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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Schülerselbstkonzepte und lehrerperzipierte Verhaltensauffälligkeiten- eine Erkundungsstudie in dritten Grundschulklassen

Von Günter Faber

Auf der Basis ausgewählt selbstkonzept-, verhaltens­und leistungsbezogener Daten wird die Möglichkeit dif­ferentieller Beziehungen zwischen Schülerselbstkon­zepten und Verhaltensauffälligkeiten einerseits, der diesbezügliche Stellenwert der Schulleistung und leh­rerperzipierten Schülerselbstkonzepte andererseits un­tersucht. Die Ergebnisse verweisen im ganzen auf nur bedingt differentielle Zusammenhänge, die überdies zumeist leistungskontrolliert erscheinen. Die lehrerseits realisierten Annahmen über die Selbstsicht der Schüler schließlich stimmen kaum mit den entsprechenden Schülerangaben überein, lassen sich indes als wesentli­che Teilkorrelate der einschlägigen Devianzurteile der Lehrer ausmachen.

Based on some selected self-concept, behavior, and achievement data the differential validity of students self-concept as related to teacher-perceived disturban­ces in classroom behavior was explored. In addition the teacher-inferred self-perceptions of students were consi­dered. Results of this study revealed only little support for differential relationships between self-concept and classroom behavior variables. Furthermore most of the substantial correlations seemed to be controlled by stu­dents achievement level. With respect to the teacher-in­ferred self-perceptions of students teacher-student­agreement was found to be fairly small. Nevertheless they correlated significantly to the behavioral teacher­ratings.

Einleitung und Fragestellung

In Zusammenhang mit der Klärung und Bewältigung von Ssozial-emotionalen Problemsituationen, wie sie in Schule und Unterricht häufig als Verhaltensauf­fälligkeiten von Schülern erlebt werden, verweisen einschlägige Überlegungen zusehends auf die Bedeutung von selbst­konzeptionellen Schülermerkmalen (Bandura 1978, Belschner 1980, Tiede­mann 1980, Fend& Helmke 1981, Petil­lon 1982, Seitz 1982, Petermann 1986). Mit dem Variablenkomplex des Schüler­selbstkonzepts ist dabei auf das gesamte System jener in bezug auf die eigene Per­son kognitiv repräsentierten Informatio­nen abgehoben. Er umfaßt sämtliche deskriptiven und evaluativen Selbstan­nahmen, die nach unterschiedlichen Verhaltens- bzw. Erlebensbereichen di­mensioniert sowie untereinander nach

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der generellen vs. situativen Reichweite ihrer Aussagen hierarchisch organisiert erscheinen(Abb. 1). Entsprechend viel­schichtig sind sie als verhaltenswirksam anzunehmen. Hinsichtlich ihrer Genese müssen diese Selbstannahmen schließ­lich weitgehend als erfahrungsabhängig und somit grundsätzlich als veränderbar gelten. In dem Maße jedoch, in dem mit ihnen eher generelle Selbstwertaspekte thematisiert sind, verstärkt sich ihre Sta­bilität und Änderungsresistenz zuneh­mend(Shavelson, Stanton& Hubner 1976, Epstein 1979, Filipp 1979). In Hinblick auf das Auftreten schuli­scher Verhaltensauffälligkeiten kann die Gültigkeit dieser Konstruktperspektive demzufolge danach bemessen werden, inwieweit - sozial-emotional auffällige Schüler sich in ihren Selbstannahmen von unauffälligen Schülern unterschei­den lassen,

hierbei differentielle Beziehungen zwischen verschiedenen, insbeson­dere sozialen und emotionalen Selbstkonzeptdimensionen(Abb. 1) und unterschiedlichen Erschei­nungsformen von Verhaltensauffäl­ligkeiten(Achenbach& Edelbrock 1978, Tornow 1978, Sarges 1982, Bach et al. 1986) nachweisbar wer­den,

sich desgleichen auch Anhaltspunkte für die problemdifferentielle Validi­tät genereller vs. situativer Selbst­konzeptebenen(Abb. 1) ergeben,

die von verhaltensauffälligen Schü­lern realisierten Selbstannahmen auf bestimmte Determinanten im schu­lischen Kontext, etwa ihre Interak­tionserfahrungen mit Lehrern und Mitschülern, zurückführbar sind,

durch entsprechende Interventionen korrespondierende Selbstkonzept­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIV, Heft 1, 1988