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(2023) 30. Sonderheft
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und soll hier nicht wiederholt werden. Es gibt aber enge Verknüpfungen zur Ornithologie, die hier be­leuchtet werden sollen. Für viele ornithologische Fachgruppen war Naturschutz ein wichtiges Betä­tigungsfeld, manche trugen dies in ihrem Namen. Neben Botanikern waren es häufig Ornithologen, die Naturschutzaktivitäten vorantrieben. Im Lexi­kon der ehrenamtlichen Naturschutzbeauftragten ( IUGR 2010) finden sich zahlreiche bekannte Or­nithologen, die auf dieser Ebene aktiv wurden.

Wie die Naturschutzarbeit in den Fachgrup­pen ablief, beschreibt RUTSCHKE( 1998). Dies war manchmal eine Gratwanderung. Einerseits war die Beteiligung an Zählungen( z. B. Wasservögel und Weiẞstorcherfassung) als gesellschaftliche Betätigung anerkannt und gern gesehen. Solche Aktivitäten konnten als im Nationalen Aufbau­werk geleistete Arbeitsstunden angerechnet wer­den. Viele Betriebe stellten Mitarbeiter frei, um an ornithologischen Lehrgängen oder Tagungen teilnehmen zu können. Willkommen waren sicher auch konkrete Artenschutzmaßnahmen wie etwa Nisthilfenprogramme oder Biotoppflegeeinsätze, die bei manchen Fachgruppen einen breiten Raum einnahmen.

Schwieriger wurde es, wenn Naturschutz­bestrebungen im Gegensatz zu wirtschaftlichen Zielstellungen standen oder wenn es darum ging, umweltpolitische Missstände abzustellen. Gegen die Höchstertragskonzeption von Land-, Forst­und Fischereiwirtschaft und die damit verbunde­nen Schäden in der Natur anzugehen, war nicht möglich. Der Naturschutz hatte keine Chance, grundlegend etwa gegen die Komplexmelioratio­nen einzuschreiten. Im Einzelfall ließen sich aber bei Konflikten beachtliche Erfolge erreichen. An­ders als heute konnten diese nicht über öffentli­che Aufmerksamkeit erzielt werden, sondern nur durch direkte, fachlich gut begründete Initiativen bei den zuständigen Stellen. Solche Auseinander­setzungen gehörten für viele Fachgruppen zum täglichen Brot"( RUTSCHKE 1998).

Ein Beispiel für beachtliche Erfolge im Natur­schutz stammt aus dem Trappenschutz. Im Januar 1986 hatte das DDR - Landwirtschaftsministerium aus allen Trappeneinstandsgebieten der DDR ver­antwortliche Landwirtschaftskader nach Berlin eingeladen, denen Heinz LITZBARSKI die Unter­suchungsergebnisse aus der Naturschutzstation

Otis 30( 2023) Sonderheft

Buckow zur Thematik Intensive Landwirtschaft, Insektenmangel, Hungertod der Großtrappenkü­ken vortrug. Offizielles Fazit der Veranstaltung: Dagegen müssen wir etwas tun. Die Rettung der Großtrappen ist ein Ziel der sozialistischen Landwirtschaft der DDR !" Ergebnis: Ab 1988 wurde auf je 1.000 ha Grünland in den Trappen­einstandsgebieten Belziger Landschaftswiesen, Havelländisches Luch und den Limikolenbrutwie­sen Untere Havel, Pareyer Luch, Gülper See eine extensive Nutzung eingeführt( Entwicklung von Dauergrünland, also Verbot von Neuansaaten, Halbierung der Mineraldüngung, Einhaltung ei­ner moorschonenden Wasserhaltung, späte Mahd­termine). Zusätzlich wurde 1% der Ackerfläche der beiden Trappeneinstandsgebiete als Blühstrei­fen angelegt( 165 ha). Die Flächenauswahl und Effizienzkontrolle erfolgte durch die Mitarbeiter der Naturschutzstation Buckow . Die Landwirt­schaftsbestriebe wurden mit 1.000 DDR - Mark/ ha entschädigt( H. LITZBARSKI, pers. Mitt.).

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Durch ihre Erhebungen schufen Ornitholo­gen neben Fachleuten für andere Organismen­gruppen, insbesondere Botanikern in vielen Fällen die Datengrundlage für Schutzgebietsaus­weisungen. Ein Beispiel dafür ist das Untere Oder­ tal . DITTBERNER& DITTBERNER( 1975b) legten nach mehrjährigen umfassenden Erhebungen die ornithologische Bedeutung des Gebietes für Brut­und Rastvögel dar und fügten in einer Karte gleich Vorschläge für ein Wasservogelschongebiet und zwei Naturschutzgebiete bei. Dies war die Grund­lage, um 1980 die Flutungspolder als Feuchtgebiet Internationaler Bedeutung( FIB) gemäß Ramsar­Konvention zu benennen. Die vorgeschlagenen Naturschutzgebiete wurden 1980( Polder Schwedt ) bzw. 1990( Polder Friedrichsthal ) ausgewiesen. Schließlich lieferten die ornithologischen Daten auch entscheidende Argumente für die Auswei­des Gebietes als Nationalpark nach 1990. Ähnliches ist auch von anderen Großschutz­gebieten zu berichten. Im Nationalparkprogramm der DDR mussten 1990 innerhalb kürzester Zeit Flächen als Naturparke, Biosphärenreservate und Nationalparke abgegrenzt werden. RÖSLER ( 1998) charakterisiert dies so: Da kritische, öf­fentlichkeitswirksame Arbeit vor der Wende nicht zugelassen war, wohl aber das als harmlos" ein­geschätzte Sammeln naturkundlicher Daten, en­

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