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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Eine Erkundungsstudie zur Vorhersage stabilisierter Lernergebnisse mittels eines einfachen, nicht­

reaktiv erfaßten Indikators für Interesse

Von Regina Ullrich-Kehder und Reimer Kornmann

Geprüft wurde die Hypothese, daß gezeigtes Interesse an einem bestimmten Lerngegenstand eine wichtige Bedingung für die Stabilisierung von Lernergebnissen ist. Interesse wurde operationalisiert durch die geäu­‚Berte Bereitschaft, das bei einem Lernversuch benutzte Ubungsmaterial zu behalten. Lernergebnisse galten als stabilisiert, wenn bei einer Wiederholung der ursprüng­lichen Anforderung des Lernversuchs(Abzeichnen ei­nes Würfel-Arrangements) nach 7 Tagen kein Lei­stungsabfall zu verzeichnen war. Die Ergebnisse eines einfachen Gruppenvergleichs- untersucht wurden 25 Schüler(innen) aus Sonderschulen für Lernbehinderte - fielen sehr deutlich im Sinne der Hypothese aus und wurden hinsichtlich ihrer Generalisierbarkeit, der mög­lichen Wirkungsweise des gezeigten Interesses und des­sen Entstehung diskutiert.

The hypothesis was tested, that interest displayed for a specific learning task has an important influence on stabilizing the obtained learning results. Interest was defined by the agreement of the students to keep for themselves the material they used in the foregoing lear­ning experiment(when they had to copy an arrange­ment of cubes). Learning results were considered as stabilized, when performance shown in the learning ex­periment did not decrease after a 7 day interval. The re­sults obtained by a simple group experiment with 25 slow learning children- 12 of them being interested, 13 of them being not- gave clear evidence for the proposed hypothesis. The results were discussed concerning the way, in which they can be generalized, how the observed interest works, and how it develops.

Fragestellung: Interesse am Lerngegenstand als Determi­nante stabilisierter Lernergeb­nisse

Bekanntlich unterscheiden sich Men­schen hinsichtlich ihrer Merkfähigkeit für Inhalte, die sie zuvor gelernt hatten (Clauß, 1984). Die pädagogisch-psycho­logischen Forschungen über die Bedin­gungen dieser interindividuellen Unter­schiede konzentrieren sich derzeit vor allem auf die kognitiven Prozesse bei der Informationsaufnahme und-verarbei­tung(z. B. Schneider, 1985). In den dabei verwendeten theoretischen Modellen werden immer auch Aspekte des Bezugs

zwischen den lernenden Personen und den zu lernenden Inhalten mitbedacht ­etwa wenn bei der Frage nach den je­weils effektivsten Strategien der Infor­mationsaufnahme und-verarbeitung stets, häufig allerdings implizit, davon ausgegangen wird, daß diese(auch) den Lernaufgaben angemessen sein müssen. Als Bedingungen für die Ausbildung und Anwendung effektiver Strategien werden vorwiegend geeignete Instruk­tionstechniken thematisiert, welche ih­rerseits die vermittelnden persönlichen Merkmale(z. B. Wissen, Meta-Kognitio­nen) beeinflussen, oder letztere werden selbst als Einflußfaktoren untersucht (Weinert, 1984). Die Frage hingegen, ob, inwieweit und wie die Lerninhalte als

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIV, Heft 1, 1988

Gegenstand persönliches Interesses die Lern- und Gedächtnisleistungen beein­flussen, liegt zwar nahe(Schiefele, 1986), sie scheint aber- zumindest außerhalb des Einflußbereichs der sowjetischen Tätigkeitstheorie- noch nicht Gegen­stand systematischer psychologischer Forschungstätigkeit zu sein(Oerter& Schuster, 1982).

Interesse manifestiert sich in Auseinan­dersetzungen mit dem Gegenstand. Die Person setzt sich von ‚sich aus, also oh­ne äußere(gegenstandsfremde) Veran­lassung mit dem Gegenstand auseinan­der. Auch wenn bei einer interessierten Beschäftigung verschiedentlich äußere Veranlassungen auftreten, handelt die Person doch grundsätzlich ‚selbstinten­

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