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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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der Sonderpädagogik

Tab. 3: Vergleich der Studenten mit niedrig vs. hoch erlebter Praktikumseffektivität hinsichtlich der Einschätzung ihres Lehrerverhaltens am Praktikumsanfang und-ende(Differenzen der über je 2 Unterrichtsstunden gemittelten Skalenwerte)- getrennt für die 5 Dimensionen(N= 23; Mann­

U-Wert z-Wert Signifikanz

*= 0,01; zweiseitige Fragestellung

Differenzen d. Einschätzungen d. Lehrerverhal­tens zw. Prakt.

anfang u.-ende

Whitney-U-Test).

Dimensionen

des Lehrer­

verhaltens

Dirigierung-Lenkung 5396,5 2,5897 Achtung-Wärme­

Rücksichtnahme 6418,0 0,3623 Echtheit 6474,0 0,2505 Verständlichkeit 5193,0 2,7939 Gesprächs-führung/

Fragetechnik 6472,0 0,2541

(x-Werte)') erlebte erlebte Prakt. Prakt. eff. eff. niedrig hoch (N=11)(N=12) Ss.-0,15152) 0,06662) n.S.-0,11812)-0,14432) n.S.-0,08632)-0,06272) Ss. 0,24143) 0,0135) n.S. 0,1606?) 0,1292)

') x= Differenzen der über je 2 Unterr.stdn.(= 6 Sequenzen) gemittelten Skalenwerte 2) pos. Wert: Merkmalsausprägung am Prakt.ende höher als am Prakt.anfang

neg. Wert: Merkmalsausprägung am Prakt.ende niedriger als am Prakt.anfang 3) pos. Wert: Merkmalsausprägung am Prakt.ende niedriger als am Prakt.anfang

neg. Wert: Merkmalsausprägung am Prakt.ende höher als am Prakt.anfang

Dimensionen zwischen den Einschät­zungen am Praktikumsanfang(Auf­zeichnungsstunde 1, 2) und am Prakti­kumsende(Aufzeichnungsstunde 3, 4) Differenzen gebildet(Differenzwert: XStd.3+4 XStd.1+2). Die Differenz­werte der beiden Studentengruppen werden miteinander verglichen(Tab. 3).

Die Gruppen der Studenten mit niedrig und hoch erlebter Praktikumseffektivität unterscheiden sich nicht bedeutsam be­züglich der Veränderungen(vom An­fang zum Ende des Praktikums) in den Merkmalen Achtung-Wärme-Rück­sichtnahme, Echtheit und Gesprächs­führung/Fragetechnik; statistisch signi­fikante Unterschiede zwischen beiden Gruppen ergeben sich hinsichtlich der Veränderungen in den Merkmalen Diri­gierung-Lenkung und Verständlichkeit.

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Zur Richtung der erhaltenen Abwei­chungen läßt sich trotz ungerichteter Prüfung beschreibend folgendes sagen (s. dazu mittlere Differenzwerte aus Tab. 3): Bei Studenten, die ihr Prakti­kum als hoch effektiv wahrnehmen, zeigt sich tendenziell eine geringere Ab­nahme der Verständlichkeit während des Praktikums als bei Studenten mit niedrig erlebter Praktikumseffektivität, deren Verständlichkeit stärker abnimmt. Das Ausmaß an Dirigierung-Lenkung nimmt bei den Studenten, die ihr Prakti­kum als hoch effektiv beurteilen, im Ver­lauf des Praktikums leicht zu, während Studenten mit niedrig erlebter Prakti­kumseffektivität am Ende ihres Prakti­kums als etwas weniger dirigistisch ein­geschätzt werden.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß die erlebte Praktikumseffektivität kaum

Johann Borchert/ Christel-Astrid Brucks: Der Einfluß eines Prüfungspraktikums auf das Unterrichts- und Erziehungsverhalten von Studenten

Aussagen über gleichsinnige Verände­rungen im beobachteten Lehrerverhal­ten zuläßt.

Diskussion

Mit den zur Beschreibung des Lehrer­verhaltens herangezogenen Variablen, die durch entsprechende Schätzskalen relativ gut operationalisiert sind, wurde versucht, sowohl erzieherisch(Dirigie­rung-Lenkung, Achtung-Wärme-Rück­sichtnahme und Echtheit) als auch un­terrichtlich relevante Merkmale(Ver­ständlichkeit und Gesprächsführung/ Fragetechnik) des Lehrerverhaltens zu erfassen. Wie die vergleichsweise niedri­gen Interkorrelationen der 5 Dimensio­nen zeigen, sind die verwendeten Skalen durchaus geeignet, unterschiedliche Merkmale des Lehrerverhaltens zu mes­sen. Auch die für Forschungszwecke ausreichend hohe Zuverlässigkeit der Messungen ergibt keinen Hinweis auf eventuelle meßmethodische Unzuläng­lichkeiten.

Das Hauptergebnis der Untersuchung besteht in einer überwiegenden und deutlichen Verschlechterung des Leh­rerverhaltens vom Anfang zum Ende des Praktikums. Abgesehen von einem nur unbedeutend veränderten Maß an Echtheit und Dirigierung-Lenkung hat sich ebenso wie das Ausmaß an Ver­ständlichkeit und wünschenswerter Ge­sprächsführung/Fragetechnik die ge­genüber den lernbehinderten Sonder­schülern gezeigte Achtung-Wärme­Rücksichtnahme zum Praktikumsende hin bedeutsam verringert. Da von den 5 in dieser Untersuchung herangezogenen Merkmalen des Lehrerverhaltens im­merhin 4 Echtheit ausgenommen von den Betreuern und Mentoren als be­sonders wichtige, in ihrer Praktikumsbe­treuung berücksichtigte Kriterien ge­nannt werden(Ergebnisse einer Befra­gung, die aus Platzgründen nicht näher dargestellt werden), stehen die 0. g. Be­funde im Widerspruch zu den Effektivi­tätsbeurteilungen durch Betreuer und Mentoren: die Praktikumsleistungen ih­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIII, Heft 2, 1987