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trich& Blumenfeld 1985). Inwiefern solche selbstkonzeptionell vereinnahmten Umfeldeindrücke nun auch im ungünstigen Fall mit auffälligem Schülerverhalten zusammenhängen, läßt sich in Ermangelung geeigneter Kriteriumserhebungen unmittelbar nicht mehr klären. Im Vergleich dazu scheint der Einfluß von lehrerseits realisierten Annahmen über die Selbstkonzepte von Schülern, vor allem wenn sie nicht-leistungsbezogene Aspekte betreffen, insgesamt weniger relevant(Perkins 1958, Brusten& Hurrelmann 1976, Helmke& Fend 1981, Marsh, Parker& Smith 1983). Unter Umständen sind mit ihnen aber maßgebliche Urteilsperspektiven innerhalb der impliziten Devianztheorie von Lehrern abgebildet- was hier indes empirisch ungeprüft geblieben ist.
Nicht zuletzt haben sich wiederholt verschiedenen Interventionsstudien um den Abbau von schulischen Verhaltensauffälligkeiten unter Einbeziehung von Schülerselbstkonzepten bemüht(Caplan 1957, Maehr, Mensing& Nafzger 1962, Parker 1974, Hauserman, Miller& Bond 1976, Wooster& Carson 1982). In Anbetracht der dabei im einzelnen festzustellenden Methodenmängel, u.a. hinsichtlich fehlender Kontrollgruppen, unterbliebener Längsschnittmessungen, unspezifischer Selbstkonzept- und/oder Verhaltensindikatoren, sind Rückschlüsse auf die Möglichkeit korrespondierender Selbstkonzept-Verhaltens-Änderungen durch sie allerdings nicht möglich. Für eine selbstkonzeptorientierte Sicht schulischer Verhaltensauffälligkeiten fehlt es demnach an notwendig differenzierten wie umfassenden Validierungshinweisen sogar auf der Ebene grundlegender empirischer Deskription. Dieses Defizit liegt unterdessen vorrangig, aber nicht ausschließlich in der Vernachlässigung mehrdimensional informierender Selbstkonzept- bzw. Verhaltensindikatoren begründet. Denn überdies erhebt sich ebenso die Frage, warum nicht, trotz der nachweislich hohen Überlappung von schulischen Verhaltens- und Leistungsproblemen(Feldhusen, Thurstone& Benning 1971, Kluge 1974, Tornow 1978, Dumke& Heidbrink 1980,
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Tiedemann 1980, Fend& Helmke 1983, Hofer, Pekrun& Zielinski 1986), entsprechend leistungsthematische Selbstkonzeptanteile als mögliche Bezugsvariablen sozial-emotionaler Schwierigkeiten kontrolliert worden sind(Abb. 1). Anliegen der vorliegenden Erkundungsstudie aus dem Grundschulbereich ist daher auch der Versuch zu einer deskriptiv weiterführenden Einordnung des Selbstkonzeptkonstrukts in den Kontext auffälliger Schülerverhaltensweisen. Als in diesem Sinne vorläufiger Beitrag soll sie dabei unter Berücksichtigung ausgewählt selbstkonzept-, verhaltens- und leistungsbezogener Merkmale
im einzelnen folgende Fragestellungen
klären helfen:
(1) Bestehen zwischen unterschiedlich bereichsspezifischen Schülerselbstkonzepten und verschiedenen Formen schulischer Verhaltensauffälligkeiten differentielle Zusammenhänge?
(2) Erscheinen derartige Beziehungen durch die leistungsthematischen Selbstannahmen der Schüler bzw. durch deren Schulleistungsstand kontrolliert?
(3) Spielen die Annahmen von Lehrern hinsichtlich der Selbsteinschätzungen ihrer Schüler, also die lehrerperzipierten Schülerselbstkonzepte, im Zuge sozial-emotionaler Problembeurteilungen eine Rolle?
Von den somit auf einige wesentliche selbstkonzepttheoretische Basispostulate ausgerichteten Untersuchungsergebnissen werden in erster Linie Impulse für die Präzisierung weiterführender Arbeitsperspektiven erwartet.
Methode
Zur Erfassung unterschiedlicher Teilbereiche des Schülerselbstkonzepts(Abb. 1) wurde der Fragebogen zum Selbstkonzept für 4. bis 6. Klassen FSK 4-6 von Wagner(1977) verwendet, der eine Reihe von ausgewählten Selbstaussagen mittels sechsstufiger Ratings zur Ein
Günter Faber: Schülerselbstkonzepte und lehrerperzipierte Verhaltensauffälligkeiten- eine Erkundungsstudie in dritten Grundschulklassen
schätzung bringt und nach folgenden Dimensionen strukturiert: Selbstwertgefühl(Swg) im Sinne genereller Aussagen zur eigenen sozialen und emotionalen Befindlichkeit, Einschätzung eigener Fähigkeiten(EeF) im Sinne primär schulbezogen verankerter Aussagen zum eigenen Leistungsbzw. Begabungsstatus,
Beliebtheit und Einfluß(BuE) im Sinne gruppenspezifischer Aussagen zur eigenen Position im Umgang mit Gleichaltrigen,
Betragen gegenüber anderen(Bga) im Sinne weitgehend situationsunabhängiger Aussagen zum eigenen Sozialverhalten,
Kontaktbereitschaft(Kb) im Sinne allgemeiner Aussagen zur subjektiven Wertigkeit und Ausgestaltung sozialer Beziehungen,
Selbsteinschätzung des Äußeren(SdÄ) im Sinne von Aussagen zur Zufriedenheit mit der eigenen physischen und modischen Erscheinung.
Da die in die vorliegende Untersuchung einbezogenen Schüler sich eine Klassenstufe unter der Eichpopulation des Verfahrens befanden, und eine faktorenanalytische Überprüfung der Selbstkonzeptdimensionen aufgrund des Stichprobenumfangs nicht sinnvoll erschien, wurden zur wenigstens groben Skalenbeurteilung die entsprechenden Interkorrelationen und Stabilitäten herangezogen (Tab. 1). Sie verweisen sowohl auf die notwendige Unabhängigkeit der einzelnen Skalen untereinander als auch auf ihre genügende Zuverlässigkeit- mit einer Ausnahme(Kb) allerdings, die deshalb von der weiteren Analyse ausgeschlossen werden mußte. Darüber hinaus zeigten sich die für jede Subskala erhaltenen Verteilungskennwerte in weitgehender Übereinstimmung mit denen der Eichstichprobe von Viertklässlern (in Klammern jeweils die Angaben aus dem FSK-Manual): Swg AM 42.2/s 12.7 (40.8/11.2), EeF AM 34.9/s 7.5(30.5/8.5) BuE AM 43.4/s 10.1(39.4/9.3), Bga AM 40.4/s 8.4(37.8/8.4), SdÄ AM 31.5/s 7.7 (31.8/7.5).
Die gleichen Selbstkonzeptaspekte wur
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG 1/1988