Heft 
(2023) 30. Sonderheft
Seite
34
Einzelbild herunterladen

34

Abb. 25: Erwin STRESEMANN , Leiter der Ornithologi­ schen Abteilung des Berliner Naturkundemuseums und Papst der Ornithologie. Foto: Museum für Na­ turkunde Berlin ( HBSB, ZM Orn 150_1 StresemannE).

wäre ohne seine Ausstrahlung undenkbar. Ab 1922 übernahm er führende Stellungen in der D.O.G., bis zum Ende des zweiten Weltkrieges als deren Generalsekretär und ab 1949 als Präsident, bis zum Lebensende als Ehrenpräsident. Ab 1922 war er Herausgeber des Journals für Ornithologie" und 1927-1934 veröffentlichte er das Werk Aves " als Teilband des Handbuches der Zoologie. Darüber

Otis 30( 2023) Sonderheft

hinaus publizierte er um 700 wissenschaftliche Beiträge, betreute zahlreiche Dissertationen und engagierte sich in mehreren internationalen Ge­sellschaften und Gremien. So erwarb er sich den Ruf eines Papstes der Ornithologie, nicht nur in Deutschland . Ihm ist die Rettung der wertvollen Bibliothek des Naturkundemuseums( die Scha­low- Bibliothek war im Museum verblieben) in den Kriegswirren genauso zu verdanken wie der Schutz der unwiederbringlichen Vogelsammlung des Museums. Unschätzbar ist der Einfluss STRE­SEMANNS aber auch auf die Ornithologen Bran­ denburgs ; sie hatten immer die Möglichkeit, den Professor in seinem Arbeitszimmer zu besuchen und erhielten somit die Chance auf Anleitung und Rat. Das nutzten in dieser Zeit viele jüngere Vo­gelkundler.

Seine besondere Rolle ergab sich dann nach dem Krieg, als Berlin in die Westsektoren und den Ostteil aufgeteilt wurde; er wirkte im Naturkunde­museum als Kustos bis 1961 weiter fort, obwohl er in West- Berlin wohnte. In dieser Zeit schuf er noch zwei seiner wichtigsten Werke über Die Mauser der Vögel"( 1966) zusammen mit seiner Ehefrau Vesta STRESEMANN und Die Entwicklung der Or­nithologie von ARISTOTELES bis zur Gegenwart" ( 1951).

Oskar Heinroth ( 1871-1945) war in erster Linie der Fortpflanzungsbiologie der Vögel und der ver­gleichenden Verhaltensforschung in der Ornitho­logie verbunden. Seiner ersten Ehefrau Magdalena HEINROTH ( 1883-1932) war er im Naturkunde­ museum Berlin begegnet. Als Direktor des Aqua­riums des Zoologischen Gartens Berlin ( ab 1913)

Ich selbst hatte die Ehre und das Vergnügen, Erwin STRESEMANN persönlich nach 1960 kennen­zulernen. Erich RUTSCHKE hatte meine Frau und mich zu einer kleinen Feier anlässlich seines Habilitations- Abschlusses gebeten. Was ich vorher nicht wusste, er hatte auch seinen Doktorvater und dessen Frau Vesta eingeladen, die, damals aus West- Berlin mit dem Auto anreisend, was durchaus nicht so unproblematisch war, auch tatsächlich der Einladung Folge leisteten. Euge­ niusz NOWAK ( 2005) beschreibt den Besuch genüsslich", nachdem er die Stasiakte RUTSCHKES studiert hatte. Dass auch Familie KALBE daran teilnahm, erwähnt hat er das nicht; entweder hatte es die Stasi übersehen, was man kaum glauben mag, oder NowAK, den ich damals schon kannte, hielt das nicht für so wichtig.

Unabhängig davon verbrachten wir sechs einen sehr interessanten Abend, wohl auch deshalb, weil STRESEMANN sich als humorvoller Erzähler und charmanter Gesellschafter herausstellte, keinesfalls abgehoben gegenüber einem jüngeren Hobbyornithologen.( L.K.)