Heft 
(2023) 30
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Möckel: Zehn Jahre Wiederansiedlung des Auerhuhns im Forst Hohenbucko

Sichtungen( MöCKEL 2023a). Da die Art in Bran­ denburg nicht mehr bejagt wird, können dafür keine Abschusszahlen herangezogen werden.

In der Rochauer Heide scheint die Art zu­zunehmen( Abb. 30). Allerdings schwankt die Zahl der Nachweise von Jahr zu Jahr stark( Trend nicht signifikant). Während der Brutzeit des Au­erhuhns( Mai bis Juli) war die Art im Rahmen des Fotofallenmonitorings im Mittel mit 1,4 Re­gistrierungen pro Monat und Fotofalle vertreten, maximal mit 2,3.

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Diskussion

Die Wiederansiedlung in einem Gebiet ausgestor­bener Tiere ist komplex. Deshalb ist die Umsetzung fortlaufend zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. In den letzten Jahren wurden beim hier betrachteten Vorhaben Fang und Transport schwedischer Wildfänge soweit perfektioniert, dass die Translokationen zuletzt nahezu verlustfrei erfolgten. Die freigelassenen Auerhühner lebten sich gut in ihrer neuen Heimat ein. Während der Pilotstudie betrug die mediane Überlebensdauer 189 Tage, die mittlere jährliche Überlebensrate 34%( ZIMMERMANN& THIELEMANN 2018). Zu­letzt waren es 430 Tage Überlebensdauer und 50% Überlebensrate( A. Zimmermann mdl.). Vergli­chen mit anderen Vorhaben( SCHROTH 1991, SI­ANO et al. 2006, UNGER& KLAUS 2013, MERTA et al. 2013) sind dies ausgesprochen gute Werte. Der bislang älteste Auerhahn- BA32330- lebte in der Niederlausitz mindestens 3 ½ Jahre( 1.310 Tage), eine Henne CA16309 mindestens vier Jahre und elf Monate( 1.800 Tage).

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Der Fang der Auerhähne erwies sich als schwierig. Deshalb wurde auf die Methode born to be free" zurückgegriffen. Die meisten der so ausgewilderten Vögel lebten sich ebenfalls gut ein. Zwei Auerhähne BA33174 und BA33177- erreichten ein Alter von mindestens vier Jahren, die älteste Henne CA15551 mindestens zwei Jahre. Folglich wurden die Auerhühner rund um Finsterwalde in Lebensräume gebracht, die ihren Ansprüchen zumindest genügten. Im Jahr 2017 schätzte man ihre Anzahl auf 61 bis 83( RYSLAVY & PUTZE 2021).

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Ob eine Wiederansiedlung gelingt, entscheidet vor allem der Bruterfolg. In Thüringen bewegten

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sich nach KLAUS& THÜMMEL( 1984) die Gesper­regrößen im Juli zwischen drei und acht Küken ( im Mittel 5,5), von August bis Oktober zwischen drei und sechs( im Mittel 4,6). In Finnland wurden für Ende August im Mittel 4,1 Küken pro führen­de Henne ausgewiesen( LINDEN 1981, zit. nach KLAUS et al. 1986). Andere Autoren benennen eine deutlich niedrigere Reproduktion. In der Slowakei ermittelte SANIGA( 2002) im Juni durchschnittlich 2,9 Küken pro führende Henne( maximal sieben), im August/ September 2,2( maximal sechs). WEG­GE& ROLSTAD( 2011) fanden in Norwegen 2,6 und KAUKALA et al.( 2000) in Finnland 2,3 bis 2,9 Kü­ken pro führende Henne. Nach Moss& OSWALD ( 1985) schwankt in Schottland der Bruterfolg von Jahr zu Jahr stark( im Juli 1,4 Küken pro führende Henne im regenreichen Sommer 1981, aber 3,4 im niederschlagsarmen Jahr 1978). Im mehrjährigen Durchschnitt waren es Ende August aber nur 1,8 Küken pro führende Henne, der dortige Bestand stark rückläufig( Moss 1994). Die zuletzt von BAI­NES et al.( 2004) für Schottland genannten 2,3 Kü­ken decken sich annähernd mit unseren Befunden ( 2,9 im Juni, 2,1 im September).

Das kontinuierliche Verschwinden von Kü­ken( beim Schlupf 37 g Körpergewicht, KLAUS et al. 1986) im Verlauf der Aufzucht( Abb. 15) muss nicht auf Prädation zurückgehen. Verantwortlich dafür könnte auch ein Mangel an Insekten im Wald sein( BAINES et al. 1996, BERTHOLD 2021). Die Jungen großer Vögel, wie Groẞtrappe Otis tarda und Auerhuhn, müssen bis zum Herbst auf 90% ihres späteren Gewichts als Altvogel kom­men( Henne um 2 kg, Hahn über 4 kg, ZEILER 2001). In den ersten vier Wochen geschieht dies allein durch Aufnahme von Insekten. Hennenkü­ken brauchen dafür 55 Tage, Hahnenküken 100 Tage( ZEILER 2001). Wenn Insekten im Juni/ Juli nicht in ausreichender Menge zur Verfügung ste­hen, verhungern die Küken in den ersten Tagen nach dem Schlupf.

In der Feldflur ist ein gravierender Insekten­schwund auf Grund des Einsatzes immer wirk­samerer Insektizide belegt( LANGGEMACH et al. 2019). Hier sterben deshalb junge Rebhühner Per­ dix perdix ( MÖCKEL 2023b). In den letzten Jahren hat die Insektenbiodiversität auch in den Wäldern stark abgenommen( KRATZ& LUDWIG- SIDOW 2021). Andererseits kommt es in den naturfernen