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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Regina Ullrich-Kehder und Reimer Kornmann:Willst Du das Blatt behalten oder sollen wir es wegwerfen?

welcher Gruppe die jeweilige Versuchs­person zugeordnet wurde, wurde davon getrennt codiert. Dieser Code wurde erst nach der vollständigen Auswertung aller Protokolle entschlüsselt und zur Gruppenbildung verwendet. So waren erwartungsbedingte Einflüsse bei der Auswertung der einzelnen Protokolle praktisch ausgeschlossen.

Versuchsplan und statistische Auswertung

Für den Versuchsplan mit zwei unab­hängigen Gruppen bezüglich eines drei­klassigen Merkmals bot sich zur statisti­schen Prüfung der Nullhypothese(ein­seitige Fragestellung) die Chi2-Methode bzw. für den Fall zu niedriger Erwar­tungswerte Kullbacks 2 I-Test an(Lie­nert, 1973).

Ergebnisse

Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 darge­stellt.

Die Aufbereitung der Daten zur Über­prüfung der Hypothese(siehe Tabelle 2) läßt bereits erkennen, daß nicht alle Er­wartungswerte> 5 ausfielen. Somit wa­ren die Voraussetzungen zur Anwen­

dung der Chi2-Methode nicht gegeben. Daher wurde Kullbacks 21-Test ange­wendet. Dieser ergab für zwei Freiheits­grade einen Wert von 20.753, welcher der Gültigkeit der Nullhypothese nur äu­ßerst geringe Chancen(p< 0.001) läßt. Sie kann konventionsgemäß verworfen werden.

Diskussion

Die Ergebnisse sind recht eindeutig im Sinne der theoretisch begründeten Fra­gestellung ausgefallen. Die Arbeitshypo­these, wonach die Festigung von Lerner­gebnissen vom Interesse am Lerngegen­stand abhängig ist, konnte somit beibe­halten werden. Allerdings werfen die Er­gebnisse eine Reihe von Fragen auf, deren Beantwortung weiteren Untersu­chungen vorbehalten bleibt.

Ein erster Fragenkomplex betrifft die Generalisierbarkeit der Befunde. Diese kann eingeschränkt sein auf die ange­wendete Methode zur Messung von In­teresse, auf die Lernanforderungen, auf die untersuchten Personen, sowie auf den Zeitraum der Vorhersage.

Man könnte einwenden, daß das Behal­tenwollen von Lern- und Arbeitsmate­rialien nicht stets ein Indikator für das Interesse an dem damit verbundenen Lerngegenstand ist(Lernmaterialien

Tab. 1: Ausgangswerte(A1) und Anschlußwerte(A3/A4) beim Erstversuch, Ergebnisse des Wieder­holungsversuchs(B) sowie Differenzen zwischen B und A3/A4(Diff.) für die beiden Versuchsgrup­

pen.

Interessierte(N= 12)

Al1 A3/A4 B Diff. 6 18 18 0 13 18 18 0 10 15 17 2 14 18 18 0 8 10 12 2 13 3 97 2 11 17 18 1 12 14 14 0 16 16 18 2 10 12 14 2 14 14 15 1 7 11 12 1

Nicht Interessierte(N= 13)

Al A3A4 B Diff. 15 18 18 0 14 17 12=> 15 15 35 0 10 14 B] 8 11 83 10 14 13 x 10 11 10= 6 11 8z 12 14 13= 10 12 12 0 KK 18 18 0 14 16 16 0 2 BB 12 0

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG 1/1988

Tab. 2: Häufigkeiten für Verbesserungen(+), Gleichstand(+) und Verschlechterungen() der Leistungen beim Wiederholungsversuch der Versuchspersonen(N).

++- N Interessierte 8 4 0 12 Nicht Interessierte 0 6 7 BB

8 10 7 25

sind nicht selten ästhetisch recht anspre­chend und/oder wertvoll). Eher anzu­nehmen ist, daß die Auswahl des hier untersuchten Indikators als insgesamt recht geglückt angesehen werden kann, daß aber bei anderen Lernanforderun­gen ganz andere Indikatoren zur Ein­schätzung des Interesses erforderlich sind. Fraglich ist auch, ob die gleichen Personen bei anderen Lernaufgaben gleichsinnig reagiert hätten, oder ob das hier erfaßte Interesse person- und anfor­derungsspezifisch ist. Im ersten Fall wä­ren dann zwar lediglich Effekte einer all­gemeinen Lernmotivation erfaßt wor­den, aber immerhin aufgrund eines sehr einfachen direkt inhaltsbezogenen Indi­kators. Hinsichtlich des untersuchten Zeitraums ist davon auszugehen, daß sich gleichsinnige Resultate auch nach längeren, ‚kaum aber nach wesentlich kürzeren Versuchs-Intervallen gezeigt hätten. Zumindest die Versuchsperso­nen, deren Leistungen sich noch verbes­serten, haben offensichtlich die inzwi­schen verstrichene Zeit zur Verbesse­rung ihrer Fertigkeitenirgendwie nut­zen können, während bei einigen der weniger interessierten Versuchsperso­nen die zeitabhängigen Vergessensef­fekte eingetreten sind. Schwerer ist die Generalisierbarkeit des Zeiteffektes für solche Versuchspersonen einzuschät­zen, deren Leistungen konstant geblie­ben sind.

Das Problem der Zeit verweist auf einen zweiten Fragekomplex, der die Wir­kungsweise des hier erfaßten Interesses betrifft. So ist denkbar, daß einige Ver­suchspersonen das mitgenommene Übungsblatt für weiterführende Studien genutzt haben. Diese führten dann zu

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