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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Der Einfluß eines Prüfungspraktikums auf das Unterrichts- und Erziehungsverhalten von Studenten der Sonderpädagogik)

Von Johann Borchert und Christel-Astrid Brucks

+ AA Hauptziel der Untersuchung ist es, Veränderungen des tatsächlich realisierten Lehrerverhaltens während ei­nes sonderpädagogischen Praktikums zu überprüfen. Das Unterrichts- und Erziehungsverhalten von 23 Studenten der Sonderpädagogik wird in der ersten und letzten Praktikumswoche(jeweils 2 Stunden) per Video aufgezeichnet. Kurze Sequenzen aus diesen Stunden werden delegiert und 10 Experten in einer Zufallsabfol­ge zur Einschätzung(anhand von 5 Skalen) vorge­spielt. Ein Vergleich der Anfangs- und Endmessung zeigt, daß sich die Studenten während des Praktikums in ihrem Unterrichts- und Erziehungsverhalten über­wiegend verschlechtern. Etwa die Hälfte von ihnen neh­men ihr Praktikum zudem als nicht bzw. wenig effektiv wahr(Fragebogendaten).

Problemstellung

Veränderungen von Einstellungen zur Schule und zum Unterricht, die sich bei jungen Lehrern mit Beginn der Be­rufspraxis zeigen, sind entsprechenden Befunden zufolge vor allem gekenn­zeichnet durch Resignation und Anpassung(s. z. B. Hänsel 1975, Müller­Fohrbrodt et al. 1978). Bleidick und Ell­ger-Rüttgardt(1978) sehen in einer verbesserten Lehrerausbildung eine der wichtigsten Möglichkeiten, die Profes­sionalisierung des Lehrerverhaltens vor­anzutreiben und mit dem Einsatz quali­fizierter Junglehrer notwendige schuli­sche Veränderungen zukünftig auch

durchzusetzen. So schlagen die Autoren für die Sonderschullehrerausbildung vor, die Verbindung zwischen Theorie und Praxis erheblich zu intensivieren und gleichzeitig verhaltensrelevante Qualifikationen effektiver zu vermitteln. Die Sonderschullehrerausbildung an bundesdeutschen Studienstätten sieht in der Regel eine achtsemestrige theore­tische und eine anschließende einein­halbjährige praktische Phase vor(ausge­nommen Oldenburg mit einem auslau­fenden Modell zur einphasigen Lehrer­ausbildung; vgl. Ammann 1979). In der ersten Ausbildungsphase werden beim Studierenden vor allem kognitive Fähig­keiten angesprochen, d.h. nur aus­

nahmsweise werden theoretisch erarbei­tete Kenntnisse und Fertigkeiten auch in der regulären Schulpraxis auf ihre Nütz­lichkeit und Praktikabilität hin über­prüft.

Eine derartige Überprüfung findet im Sonderpädagogikstudium in Schleswig­Holstein(ähnlich wie in anderen Bun­desländern) in 2 fünfwöchigen Prü­fungspraktika statt. Von den Studieren­den wird hier erwartet, daß sie entsprechend ihrem Ausbildungsstand in der Lage sind,Unterrichtsvorhaben .. unter Berücksichtigung fachdidakti­scher und fachmethodischer Erkennt­nisse... planmäßig und erfolgreich in die Praxis des Unterrichts umzusetzen(PO

*) Vortrag gehalten auf der 22. Arbeitstagung der Dozenten für Sonderpädagogik in deutschsprachigen Ländern in Köln(26. 28. 9. 85). Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft(DFG) für die finanzielle Unterstützung des Projekts.

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIII, Heft 2, 1987

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