Aktuelles aus der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg 141 Weitere wichtige Vorträge betrafen die Fördermaßnahmen in der jetzigen GAP-Förderperiode (I. Kirchner, MLUK) sowie Maßnahmen des natürlichen Klimaschutzes. Das große Potenzial solcher Maßnahmen im Rahmen des finanziell gut ausgestatteten„Aktionsprogramm(s) natürlicher Klimaschutz“ für den Wiesenbrüterschutz stellten L. Landgraf und J. Thormann dar. Am Ende der Tagung stand die Frage„Wie weiter?“. Es ist klar, was zu tun wäre, um das regionale Aussterben einer ganzen Artengruppe abzuwenden. Es ist aber auch klar, dass die bisherigen personellen und finanziellen Kapazitäten dazu bei weitem nicht ausreichen. Insofern ist dringend an die Politik zu appellieren, kurzfristig die entsprechenden Rahmenbedingungen herzustellen, bevor auch die Restbestände unserer Wiesenbrüter verschwunden sind. Zu den Wiesenbrüterarten, um die man sich in Brandenburg am meisten sorgen muss, zählt der Brachvogel. Nur noch in den beiden Großtrappengebieten„Havelländisches Luch“ und „Belziger Landschaftswiesen“ kann man überhaupt noch von Beständen reden – in den letzten Jahren kamen hier drei Viertel der verbliebenen 23–25 Brutpaare des Landes Brandenburg vor. Die Art profitiert anscheinend von den Maßnahmen zugunsten der Großtrappe, aber ebenso wie bei dieser ist es wichtig, möglichst jeden Brutplatz zu kennen und gemeinsam mit der Landwirtschaft zu schützen. Damit der Brachvogel nicht nach Kampfläufer(2007) und Uferschnepfe(2022) die nächste in Brandenburg aussterbende Wiesenlimikolenart ist, wurde in den letzten Jahren eine zunehmende Zahl Nester(2023: elf) mit Zäunen gegen Prädation durch Raubsäuger gesichert. Dies erfolgte in den Belziger Landschaftswiesen durch D. Block, N. Eschholz und J. Becker und im „Havelländischen Luch“ durch A. Grohmann und M. Horny, verstärkt jeweils durch ehrenamtliche Helfer und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Bundesfreiwilligendienst. Kein Zufall ist es, dass es im dritten Großtrappengebiet, dem„Fiener Bruch“, auf brandenburgischer Seite ohne Schutzmaßnahmen seit 2005 keine brütenden Brachvögel mehr gibt(Ryslavy& Putze 2021), während auf der betreuten sachsen-anhaltinischen Seite des Gebiets noch Brutpaare vorkommen(Fischer& Dornbusch 2021). Im Havelländischen Luch erfolgten nach intensiven Verhandlungen mit dem Wasser- und Bodenverband sowie kooperierenden Landwirten auch Maßnahmen zum Wasserrückhalt. Die erfolgreichen Bemühungen in den 1990er und frühen 2000er Jahren waren seinerzeit zum Erliegen gekommen, da sich auch bei vorhandener Kooperationsbereitschaft eines Teils der Landwirte letztlich jene durchsetzten, die eher niedrige Wasserstände favorisierten. Nach etlichen Jahren zunehmender Austrocknung werden nun wieder Teilflächen bis weit in die Brut- und Aufzuchtzeit feucht gehalten, worauf neben dem Brachvogel auch 2021 der Wachtelkönig und 2022 die Knäkente mit Brutansiedlungen reagierten. Für den Brachvogel erhöhten all diese Bemühungen deutlich die Schlupfrate, allerdings wurde auch deutlich, dass es weiterer Anstrengungen bedarf, um auch die nach dem Schlupf sehr mobilen Familien zu schützen, beispielsweise bei anstehenden Mahdterminen. Hier waren dann wieder die personellen Kapazitäten limitierend – die Erfolgskontrolle war nur stichprobenhaft möglich, und dadurch konnten nur in Einzelfällen Abstimmungen mit den Landwirten erfolgen. Um eine Population stabil zu halten, müssen nach dem Review von Viana et al.(2023) 0,69 juv. je Brutpaar flügge werden. Davon sind wir weit entfernt! Die bisherigen lokalen Bemühungen, die nicht nur in der Dienstzeit, sondern auch darüber hinaus erfolgten, sind daher bei weitem nicht ausreichend, den Bestand des Brachvogels im Land zu retten. Eine ausführlichere Darstellung erfolgte durch Horny et al.(2022). Der Rotmilan spielt gegenwärtig in Deutschland eine zentrale Rolle bei der Diskussion um Windkraftanlagen. Hintergrund sind das kleine Weltverbreitungsgebiet der Art und die internationale Verantwortung Deutschlands(Nipkow 2005, Aebischer 2009, Keller et al. 2020), aber auch die hohen Verluste, die durch die brandenburgische Vogelschutzwarte in ihrer gesamtdeutschen Datenbank dokumentiert sind(Dürr 2023). Daher erschien es sinnvoll und wichtig, die erste Auswertung der Verlustursachen beim Rotmilan (Langgemach et al. 2010) zu aktualisieren. Insgesamt 602 Verluste standen anhand standardisierter Fundprotokolle zur Verfügung, die getrennt für Jungvögel bis zur Ästlingsphase(n=176) und flügge Vögel aller darauffolgenden Altersklassen (n=426) analysiert wurden.
Heft
(2023) 30
Seite
141
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten