Zeitschrift 
Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
Seite
39
Einzelbild herunterladen

zU> C. Klicpera und S. Schachner-Wolfram: Entwicklung der Lesefähigkeit während des ersten Schuljahres; 2. Entwicklung des Leseverhaltens

FALSCHES, ABER BEKANNTES WORT

Abb. 2: Prozentsatz an Fehlern zu den 5 Testzeitpunkten, bei denen statt des zu lesenden Wortes ein anderes den Kindern aus dem Leselehrgang be­kanntes Wort genannt wurde. I. Leseaufgaben mit bekannten Wörtern. II. Leseaufgaben mit neuen Wörtern. III. Leseaufgaben mit Pseudowörtern. In der ersten Säule ist jeweils der Mittelwert und die Streuung für die Gruppe der guten Leser, in der zweiten Säule der Mittelwert und die Streuung für

die Gruppe der schwachen Leser dargestellt.

tern. Die deutlichsten Veränderungen in der Ausnutzung der Buchstabeninfor­mationen beim Lesen traten also in den ersten Stadien der Leseentwicklung auf. Vor allem beim Lesen bereits bekannter Wörter ist ein markanter Unterschied in der Art der Lesefehler zwischen dem al­lersten Stadium des Lesenlernens und dem späteren Leseverhalten festzustel­len.

Beim Vergleich der guten und schwa­chen Leser in der ersten Hälfte des Schuljahres ergab sich kein Einfluß der Lesefähigkeit, auch war die Interaktion von Lesefähigkeit und Testzeitpunkt, sowie von Lesefähigkeit und Wortart nicht signifikant. Im zweiten Halbjahr begingen leseschwache Kinder weniger Fehler mit großer graphischer Ähnlich­keit, sie beachteten also die Buchstaben der zu lesenden Wörter weniger(F(1,9) =4.7; p< 0.05). Weder die Interaktion der Lesefähigkeit mit der Textart noch jene mit den Testzeitpunkten waren si­gnifikant.

Nennen eines falschen, aber bekannten Wortes: Die Analysen, die für das erste und zweite Halbjahr getrennt erfolgten, wiesen auf die gleichen Einflüsse hin. In beiden Analysen war der Einfluß der zu

lesenden Wortart signifikant(Unter­schied zwischen bekannten und neuen Wörtern- 1. Halbjahr: F(1,9)=45.5; p< 0.001; zweites Halbjahr: F(1,9)= 61.7; p < 0.001). Wenn den Kindern bekannte Wörter zum Lesen gegeben wurden, kam es relativ häufig vor, daß sie statt des richtigen Wortes ein anderes, ihnen be­reits vom Lesen bekanntes Wort nann­ten. Dies war vor allem zu Anfang der Fall, wo ein Großteil der Fehler bei be­kannten Wörtern von dieser Art waren (Abb. 2). Bei neuen Wörtern kamen sol­che Fehler deutlich seltener vor, und bei Pseudowörtern nochmals seltener(Un­terschied zwischen neuen Wörtern und Pseudowörtern- 1. Halbjahr: F(1,9)= 6.2; p< 0.05). Signifikante Unterschiede bestanden auch zwischen den Testzeit­punkten, wobei vor allem die relativ gro­ße Häufigkeit dieser Art von Fehlern zu Anfang des Leseunterrichts und die be­reits recht starke Abnahme vom ersten zum zweiten Testzeitpunkt auffällt(F (1,9)= 7.9; p< 0.05). Im zweiten Halb­jahr kommt es wieder zu einer Zunahme dieser Art von Fehler(F(1,9)= 6.2; p< 0.05). Dies hängt wahrscheinlich mit dem Anstieg der insgesamt den Kindern bekannten Wörter zusammen, wodurch die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, daß

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG 1/1988

ein Fehler einem von den Kindern be­reits im Unterricht gelesenen Wort ent­spricht. Dieser Anstieg in der zweiten Hälfte des Schuljahres tritt vor allem beim Lesen von Texten mit bereits be­kannten Wörtern auf, wie die signifikan­te Interaktion zwischen Wortart und Testzeitpunkt zeigt(F(1,9)= 15.4; p< 0.01).

Im Anteil an Fehlern, bei denen ein fal­sches, den Kindern aber bereits bekann­tes Wort genannt wurde, unterschieden sich gute und schwache Schüler nicht si­gnifikant voneinander.

Leseverhalten

Selbstkorrekturen: Im ersten Halbjahr der ersten Klasse bestand ein signifikan­ter Unterschied zwischen bekannten und neuen Wörtern in der Häufigkeit von Selbstkorrekturen(F(1,14)= 25.9; p < 0.001). Der Einfluß des Testzeit­punkts, für sich betrachtet, war nicht si­gnifikant, jedoch ergaben sich signifikan­te Interaktionen von Wortart und Test­zeitpunkt(Tp)(Tp x bekannte gegen neue Wörter: F(1,14)= 3.8; p<0.07; Tp x neue Wörter gegen Pseudowörter: F (1,14)= 13.1; p< 0.01).

39