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Otis 30( 2023) Sonderheft
Es gab fast selbstverständlich auch Querelen untereinander. Wie sollte mit Meldungen sehr seltener Beobachtungen umgegangen werden? Damals gab es noch keine„ Seltenheitenkommissionen". Das führte sogar dazu, dass einigen Mitarbeitern die Glaubwürdigkeit entzogen wurde. So diskutierte man ernstlich darüber, ob die Nachweise von Hartmut und Winfried DITTBERNER übernommen werden könnten; es gab sogar den Antrag, die Meldungen nicht in die Avifauna aufzunehmen! Glücklicherweise hielten sich nicht alle Artbearbeiter daran, auch weil sie überzeugt waren, dass die DITTBERNERS ernst zu nehmende Ornithologen sind, die auf Grund ihrer überdurchschnittlichen feldornithologischen Aktivitäten eben häufiger auf seltene Vögel treffen müssen. In den Grünbüchern und in der schließlich 1983 erschienenen„ Avifauna“ lässt sich gut verfolgen, wer die Diskriminierungsversuche mitmachte und wer nicht!( L. K.)
einbeziehen zu können und das oft„ versteckte Material" zugänglich zu machen. Die vorgelegten Artbearbeitungen wurden so kritisch bewertet und ergänzt. Im Laufe der Jahre entstanden mehr als zehn Grünbücher. Ohne Probleme blieb die Grünbuchaktion allerdings nicht! Erstens ergab sich natürlich die Frage, wie mit West- Berlin umgegangen werden könnte. So blieb es den Artbearbeitern zunächst überlassen, ob sie Kontakte zu West- Berliner Ornithologen knüpfen wollten; zumindest einige taten das. Das Echo war fast immer positiv.
Avifauna der Deutschen Demokratischen Republik Band 2
Die Vogelwelt Brandenburgs
Herausgegeben von Erich Rutschke
Nachdem die Arbeit am Manuskript für die neue Avifauna weitgehend abgeschlossen war, gab E. RUTSCHKE die Leitung der Interessengemeinschaft Avifaunistik 1978 an Ralf SCHUMMER ab. Nach vierjähriger Pause fand 1980 nochmals eine Frühjahrstagung in Berlin statt, an der rund 100 Ornithologen teilnahmen( OTTO 1981). In den 1980er Jahren scheinen die Aktivitäten der Interessengemeinschaft abgeflaut zu sein.
Die Herausgabe der brandenburgischen Avifauna durch E. RUTSCHKE( 1. Auflage 1983, 2. Auflage 1987) war ein riesiger Erfolg der Ornithologen des Landes. Unterstützung erhielten sie im VEB Gustav Fischer Verlag Jena , vor allem von der leitenden Lektorin, Frau J. SCHLÜTER, die auch Förderin von Avifaunen der anderen Länder war! Für die einzelnen Kapitel wurden Artbearbeiter gefunden, die das vorhandene Material auswerteten. Das war nicht das Neue, aber schon ein Blick auf die Namen unter den einzelnen Kapiteln zeigt, wie viele Ornithologen beteiligt waren. Insgesamt beteiligten sich mehr als 150 Ornithologen am Gelingen des Werkes. Die zweite Auflage brachte einzelne Fehlerkorrekturen und Ergänzungen, aber keine grundlegende Überarbeitung der einzelnen Artkapitel.
Als Vorteil erwies sich, dass E. RUTSCHKE als leitender Professor an der Potsdamer Hochschule die Möglichkeit besaß, wichtige ornithologische Themen als Staatsexamensarbeiten zu vergeben. Etliche der Absolventen bereicherten so die Ornithologie Brandenburgs . Er selbst publizierte in dieser Zeit mehr als 400 Titel( zusammengestellt von H. LIEBHERR, unveröff., Material der Staatlichen Vogelschutzwarte Buckow, NAACKE 1999).
Mit dem Erscheinen der Avifauna 1983 hatte die märkische Ornithologie einen vorher nie er