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Sonderheft 6, Henry H. H. Remak: Der Weg zur Weltliteratur: Fontanes Bret-Harte-Entwurf
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Ziehung in seinem Werk durchaus nicht wählerisch), und die im Grunde nur ein Vorwand ist für die Mitteilung von intelligenten und interessanten Gedanken über England und Amerika, ganz in aphoristischer Form, die Fontane so liebt. Es ist an der Zeit, bei aller Bewunderung und Liebe für Fontane gegen die übertriebene Aufwertung eines Erzählers zu protestieren, der oft gewisse Schemen und Topoi der Unterhaltungsliteratur übernimmt und sich sicherlich dagegen gewehrt hätte, seine kleinen Schwächen als versteckte Stärken auf­poliert zu sehen. Die Bemerkungen über England in der kleinen Geschichte sind übrigens sehr abgewogen, keineswegs unkritisch, und die hier ausnahmsweise stark pro-amerikanischen Beobachtungen müssen als Teil der Kritik an England betrachtet werden, welche hier englische antidemokratische Tendenzen tadelnd hervorhebt, wohingegen in Hinsicht derEbenbürtigkeit Amerika beispielhaft ist:Das stammt alles von drüben, das ist modern, ist amerikanisch. Und jede neue Wahrnehmung davon erquickt mich (Im Coupe, Theodor Fontane, Sämt­liche Werke, München, Hanser, 1966, V, 415). Ein weiterer Grund, warum hier (keineswegs überall) Fontane dem Amerikanismus das Wort redet, liegt wahr­scheinlich in den Berichten, die Paul Lindau von seiner Reise in die USA aus Anlaß der Eröffnung der Nördlichen Paziflkbahn im Herbst 1883 mit nach Hause gebracht hatte:Tm Coupe stammt aus dem Jahre 1884, und 1885 besprach Fontane Lindaus Aus der Neuen Welt im Magazin für die Literatur des In- und Auslandes, XXV, 389392, (wieder abgedruckt in der Nymphenburger Ausgabe von Fontanes sämtlichen Werken, Band 18, 1972. S. 592602). Das von Lindau in diesem Buch vermittelte und von Fontane sich zu eigen gemachte Bild Amerikas ist weitgehend wenn auch nicht ausschließlich positiv, erfrischend, humorvoll, einnehmend.

9 Text und Kommentar in der Nymphenburger Ausgabe, Literarische Essays und Studien, Zweiter Teil, hrsg. von Kure Schreinert, Rainer Bachmann, Peter Bram- böck und Hans-Heinrich Reuter, 1974, S. 328330, 934935. Siehe Werner Hoff­meister,Der realistische Gesellschaftsroman bei Theodor Fontane und William Dean Howells: Eine deutsch-amerikanische Parallele, Fontane-Blätter, III, Nr. 8 (Nr. 24 der Gesamtreihe), 1976, 600607 (siehe auch weiter unten).

9a Dichter über ihre Dichtungen: Theodor Fontane, hrsg. von Richard Brinkmann und Waldtraud Wiethölter, München, Heimeran, 1973, II, 810, schreibt den Roman Arabella Stuart, dessen Verfasser Fontane alsMr. James bezeichnet, irrtümlich Henry James zu. Vielmehr ist der Autor der Engländer George Payne Rainsford James (1799-1860), dessen Arabella Stuart. Romance from English History aus dem Jahre 1844 stammt (siehe Fontanes Brief an Heinrich Kruse vom 25. Novem­ber 1888 in Theodor Fontane, Briefe an die Freunde, Letzte Auslese, Berlin, Grote, 1943, hrsg. von Friedrich Fontane und Hermann Fricke, II, 446, 660, und Helmuth Nürnberger, Der frühe Fontane, Politik, Poesie, Geschichte. 1840 bis 1860, Hamburg, Wegner, 1967, S. 127).

10 Friedrich Gerstäcker, Verfasser der Regulatoren in Arkansas (1845) und vieler anderer Amerikaromane und Reisebeschreibungen; Balduin Möllhausen, Autor von mehr als vierzig Romanen, Erzählungen und Reisebeschreibungen, die in Nordamerika spielen (Veröffentlichungen von 1858 bis 1905): Rudolf Lindau (18291910) und sein Bruder Paul Lindau (18391919), weitgereiste Schriftsteller. Siehe Anmerkung 8.

11 Siehe Hermann Fricke, Emilie Fontane, Rathenow, 1937, S. 1013.

12 Theodor Fontane, Bilderbuch aus England, hrsg. von Friedrich Fontane, Berlin, Grote. 1938.

13 Fontanes Eindrücke (S. 146-149) sind alles andere als schmeichelhaft für die Zuvorkommenheit der amerikanischen Besatzung, und doch kommt er zu der für England beunruhigenden Schlußfolgerung,daß die junge Kraft rascher wächst als die alte (S. 149).

14 DerTennysonaufsatz mit den Schlußfolgerungen über Longfellow liegt ge­druckt vor in der Nymphenburger Ausgabe von Fontanes sämtlichen Werken, Literarische Essays und Studien, l. Teil, 1963, S. 425-441 (über Longfellow, S. 440 bis 441).

15 Der Originalbrief befindet sich als dauernde Leihgabe im Archiv der J. K. Lilly Rare Book and Manuscript Library der Indiana University. Bloomington, Indiana, USA.

16 Berlin und Weimar, Aufbau, 1969, S. 368-375.

17 Christa Schultze hat sieben dieser zwölf Stichworte zum ersten Mal in ihrem AufsatzTheodor Fontanes frühe Begegnung mit der russischen Literatur, Zeitschrift für Slawistik VIII (1963), Nr. 3, S. 345 f., veröffentlicht. In der um­gearbeiteten Fassung dieses Artikels, der unter dem Titel:Theodor Fontane und die russische Literatur in den Fontane-Blättern, Heft 2, 1965, S. 40-55, erschienen