlassen zu müssen.

Ungeachtet dessen ist dieser Atlas ein grandioses Werk. Ornithologinnen und Ornithologen, die über den Tellerrand ihres eigenen Gebietes gucken möch­ten, werden ihn mit viel Freude und großem Gewinn lesen.

Wolfgang Mädlow