Thomas Profazi: Wahrnehmungswiderstände und Behinderungsbewältigung bei Körperbehinderten
derte(NB-Dias) Personen verschiedenen Alters und KGeschlechts in verschiedenen situativen Zusammenhängen(Freizeit, Arbeit etc.) dar. Diese 24 endgültigen Dias wurden dupliziert, in zwei Zufallsreihenfolgen gebracht, um Positionseffekte zu vermeiden, und schließlich um 3 Vorlaufdias(s. Instruktion) ergänzt.
Die Versuchsdurchführung(Nov. 84— Ju11 85) fand als Einzelversuch in einem abgedunktelten Raum statt. Der Proband saß an einem Tisch in ca. 3,50 m Entfernung vor einer Rückprojektionswand(70 x 70 cm); der Sehwinkel betrug mindestens 7°. Dahinter befand sich ein Projektionstachistoskop(Massey-Dickinson-System, Braun D 47), das die Bilder in einer Größe von maximal 50 x 50 cm und festgelegter Expositionszeit auf den Schirm projizierte. Durch die stets gleiche, ausführliche Instruktions- und Übungsphase wurde der Pb gebeten, nach jedem„geblitzten” Bild zu beschreiben, was er gesehen habe. Jedes Bild wurde so oft dargeboten bis es sicher erkannt war; als Kriterium galt, daß mindestens 3 der 5 wichtigsten Merkmale(vgl. Dia-Rating) erkannt bzw. genannt wurden. Die Expositionszeit lag zuerst bei 1/100 sec und wurde für jede Wiederholung desselben Bildes etwa verdoppelt(1/100, 1/50, 1/25, 1/10, 1/5, 1/2, 1/1, 2/1 etc.). Die gesamte Versuchsdauer schwankte je nach Pb zwischen 50 und 90 min.
Statistische Verfahren
Die Wahrnehmungsgeschwindigkeit für jedes der 24 Dias wurde operationalisiert als Anzahl der Erkennungsversuche (EV) pro Dia. Die Summen der Erkennungsversuche über alle 12 KB-Dias bzw. NB-Dias bildeten als Rohwerte jedes Pbn die Grundlage für die weitere Verrechnung. Um Informationen über den relativen Unterschied der Wahrnehmungsgeschwindigkeit bezügl. KB-Dias und NB-Dias zu erhalten, wurde ein niveauunabhängiger, regressionstransformierter Veränderungswert für jeden Pbn errechnet und durch die Regressionsge
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rade dichotomisiert.(Bortz 1985, Kap. 6.1; Roeder 1980, Kap. 4,5). D. h. es wurde auf der Basis der EV für NB-Dias(— x) ein Schätzwert für KB-Dias(— 3) ermittelt und mit der tatsächlich beobachteten Anzahl der EV für KB-Dias(— y) verglichen. Die Häufigkeitsverteilung positiver und negativer Differenzen(y— y) bezogen auf KB und NB wurde dann einem CHI-Quadrattest unterzogen.
Methodenkritik
Selbstverständlich hielt sich dieser Replikationsversuch in allen wesentlichen methodischen Fragen an die Untersuchung von Lipp et al.(1968). Wo spärliche Informationen Detailprobleme des Untersuchungsdesigns offenließen, wurden sehr differenzierte Ergänzungen eingeführt(z.B. Stichprobenauswahl, Dia-Rating). Eine nennenswerte Veränderung brachte jedoch die Wahl der statistischen Auswertung. Lipp et al. verrechneten lediglich Rohwertdifferenzen (S. 74); Informationen über direkte numerische Differenzen sind aber niveauabhängig und daher irreführend (Roeder 1980). Der Problematik der Veränderungsmessung wird die hier gewählte niveauunabhängige Regressionstransformation besser gerecht.
Ergebnisse
Wie aus Tabelle I zu ersehen ist, betrug die Gesamtzahl der Erkennungsversuche für NB-Dias bei der Gruppe der Nicht-Behinderten 1346; das entspricht einem Durchschnitt von 44,86 EV pro Versuchsperson(SD= 16,1) und durchschnittlich 3,73 EV pro Pb und NB-Dia. Die Gruppe der Körperbehinderten benötigte insgesamt 1965 EV für die NBDias bei einem Durchschnitt von 54,5 EV(SD= 16,2) pro Pb und 4,54 EV pro Pb und NB-Dia. Die analogen Zahlen für die KB-Dias ergaben 2154 EV bei den Nicht-Behinderten(Xev= 71,8; SD= 15,8; XEV/Dia= 5,89) und 2580 EV bei der Körperbehinderten-Gruppe(XEv= 71,66; SD= 16,1; XEVv/Dia= 5,97).
Die Tabelle 2 veranschaulicht die Ergebnisse der Regressionstransformation mit z-transformierten X- bzw. Y-Werten (T(xy)= 0.814). Danach benötigten 23 von 36 körperbehinderten Probanden tatsächlich weniger Erkennungsversuche für KB-Dias als aufgrund der entsprechenden Anzahl für NB-Dias erwartet wurde; 13 körperbehinderte Pbn benötigten mehr EV. In der Gruppe der nicht-behinderten Probanden(N= 30) wurden 7 Pbn mit einem niedrigeren und 23 Pbn mit einem höheren als dem
Tab. 1: Häufigkeit der Erkennungsversuche(EV) für NB-Dias und KB-Dias, getrennt nach körperbehinderten(KB) und nicht-behinderten(NB) Probanden.
NB-Dias KB-Dias
Zev) X(EV) X(EV/Dia) Z(ev) X(EV) X(EV/Dia) NB- 1346 44,86 3,8 2154 71,8 5,89 Gruppe (N= 30) KB- 1965 54,58 4,54 2580 71,66 5,97 Gruppe (N= 36) Zev)= Gesamtzahl der Erkennungsversuche Xev)= durchschnittliche Anzahl der Erkennungsversuche pro
Versuchsperson
X(EvV/Dia)= durchschnittliche Anzahl der Erkennungsversuche pro
Versuchsperson und Dia
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIII, Heft 2, 1987