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Sonderheft 6, Henry H. H. Remak: Der Weg zur Weltliteratur: Fontanes Bret-Harte-Entwurf
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er ihn durch Einsatz all seines Ersparten retten will und schließlich ihn wenigstens begräbt. Dies kann Vorkommen. Aber der Fehler liegt hier darin, daß unsre Sympathien, unsre Mitgefühle falsch engagirt werden. Etwa wie in Paul Clifford. 16 Dies ist eine entzückende Figur. Es ist aber ein unerlaubtes Operiren unser Herz für ihn zu interessieren oder ihn uns glänzend, verlockend auszustaffiren. So schlimm ist es hier nicht. Aber wir sehen das Beste was der Mensch hat: seine Liebe, falsch adressirt. Man hat ein Gefühl der Ungehörigkeit, über das nur das große Erzähler­geschick hinwegtäuscht.

Mit Brown v. Calaveras steht es ähnlich. Auch hier wird unser Gefühl nicht ganz für den richtigen Mann in Anspruch genommen. Wir sollen einen Quasi-Cavalier bewundern. Dürfen wir dies aber? er will mit der Frau durchbrennen, unterläßt es aber, weil die Karte dafür, der Stern dagegen ist. Die Flucht unterbleibt. Dies soll uns imponieren; darf es doch aber eigentlich nicht. Zu dem, ganz abgesehen von der moralischen Ver­schiebung, glaubt man nicht recht daran. Solche rücksichtslosen Naturen thun nichts halb. Man hat das Gefühl: er wird es doch wohl gethan haben, oder er kannte die Dame schon zur Genüge, oder er hat sich besonnen. Wir sollen aber glauben: edlere Regungen haben hier gesiegt, und dies glauben wir nicht.

(Blatt 20)

Die mißlungen gefühlvolle Gruppe.

Miggles.

Es geht eine Kutsche zwischen Marysville und North Fork. (Nun die Geschichte in Kürze). Dann nachweisen, daß ein derartiges Stylitenthum mindestens unglaubhaft ist. Möglich ist alles. Aber daß ein junges schönes Weib von sinnlich üppigem Wesen und Wandel sich 6 Jahre lang in die Einöde setzt, nur beschützt durch einen Bären, der ihr Jagdhund ist und nur beschäftigt einen durch einen Nervenschlag nervengestörten Imbecilen zu pflegen, ist wider die menschliche Natur. Es kann Vorkom­men, aber auch dann noch würde ein Satz Goethes passen:ich seh es, aber ich glaub es nicht.

(Blatt 21) Wir legen uns zuletzt die Frage vor: haben sie überhaupt eine weitergehende Bedeutung, haben sie etwas Erfrischendes, Befruchten­des, Reformirendes, Geist und Gesinnung Forderndes [hr: Förderndes?) in sich? Worauf ich mit der vollsten Ueberzeugung antworte: nein. Sie sind in diesem Sinne ganz bedeutungslos; bedeuten sie aber doch etwas, ein weniges, so ist diese Bedeutung nicht gerade [f geworden] vom Guten, sondern eher vom Uebel. Nun dies ausführen, [hr: Ende des Manuskriptes.]

VIII

Verhältnis von Typoskript zu Manuskript

Kleine Abweichungen zwischen Typoskript (TS) und Manuskript (MS) haben wir im vorangehenden Text markiert. An einem Orte nur folgt die Reihenfolge des TS der Paginierung des MS nicht. Nach Blatt 10 im MS (Seite 6 im TS): 2. Charakterisirung:Wir haben ihren Werth... erst die

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