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Als führender märkischer Avifaunist trat bereits früh Herman SCHALOW hervor. Bereits als Jugendlicher begeisterter Feldornithologe im Berliner Umland, entwickelte er sich autodidaktisch zum Sammler und Kenner ornithologischer Literatur. Ab 1871 sammelte er gezielt Beobachtungsdaten über die Vogelwelt Brandenburgs und publizierte gemeinsam mit BAU 1876 eine ausführliche Übersicht über die märkische Avifauna. Das war die erste zusammenfassende Vogelfauna seit der „ Fauna marchica“ von Johann Heinrich SCHULZ 1845. Weitere zusammenfassende Arbeiten über die Vogelwelt Brandenburgs lieferte er 1881, 1885 und 1890, bevor sich seine ornithologischen Interessen zunächst Fragen der Vogelsystematik und der exotischen Formenvielfalt zuwandten.
Neben den oben genannten, bereits von SCHALOW( 1919) ausführlich gewürdigten Persönlichkeiten gab es einen Kreis von Ornithologen und Eiersammlern um Hermann HOCKE( 18441910), den ALEX( 2011) näher beschreibt. Neben den Sammlungen waren zahlreiche Mitteilungen über die brandenburgische Vogelwelt, die unter anderem in der von HOCKE 1891 begründeten „ Zeitschrift für Oologie“ erschienen, Ergebnis ihrer Aktivitäten. ALEX( 2011) schildert, wie Exkursionen damals aussahen. Mit den Vorortbahnen fuhren die Eiersammler in die Stadtrandgebiete und unternahmen von dort lange Fußmärsche. Exkursionen erfolgten oft in kleinen Gruppen, manchmal in Begleitung bezahlter Kletterer, die Greifvogelhorste besteigen und ausnehmen sollten. Aus Furcht vor konkurrierenden Eiersammlern ( etwa Arthur von TRESKOW) galt strenge Geheimhaltung bis hin zur Geheimniskrämerei. Beliebte Exkursionsziele waren beispielsweise der Sarnow bei Oranienburg , der Brieselang bei Spandau , die Waldgebiete bei Potsdam , die Löcknitzniederung bei Erkner und die Dubrow bei Königs Wusterhau sen . Bei mehrtägigen Ausflügen in weiter entfernte Gebiete wurden Übernachtungsmöglichkeiten vor Ort wahrgenommen.
Zusammenfassend lässt sich über die Zeit zwischen 1850 und 1900 konstatieren, dass die Ornithologie in Brandenburg , vor allem ausgehend von Berlin und den dortigen ornithologischen Vereinigungen, die durchaus deutschlandweit Bedeutung besaßen, begann sich zu etablieren und Zeugnisse
Otis 30( 2023) Sonderheft
der Tätigkeit zu liefern. Hervorheben muss man neben den Anfängen der avifaunistischen Erhebungen im Land vor allem die umfangreiche Sammeltätigkeit von Vogelpräparaten und Eiern durch die meisten der damals in Erscheinung getretenen Ornithologen. Viele solcher Sammlungen landeten schließlich in den Museen und bilden heute noch wichtiges Studienmaterial, andere verschwanden jedoch auch spurlos. Außerdem war es damals üblich, fremde Länder zu bereisen, so dass die eigentliche Heimat manchmal zu kurz kam. Andererseits erweiterten solche Reisen natürlich den Horizont der Vogelkundler, und so finden wir immer wieder philosophische Betrachtungen, manchmal auch völlig abwegige, über die Vorkommen der Vögel. Mit Fug und Recht darf man die zweite Hälfte des 19. Jahrhundert als die Gründerzeit der wissenschaftlichen Ornithologie in Brandenburg bezeichnen, wohl nicht nur für dieses Land.
Der Weg jedenfalls war bereitet, endlich einmal zusammenfassend die Avifauna der Mark zu beschreiben!