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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Eduard Werner Kleber: Pilotstudie zum Einsatz der Psycholinguistischen Rating Skala(RPS)

(standardisierte Zeugenposition, Kleber 1985) und die von einem Partner in einem Handlungssy­stem erlebte Betrachtungsweise (Partnersituation,erlebte Schwie­rigkeit, Kleber 1985) vor. Unter öko­logischem Ansatz ist generell die Kombination dieser beiden Informa­tionsarten bei Lernschwierigkeiten erwünscht. Die von Hobby(1982) vorgelegte Form der PRS versteht sich vor allem als Scree­ning-Verfahren, das bei entsprechenden Hinweisen durch den ITPA ergänzt und vertieft werden kann. Der Autor geht da­von aus, daß ITPA und PRS aufgrund ih­rer unterschiedlichen Anwendungsform trotz paralleler Subtests jeweils unter­schiedliche Aspekte bei verschiedenen Subskalen messen. ITPA und PRS er­gänzen sich bis zu einem gewissen Grad. Untersuchungen von Hobby(1982) und eigene Pilotstudien erhärten diese Sicht­weise. Hobby(1982) legt außerdem Un­tersuchungen zur Konstruktion, Reliabi­lität und Validität der PRS vor. Daneben beschäftigt er sich auch mit dem Pro­blem von Wahrnehmungsverzerrungen, wie z.B. dem Halo-Effekt. Um dieses Problem für jeden Einzelfall analysieren zu können, schlägt er ein Verfahren vor, das einmal die Streuung der Subtester­gebnisse im Verhältnis zum Gesamter­gebnis betrachtet und zum anderen Re­ferenzkriterien heranzieht. Hier vor al­lem den WISC-R(HAWIK-R) und auch einen Interessenstest(PIAT), der die Einstellungen des Schülers klären kann. Nach den von Hobby(1982) vorgelegten Untersuchungen handelt es sich bei der PRS um ein sorgfältig konstruiertes In­strument, das für die sonderpädagogi­sche Forschung und den förderdiagno­stischen Einsatz nützlich sein könnte.

Fragen zum Einschätzen der psycholinguistischen Fertigkei­ten

Die PRS besteht aus vier Formen, die sich auf vier Altersgruppen

Schuleingangsstufe(5,0 6,6)

Elementarstufe(6 7; 11)

Grundstufe(8 10; 11)

Fortgeschrittenenstufe(11 14) be­ziehen.

Bei einem eingehenden Vergleich zeigte sich, daß die beiden ersten Aufgaben­sammlungen sich nur in wenigen Punk­ten unterschieden. Durch die geringe Er­höhung der Aufgabenzahl erscheint es möglich, die beiden ersten Formen zu­sammenzufassen, so daß für das Alter von 5 8 Jahren(der für die sonderpäda­gogische Arbeit in unserem Lande be­sonders relevante Einsatzbereich) eine Aufgabensammlung ausreicht. Die auf diesen Überlegungen basierende gering­fügige Modifikation der Aufgaben­sammlung wurde übersetzt und im An­schluß mit Grundschullehrern(Klassen­lehrer der 1. und 2. Klasse) diskutiert, was zu einer auf klarere Verständlichkeit abzielende Modifikation der ersten Übersetzung bei einzelnen Aufgaben führte.

Aufbau der Pilotstudie

Die PRS wurde nach einem Extrem­gruppenplan(je drei Schüler mit Lern­problemen und drei Schüler ohne) in 16 Lerngruppen an Grundschulen durchge­führt. Als weitere Variation wurden ein­heimische und Schüler ausländischer Arbeitnehmer einbezogen. Des weiteren wurden 24 Schüler einer Sonderschule für_Sprachbehinderte über die PRS eingeschätzt und parallel mit dem PET getestet. Für diese Pilot­studie wurde die Schätzskala von fünf auf zwei Stufen reduziert. Jede Frage konnte von den Lehrern nur mit über­wiegend Ja oder überwiegend Nein beantwortet werden. Dies schien uns für die Pilotstudie angemessen, gleichzeitig wollten wir ausprobieren, wie Lehrer mit einer solchen zweistufigen Skala zu­rechtkommen. Wenn sich eine Zweistu­figkeit bewähren sollte, können jeweils umgehend Entscheidungen zur Förde­rung umgesetzt werden, es bedürfte nicht eines aufwendigen zusätzlichen Entscheidungsprozesses. Bei einem sol­chen Vorgehen würde der unmittelbar kriterium-orientierte Bezug praktiziert, und auf eine sozialgruppenbezogene

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIII, Heft 2, 1987

Normierung könnte gegebenenfalls ver­zichtet werden. Einige der Lehrer wünschten zwei breiter differenzierende Skala zum Einschätzen.

Ergebnisse der Pilotstudie

1. Wie bilden Lehrer die Lern­schwierigkeiten auf die in der PRS vorgeschlagenen psycho­linguistischen Kategorien ab?

Die Probleme werden vor allem auf die Kategorien 5(akust.-sprachl. Gedächt­nis), 3(akust.-sprachl. Assoziation) und 7(akust.-sprachl. Sequenzen) sowie 1 (akust. Entschlüsselung), das heißt auf den akustischen Kanal abgebildet. Diese Kategorien werden dicht gefolgt von 6 und 9(visuell-sprachl. Gedächtnis und sprachl. Verschlüsselung). Deutlich zu­rück liegen die Kategorien des visuellen und des motorischen Bereiches beim Einschätzen der Lehrer. Dieses ent­spricht neueren Untersuchungsergeb­nissen zur Lese-Rechtschreib-Schwäche (Scheerer-Neumann 1979 u. a.), nach de­nen ebenfalls Defizite aus dem akusti­schen Bereich die Problemlage dominie­ren. Ob diese Untersuchungen die Leh­rereinstellung zur_Problemeinsicht beeinflussen oder ob unabhängig davon die Probleme mit Dominanz in diesen Bereichen eingeschätzt werden oder ob die Aufgabensammlung etwa eine sol­che Dominanz hervortreten läßt, kann in dieser Pilotstudie nicht abgeklärt wer­den.

2. Wie differenziert die Skala zwischen Schülern mit und Schülern ohne Probleme?

Bereits aus Tab. 1 läßt sich die klare Dif­ferenz zwischen den beiden Gruppen an Hand der Nein-Antworten aufzeigen. In den Kategorien 1 bis 9 ist die Differenz auch nach Angleichung des N bereits op­tisch klar(Signifikanztest nach Wilco­xon-White p< 0,001).

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