IX
Verhältnis von Manuskript und Typoskript zu der Fassung bei Reuter (1969) und in der Nymphenburger Ausgabe (1974)
Wie konnte es geschehen, daß die Reutersche Veröffentlichung des Bret- Harte-Entwurfes (1969) 1 und die Nymphenburger Ausgabe (1974) 2 weitgehend von der Anordnung des MS und des TS abweichen? Dafür gab es gute Gründe. Erstens hielt R zur Zeit seines Kommentars (1969) das Original von „Bret Harte“ für „verschollen“. 3 N wußte bereits, daß sich das MS in meinem Besitz befand; es stand ihr aber nicht zur Verfügung, da ich schon damals die Absicht hatte, es mit Kommentar zu veröffentlichen. 4 Zweitens wußten weder R noch N, daß das Manuskript paginiert war. Es ist also verständlich, daß sie die Anordnung des TS nicht zu ernst nahmen, zumal einige Schreibfehler im TS nicht korrigiert sind. 5 Drittens wenden sich R und N auch an allgemein an Literatur interessierte Leser, nicht nur an Philologen, und es ist durchaus verständlich, daß sie einem „lesbar, sinnvoll, geordneten Text“ den Vorzug gaben. 6
Für uns kann es sich natürlich nur darum handeln, den Text so wiederzugeben, wie er im Manuskript steht. Mannigfache Gründe, warum wir der Paginierung des MS, von wem sie auch stammt, trauen können, haben wir bereits angeführt. Das Manuskript spiegelt eine bestimmte, noch frühe Etappe der Entwicklung des Aufsatzes wider, besitzt somit alle Vorzüge und Nachteile eines Stadiums des Schaffensprozesses, vertritt das Werden eines literaturkritischen Werkes aus der Feder eines Dichters. Bestimmt hätte Fontanes endgültiger Aufsatz, ganz abgesehen von der Ausführung von Schemen, nicht an allen Aspekten der Disposition oder der zeitweiligen und zum Teil noch unentschiedenen Anordnung festgehalten. Da diese Etappe die letzte sein sollte, bleibt uns nichts anderes übrig, als sie, in all ihrer Unvollkommenheit, aber auch ihrer Lebendigkeit und Intelligenz, der Nachwelt zu überliefern.
Um dem Leser ein ungefähres Bild der Dispositionsunterschiede zwischen MS und R zu geben, füge ich dieses vergleichende Schema bei:
Reuter (Nymphenburg)
MS
[I. Dispositionen] 7 1—7
Seite 1, zweite Hälfte
1. Einleitung — 8. Schlußbetrachtung
Seite 5
1. Deskriptive Gruppe 1—4
Seite 11
[II] Charakterisierung
Seite 10
(„Wir haben ihren Wert...
Seite 10
Vergleichung.) „Es ist
ein Beschreibungstalent...
Seite 12
Verwerflichen.“
„Das Gefühlvolle ... stirbt
Seite 2, Seite 3
dann auch bald.“
„Man kann also sagen: ...
Seite 7
und Miggles.“
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