Heft 
(2023) 30. Sonderheft
Seite
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Kalbe und Mädlow: Zur Geschichte der brandenburgischen Ornithologie

3.9 Zentrale Erfassungsvorhaben

Nachdem 1958 der internationale Weißstorch­zensus stattgefunden hatte, begann der Zentra­le Fachausschuss Ornithologie in regelmäßigen Abständen zu DDR - weiten Brutbestandserfas­sungen ausgewählter Arten aufzurufen. Dadurch entstanden Datengrundlagen, die später für Ver­gleichszwecke herangezogen werden konnten, um Bestandsentwicklungen zu verfolgen. Auch für die Landesavifaunen bildeten diese Daten ein wichtiges Material. Sie förderten die Gemeinschaftsarbeit an übergreifenden Projekten, zu denen jeder ein Mo­saiksteinchen beitragen konnte. Für einige Arten wurde immer wieder erneut zur Erfassung aufge­rufen, insbesondere für Graureiher, Höckerschwan, Graugans und Lachmöwe. Für die Blauracke gab es Zählaufrufe 1961 und 1976, durch die das schnelle Verschwinden der Art dokumentiert wurde.

Nachdem mehrere europäische Staaten Brut­vogel- Atlaskartierungen initiiert und durchgeführt hatten und sich 1971 das European Ornithological Atlas Commitee" gegründet hatte, entschloss sich auch die Zentrale Arbeitgruppe Avifaunistik beim ZFA Ornithologie, ein solches Vorhaben auf den Weg zu bringen( KÖNIG et al. 1978). In den Jahren 1978-1982 fand die Kartierung auf Messtischblatt­basis statt. Das war eine enorme Herausforderung, in die viele Fachgruppen und Einzelbeobachter einbezogen waren. NICOLAI( 1993) führt für Bran­ denburg 190 Kartierer sowie zusätzlich mehrere Fachgruppen auf, die mitgewirkt hatten. Es gelang eine flächendeckende Kartierung nach einheitli­cher Methodik- anders als in Westdeutschland, wo eine fehlende zentrale Struktur und die föde­rale Zersplitterung der Ornithologie zu einem un­einheitlichen Ergebnis führten und manche Daten am Schreibtisch rekonstruiert werden mussten ( RHEINWALD 1983). Die erfolgreiche Kartierungs­arbeit drohte allerdings zunächst an der Aus­

3.10 Naturschutz und Ornithologie

Es erscheint fast selbstverständlich, dass Orni­thologen auch Naturschützer sind. Die Anliegen Einzelner sind jedoch sehr unterschiedlich. Im Vordergrund steht oft der Artenschutz. Andere setzen bei ihren Bemühungen um Bestandserhe­bungen in der Vogelwelt generell auf den Schutz

NIEDERLAUSITZER

GESELLSCHAFT FÜR

NATUR UND UMWELT COTTBUS

Heft 1

ORNITHOLOGISCHE

MITTEILUNGEN

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Abb. 56: Heft 1 der Niederlausitzer Ornithologischen Mitteilungen" 1988 mit der Veröffentlichung der Er­gebnisse der Atlaskartierung im Bezirk Cottbus( RUHLE 1988).

wertung zu scheitern, denn der verantwortliche Koordinator H. KÖNIG am Museum Heineanum in Halberstadt verzögerte die notwendigen Arbeiten. Das führte dazu, dass die Ergebnisse der Bezirke Potsdam und Cottbus separat veröffentlicht wur­den( BLOCK et al. 1989, RUHLE 1988/90). Erst 1993 folgte dann doch noch die Gesamtpublikation und zeigte den ganzen Wert der Kartierung( NICOLAI 1993). Zugleich flossen die Daten in den ersten gesamtdeutschen Brutvogelatlas ein( RHEINWALD 1993).

der Lebensstätten für Vögel, also auf den Ökosys­temschutz. Beide Zielrichtungen sind gleichbe­rechtigt und erfolgversprechend.

Die Geschichte des Naturschutzes in Bran­ denburg ist von BEHRENS( IUGR 2010) gründlich aufbereitet und dokumentiert worden, das kann