Heft 
(2023) 30. Sonderheft
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Kalbe und Mädlow: Zur Geschichte der brandenburgischen Ornithologie

die Groẞtrappe. Zahlreiche Publikationen über die Vogelwelt der Mark entstammen seiner Feder.

ZU SCHALOWS Avifauna lieferte HESSE( 1920) eine kritische Ergänzung mit Daten, die Ersterem entgangen waren.- HESSE war als Nachfolger des Leiters der ornithologischen Abteilung des Ber­ liner Naturkundemuseums Anton REICHENOW vorgesehen, dessen Pensionierung 1921 anstand. Er muss jedoch eine schwierige Persönlichkeit gewesen sein, die nach Beschreibung eines Zeit­genossen auf alle Kollegen und alle Mitglieder der D.O.G. abstoßend" wirkte( H. SACHTLEBEN, in HAFFER 1997). Im letzten Moment wurden die Pläne geändert und Erwin STRESEMANN als Nach­folger REICHENOWs berufen. Hesse übernahm die Spinnenabteilung des Museums und veröffentlich­te fortan nur noch gelegentlich ornithologische Notizen über die Mark- und wenn, dann meist in der Zeitschrift der bayerischen Ornithologen, die damals in einer offenen Konkurrenzbeziehung zu der von Berlin aus gesteuerten D.O.G. standen.

Die märkischen Avifaunen regten zu ver­gleichbaren Publikationen für Mecklenburg­Vorpommern( KUHK 1939, Nachdruck 2012), Nordwestsachsen( SCHLEGEL 1925) und Ostpreu­Ben( TISCHLER 1941) an. Vor allem Erstere ist auch für Brandenburg insofern nicht unbedeutend, als in der nördlichen Grenzregion, in der südmeck­

2.4 Die Ornithologie zwischen den Weltkriegen RUTSCHKE( 1983) schreibt vielleicht berechtigt, dass nach Erscheinen der Avifauna SCHALOWS die Liste der in Brandenburg vorkommenden Vogelarten im Wesentlichen abgeschlossen war und nur noch Nachlese zu einzelnen Vorkom­men zu betreiben sei. Es verlagerten sich die Ak­tivitäten weg von der Museumsornithologie" mit der Sammlungstätigkeit, Oologie und der Beschreibung der Morphologie der Arten hin zu feldornithologischen Tätigkeiten und zu ersten Ansätzen im Vogelschutz. Mehr und mehr rück­ten Laienornithologen in den Vordergrund, die über ihre Beobachtungen in zahlreichen Beiträgen berichteten. Eingeschlossen, auch vor dem Hinter­grund von auffälligen Landschaftsveränderungen mit erkennbarem Einfluss auf die Bestände, waren Untersuchungen zur Fortpflanzungsbiologie ein­heimischer Arten, aber auch zu deren Verhalten.

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Abb. 24: Erich HESSE 1918, profilierter Feldornitholo­ge und Entdecker der Vogelwelt der Luchlandschaften. Foto: Museum für Naturkunde Berlin ( HBSB, ZM Orn 86_2 HesseE).

lenburgischen Seenplatte, die in Teilen zu Bran­ denburg gehört, die Verbreitung der Vogelarten ziemlich gleichartig sein sollte.

Dies stand zeitweise stärker im Vordergrund als die reine Faunistik. Drei Namen stehen für diese Entwicklung: Erwin STRESEMANN , Ludwig SCHUS­TER und Oskar HEINROTH .

Erwin STRESEMANN ( 1889-1972) trat mit der Übernahme der Ornithologischen Abteilung des Zoologischen Museums der Universität Berlin im Jahr 1921 in den Vordergrund der Ornithologie. Er führte dieses Fachgebiet zu einer selbständigen Wissenschaft und darf wohl mit Recht als Gründer einer neuen biologischen Ornithologie"( HAFFER et al. 2004) bezeichnet werden. Seine Tätigkeit bezog sich dabei nicht nur auf Brandenburg oder Berlin , sondern war für ganz Deutschland weg­weisend. Er scharte zahlreiche Ornithologen aus Deutschland , aber auch aus dem Ausland um sich. Der Aufschwung der Ornithologie in dieser Zeit