Hermann Schöler/ Erna Illichmann: Selbstkorrekturen bei Erzählungen: Ein Vergleich zwischen sprachunauffälligen und sprachbehinderten
Kindern
mit den anderen Fehlerarten, vor allem den phonologischen Fehlern. Dies könnte nun einfach daran liegen, daß die sprachbehinderten Kinder, die zum größten Teil auch stammeln, häufiger phonologische Fehler produzieren und somit auch gezwungen sind, solche Fehler häufiger zu korrigieren. Dieser Einwand ist durch die vorliegenden Daten nicht zu widerlegen. Es bleibt aber auf jeden Fall zu erklären, warum die vielen grammatischen Fehler nicht korrigiert werden.
Dies kann verschiedene Ursachen haben:
Literatur
(1) Die dysgrammatisch sprechenden Kinder verfügen über weniger Kontrollmöglichkeiten(„monitoring”) bzgl. der Grammatikalität ihrer Sprachäußerungen. Dafür sprechen u.a. unsere Befunde, daß die Dysgrammatiker weniger morphologische Fehler in vorgegebenen Sätzen entdecken(vgl. Schöler, Anzer und Illichmann, 1986).
(2) Andererseits können eine Reihe der Kinder die Fehler zwar entdecken, sie aber nicht angemessen korrigieren. Das würde dafür sprechen, daß die Kinder über die Kontrollmöglichkeiten verfügen, aber aufgrund anderen bzw. defi
zienten sprachlich-linguistischen Wissens außerstande sind, Korrekturen durchzuführen. Immerhin korrigieren fast die Hälfte der Kinder zumindest einmal einen grammatischen Fehler. Obwohl die vorliegende Pilot-Untersuchung keine Entscheidungsgrundlage für eine der angeführten Erklärungsmöglichkeiten bietet, präferieren wir den letztgenannten Erklärungsansatz: Wir nehmen an, daß die dysgrammatisch sprechenden Kinder über angemessene Kontrollmöglichkeiten verfügen, das vorhandene sprachlich-linguistische Wissen aber ungenügend ist.
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Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. Hermann Schöler Pädagogische Hochschule Heidelberg, Fachbereich VI(Sonderpädagogik) Keplerstr. 87
6900 Heidelberg 1.
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HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIII, Heft 2, 1987