Heft 
(2023) 30. Sonderheft
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Kalbe und Mädlow: Zur Geschichte der brandenburgischen Ornithologie

Flankiert wurden die Festlegungen durch die Ver­abschiedung der Direktive Nr. 6 des Staatlichen Komitees für Forstwirtschaft aus dem Jahr 1969, die den Wasservogelschutz regelte, durchaus im Sinne einer Aufwertung des Naturschutzes und der Ornithologen, auch wenn einzelne Bestimmungen gegen die Auffassung der Zentrale aufgenommen worden waren. Immerhin wurden Wasservogel­schongebiete etabliert und Beauftragte für den Wasservogelschutz in jedem Bezirk berufen( KAL­BE& NAACKE 2012). Tatsächlich wurde mit der Di­rektive der Wasservogelschutz insgesamt gesehen deutlich verbessert und beispielsweise die Jagd auf Wasservögel geregelt. Aus heutiger Sicht kaum noch denkbar, wurde u. a. festgelegt, dass zu den Terminen der Internationalen Wasservogelzählun­gen und in NSG die Jagd ruhen musste und dort, wo sie erlaubt war, insgesamt gesehen deutlich ein­

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geschränkt wurde. Außerhalb dieser Regeln blieb lediglich eine Abstimmung mit den sowjetischen Jägern, die in dafür festgelegten Jagdgebieten die Jagd ausübten, teilweise auch in FNB. Dazu muss­te eine gesonderte Vereinbarung mit der Führung der sowjetischen Verwaltung getroffen werden.

Für Brandenburg und Berlin wurden folgende Gebiete als FNB benannt: Stechlinsee und benach­barte Seen, Kremmener Luch, Havelniederung zwischen Brandenburg und Rathenow , Rietzer See, Felchowsee, Werbellinsee und Grimnitzsee, Parsteiner See, Kossenblatter Seen, Rieselfelder Hobrechtsfelde ( Berlin ), Neuendorfer See, Flach­landspeicher Bräsinchen( Talsperre Spremberg).

Außerdem war die Zentrale maßgeblich an der Ausarbeitung erster Vorschläge für Important Bird Areas" in der DDR beteiligt( NAACKE 1989, RUTSCHKE& NAACKE 1991).

Es lässt sich nicht verheimlichen, dass es in den 1960er Anfangsjahren durchaus Spannungen zwischen den führenden Köpfen der Ornithologie in Brandenburg , zwischen Heinrich DATHE und Erich RUTSCHKE gab. Das entsprang wohl in erster Linie einer gewissen Konkurrenz. DATHE verfolgte mit seiner Forschungsstelle im Tierpark ähnliche Ziele wie RUTSCHKE mit der Zentrale für die Wasservogelforschung. Auch beim Großtrappenschutz waren zunächst die Bemühungen des Tierparks eingeschränkt erfolgreich, die Vögel mit Eiern der ausgemähten Gelege nachzu­züchten. Diese Spannungen blieben glücklicherweise aber eine kurzzeitige Erscheinung. Beide bemühten sich um Kooperation und Zusammenarbeit. Das belegt u. a. das Gutachten DATHES über den Feuchtgebietskatalog. Für die Ornithologie selbst war die Situation durchaus positiv zu bewerten; sie wurde dadurch eher gefördert. Für mich mit guten Beziehungen zum Haus DATHE" und Wolfgang GRUMMT vom Tierpark einerseits und Erich RUTSCHKE, mit dem ich befreundet war, andererseits, hatte das alles keinerlei Bedeutung.( L. K.)

3.5.2 Interessengemeinschaft Avifaunistik und neue Avifauna

Abb. 43: Logo der Interessengemeinschaft Avifaunistik.

Im Sommer 1962 wurde bei einer Beratung im Berliner Naturkundemuseum beschlossen, ein umfassendes Faunenwerk für die DDR zu erarbei­ten. Als Vertreter der Ornithologen wurde Burk­ hard STEPHAN benannt( STEPHAN 1962). Ziel war es, Regionalavifaunen für bestimmte Gebiete, in der Regel in den Grenzen der ehemaligen Länder, zu erarbeiten und dafür regionale Arbeitskreise zu bilden( HAENSEL 1965). Dazu gab es zentrale me­thodische Vorgaben und es wurde 1968 die Zeit­schrift ,, Mitteilungen der Interessengemeinschaft Avifauna DDR der Biologischen Gesellschaft der DDR " begründet( Schriftleitung H. KÖNIG).

Die Interessengemeinschaft Avifaunistik in den brandenburgischen Bezirken gründete sich