112 Erklärung dafür dürfte eine seit Jahren praktizierte ganzjährige Fütterung mit Fleischabfällen auf einem Privatgrundstück in Horstnähe sein, die offenbar dazu führte, dass die Störchin ihr Wanderungsverhalten änderte und vom Fernzieher zum Standvogel wurde. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein analoges Verhalten(mindestens) eines weiteren Storches, der sich bereits seit dem Winter 2019/20 im selben Gebiet Zachow/Gutenpaaren–Tremmen–Ketzin/Havel aufhält und in inzwischen fünf Jahren regelmäßig auch die genannte sowie eine weitere gelegentlich angebotene Futterstelle aufsucht. Da er keinen Ring trägt, ist eine Zuordnung zu einem Horst oder Brutpartner nicht möglich. Übernachtungen dieser Winterstörche wurden auf verschiedenen Horsten in der o. g. Region festgestellt. Fischadler Pandion haliaetus Hiddensee BA 009850+ gelber Farbring GL Dass Fischadler bis ins hohe Alter erfolgreich reproduzieren können, belegen die Ablesungen des o. g. Männchens an seinem Brutplatz in der Klosterheide bei Banzendorf/Lkr. Ostprignitz-Ruppin durch H. Lange. Beringt am 17.07.1998 bei Ribbeck/Lkr. Havelland als Nestling auf einem Gittermast durch G. Lohmann, wurde er erstmals im Juli 2002 und(bislang) letztmalig am 10.05.2023 (9.063 Tage nach dem Beringungsdatum) an seinem Brutplatz auf einer Kiefer abgelesen, wo er 2023 mit einem unberingten Weibchen drei Nestlinge aufzog. Lediglich 2014, 2015, 2019 und 2020 gelang dort keine Ablesung. Bis zu seinem 25. Lebensjahr zog er insgesamt 37 Nestlinge auf – vorausgesetzt, er war auch an der 2020 registrierten Brut beteiligt, bei der eine Ablesung offenbar nicht gelang, wobei der Vogel mindestens einen Wechselhorst errichtete und nutzte. Nur zweimal scheiterte die Brut, und in nur zwei Jahren blieb das Männchen unverpaart. Im Archiv der Beringungszentrale Hiddensee ist dies derzeit der älteste Fischadler(C. Herrmann, schriftl. Mitt.). Drei andere Vögel erreichten jeweils ihr 24. Lebensjahr (max. 8.755 Tage, BA 8290, Weibchen mit 1 Jungvogel im Horst). Noch älter wurden zwei finnische Fischadler, die nach 26 Jahren und 11 Monaten bzw. 26 Jahren und einem Monat wiedergefunden wurden(Fransson et al. 2017). Otis 30(2023) Wiedehopf Upupa epops Hiddensee NA 229685 Im östlichen Brandenburg beringte Wiedehopfe ziehen in ihre Überwinterungsgebiete in südöstliche Richtung ab. Fernfunde in Bulgarien, Griechenland und Albanien dokumentieren diesen Zugweg(Köppen& Scheil 2001, Köppen 2009). Rückmeldungen weiter westlich beheimateter Wiedehopfe weisen eher auf einen Abzug über Frankreich nach Südwest hin(Bairlein et al. 2014). Diese durch Deutschland verlaufende Zugscheide hat, ähnlich wie beim Weißstorch, einen mehr oder weniger breiten Übergangsbereich und ist recht unscharf. Das verdeutlicht auch der genannte Ringträger. Er wurde am 19.07.2022 als Nestling in der Döberitzer Heide/Lkr. Havelland von R. Stein beringt. Sein Leben endete leider durch die Kollision mit einem Straßenfahrzeug am 03.10.2022 bei Montijo(Portugal), 2.274 km WSW von seinem Geburtsort. Dohle Coloeus monedula Hiddensee IA 201294+ blauer Farbring X 822 Dohlen sind in Brandenburg Jahresvögel. Einblicke in die raum-zeitlichen Aufenthalte und Bewegungsmuster ermöglicht das 2011 eingeführte Farbberingungsprogramm(Köppen et al. 2016). Neben Verbleib an oder in der Nähe des Geburtsortes und Verstreichen über kurze und mittlere Distanzen kommt es offenbar nur sehr selten zu Abwanderungen über große Entfernungen, wie bisher nur ein Fernfund aus Belgien belegt(Bairlein et al. 2014). Ziehenden bzw. rastenden osteuropäischen Dohlen und Saatkrähen, die in Richtungen um West bis Südwest quer durch Brandenburg zogen, schlossen sich die heimischen Dohlen offenbar nicht an. Der am 20.05.2022 von A. Grohmann in Linum/Lkr. Ostprignitz-Ruppin beringte Nestling wurde am 02.03.2023 in Maastricht/Limburg(Niederlande) nach Kollision mit einer Glasfläche in 538 km WSW tot gefunden. Es ist der zweite Fernfund dieser Art. Auf Grund der Zugrichtung und der großen Distanz spricht dies mehr für Kurzstreckenzug als für Verstreichen im Rahmen von Dispersalbewegungen von Vögeln im ersten Lebensjahr.
Heft
(2023) 30
Seite
112
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