Selbstkorrekturen bei Erzählungen: Ein Vergleich zwischen sprachunauffälligen und sprachbehinderten Kindern*
Von Hermann Schöler und Erna Illichmann
Selbstkorrekturen in den Erzählungen von 57 dysgrammatisch sprechenden Sonderschülern und 43 sprachunauffälligen Regelschülern der ersten vier Grundschuljahre wurden analysiert. Für die Annahme, daß die sprachbehinderten Kinder weniger Selbstkorrekturen bei grammatischen Fehlern vornehmen als die sprachunauffälligen Kinder, ließen sich einige Belege auffinden. Die Autoren nehmen an, daß die sprachbehinderten Kinder zwar über angemessene Kontrollmöglichkeiten verfügen, das sprachlich-linguistische Wissen aber mangelhaft ist.
Self-repairs in the narratives of 57 language-impaired (LI) children and 43 normally language developing elementary school children are analysed. The results suggest that LI children correct fewer errors of grammar than normal children. It is assumed that LI children can monitor speech but that their linguistic competence is incomplete.
Verzögerungen und Unterbrechungen bei der Außerungsproduktion
Will man etwas über die Strukturen und Prozesse erfahren, die der Produktion sprachlicher Äußerungen zugrundeliegen, so kann die Analyse von Verzögerungen und Unterbrechungen im normalen Äußerungsvollzug sehr hilfreich und aufschlußreich sein, da hiermit in gewisser Weise eine Dekomponierung des Produktionsprozesses gegeben ist. Unbestritten ist, daß solche Verzögerungen und Unterbrechungen von dem Sprachproduktionsprozeß abhängig sind, der als den Äußerungen zugrundeliegend postuliert wird.
Den verschiedenen Verzögerungen(stille und gefüllte Pausen, Wiederholungen) bzw. Unterbrechungen(Selbstkor
rekturen, Sprechstrategiewechsel, Expansionen) im Redefluß wurde bisher in sehr unterschiedlichem Maße Beachtung geschenkt: So gibt es relativ viele Untersuchungen zu den Pausenphänomenen(vgl. u.a. Clark und Clark, 1977, Kap. 7), wohingegen die sogenannten falschen Anfänge(engl. false starts), also Selbstkorrekturen und Sprechstrategiewechsel, bisher eher stiefmütterlich behandelt wurden.
Verzögerungen und Unterbrechungen wurden von Levelt(1983) eingehend analysiert und führten ihn zu Aussagen über eine Theorie der Sprachproduktion. Diese Untersuchungen wurden allerdings mit erwachsenen Sprechern in hochstrukturierten Situationen durchgeführt. Studien zur Analyse solcher Verzögerungen und Unterbrechungen liegen bei Kindern nur in geringer Zahl vor.
Im deutschsprachigen Raum ist uns nur die Arbeit von Ramge(1973) bekannt, die leider insofern nur wenig Beachtung gefunden hat, als sie nicht zu weiterführenden Untersuchungen geführt hat. Levelt(1983) unterscheidet verschiedene Arten solcher Äußerungskorrekturen („repairs”): D-, A-, E- und C-Korrekturen. Wir möchten nur kurz auf diese einzelnen Kategorien eingehen, da wir uns in der vorliegenden Studie vor allem auf die Betrachtung der Fehlerkorrekturen (Error-repairs) einschränken wollen. D-Korrekturen(Different-repairs) entsprechen u. E. dem Wechsel der Sprechstrategie sensu Ramge(1973): Der Sprecher beginnt eine Äußerung, unterbricht („Wollte ich das jetzt sagen?”) und startet neu mit einer anderen Äußerungsstruktur. Als A-Korrektur(Appropriateness-repair) sind solche Verände
* Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Unterstützung der Untersuchungen(SCHO 311/1—2).
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HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIII, Heft 2, 1987