Johann Borchert/ Christel-Astrid Brucks: Der Einfluß eines Prüfungspraktikums auf das Unterrichts- und Erziehungsverhalten von Studenten
der Sonderpädagogik
rer Studenten wurden durchschnittlich mit der Note 1,9 bewertet.
Obgleich— vom Stand der Erforschung her— nur ungerichtete Hypothesen zur Veränderung des Lehrerverhaltens formuliert werden konnten, waren die Ergebnisse dennoch überraschend: Geht man von der plausiblen Annahme aus, daß derartige in das Studium der Sonderpädagogik integrierte Praktika zu einem verbesserten Unterrichts- und Erzieherverhalten führen, so müßten entsprechende Lernzuwächse auch im tatsächlich realisierten Lehrerverhalten nachzuweisen sein.
Versucht man, das Zustandekommen der Ergebnisse zu erklären, so ist vor allem an Bedingungen der Praktikumsdurchführung und deren Auswirkungen auf die Studenten zu denken. Ein wesentlicher Grund für eine weitgehende Verschlechterung des Lehrerverhaltens kann— studentischen Befragungen zufolge— in den während des Praktikums zunehmenden Anforderungen an die
Literatur
Studenten gesehen werden, die zu einer Überlastung führen.
Die insgesamt eher ungünstigen Ergebnisse zur Praktikumseffektivität auf der Verhaltensebene entsprechen teilweise der erlebten Effektivität, d.h. rund die Hälfte der Studenten schätzen ihr Praktikum als nicht bzw. wenig erfolgreich ein.
Eine differentielle Aufschlüsselung der Daten zur Beziehung zwischen erlebter und anhand des tatsächlichen Lehrerverhaltens festgestellter Effektivität macht deutlich, daß die erlebte Praktikumseffektivität kaum mit entsprechenden Veränderungen im Lehrerverhalten korrespondiert; d.h. z.B., daß die Studenten, die ihr Praktikum als relativ erfolgreich erlebten, nicht unbedingt auch ein als erfolgreich eingeschätztes Unterrichts- und Erziehungsverhalten zeigen.
Der Versuch, eine Verbesserung der Praktikumseffektivität zu erzielen, könnte z.B. an folgenden Punkten an
setzen:(1) Reduktion der Unterrichtsvielfalt, d. h. die Studenten unterrichten im Praktikum nur 2— 3 Fächer;(2) Entlastung der Studenten durch Verringerung der während des Praktikums zu leistenden schriflichen Arbeiten. Abschließend ist zum Aussagewert der vorgestellten Berufe einschränkend auf folgendes hinzuweisen: Um den tatsächlichen Verlauf des zu beobachtenden Lehrerverhaltens mäglichst präzise beschreiben zu können, wären mehr als nur zwei Messungen am Anfang und am Ende des Praktikums wünschenswert gewesen(was aber, vor allem wegen der aufwendigen Datenerhebungen, nicht zu realisieren war).
Ausgehend von den relativ ungünstigen Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung erscheint es sinnvoll, die Wirksamkeit gezielter und systematischer Rückmeldungen zum studentischen Lehrerverhalten im Praktikum zu überprüfen. Eine derartige Untersuchung ist geplant.
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Anschrift der Verfasser:
Prof. Dr. Johann Borchert/ Dr. Christel-Astrid Brucks Institut für Heilpädagogik der Pädagogischen Hochschule Kiel
Olshausenstraße 75 2300 Kiel 1
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIII, Heft 2, 1987
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