Günter Faber: Schülerselbstkonzepte und lehrerperzipierte Verhaltensauffälligkeiten- eine Erkundungsstudie in dritten Grundschulklassen
tendenziell auf das allgemeine Selbstwertgefühl zu. Lediglich die Beziehung zwischen unterrichtsstörenden Schülerverhaltensweisen und dem Erscheinungsselbstbild bleibt demgegenüber substantiell erhalten.
Bei alledem nehmen die als grob informierende Kontextvariablen einbezogenen Annahmen der Lehrer, wie sich die Schüler ihrer Meinung nach selbst sehen (Fragestellung 3), für die Ausprägung der Schülerselbstkonzepte überwiegend keinen unmittelbar bedeutsamen Stellenwert ein(Tab. 5): Vielmehr lassen sich zwischen den verschiedenen Schülerselbstkonzepten und ihrer je lehrerperzipierten Beschaffenheit allenfalls mäßige, speziell im leistungsthematischen Bereich angesiedelte Übereinstimmungsgültigkeiten feststellen. Hinsichtlich des vermuteten Erscheinungsselbstbildes der Schüler scheinen die Lehrer indes sogar von gegensinnig verankerten Urteilsnormen auszugehen. Die subjektiven Sichtweisen der Schüler werden von den Lehrern somit kaum angemessen realisiert. Als demnach weithin invalide Wahrnehmungsurteile stellen sie sich jedoch zugleich als wichtige Bestandteile der_Ssozial-emotionalen Problemeinschätzungen von Lehrern dar. D.h. in die Wahrnehmung von Schülerverhaltensweisen als auffällig gehen in zum Teil beträchtlicher Weise Merkmalsinformationen aus den lehrerperzipierten Schülerselbstkonzepten ein (Tab. 5). So werden etwa eher ausagierenden, also unterrichtsstörend bzw. aggressiv erlebten Schüler positive Leistungs- und Erscheinungsselbstbilder sowie zugleich negative Betragensselbstbilder unterstellt- bei eher passiv auffallenden, als ängstlich, unselbständig bzw. regressiv geltenden Schülern werden dagegen in erster Linie niedrige Leistungsselbstbilder in Verbindung mit negativen Betragensselbstwahrnehmungen angenommen. Abgelehnten Schülern wird überdies gleichsam augenscheingültig ein geringes Konzept der eigenen Beliebtheit zugeschrieben. Folglich deutet einiges darauf hin, daß mit den lehrerperzipierten Schülerselbstkonzepten ein im ganzen durchaus problemdiffe
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG 1/1988
Tab. 4: konkurrente Validitäten der Rechtschreibzensuren(LU-Rs) im Hinblick auf die lehrerperzipierten Schülerprobleme sowie leistungskontrollierte Partialkorrelationen zwischen Schülerpro
blemen und Schülerselbstkonzepten(FSK).
ANGST UNSLB UNSTG ABLHG REGRS AGGRS LU-Rs 42°„634.14 17„GG ‚05 FSK-Swg-.29*-.01 03-.20—.28*.06 FSK-EeF 16.03 01—.23*-.25*-.04 FSK-BuE-.14 ‚03 09—.23* ‚01.01 FSK-SdÄ.01.16— 40%-.17 ‚02-.20 FSK-Bga 42 47 15 18 ‚04-.21 FSK-total 16 ‚08-.07-.29-.16-.04
*) p< 05.**) p-< 001
Tab. 5: Übereinstimmungsvalidität zwischen Schülerselbstkonzepten(FSK) und ihren lehrerperzipierten Ausprägungen(LPS) sowie konkurrente Validitäten in bezug auf die lehrerperzipierten Schülerprobleme und die Rechtschreibleistung(LU-Rs).
LPS-EeF LPS-BuE
FSK-Swg„35*.09 FSK-EeF„Il 15 FSK-BuE ‚03 13 FSK-SdÄ-.06-.03 FSK-Bga-.10 ‚06 FSK-total 30* ‚04 ANGST 74+ 13 UNSLB—68#* 34 UNSTG Se—.06 ABLHG 3)+ REGRS— 85 09 AGGRS Ay pm 1 LU-Rs—.794#*=. 15
*)p<:05*)-p< 01-7) pp< 001
rentieller, wenn auch nicht immer trennscharf von leistungsspezifischen Informationen(Tab. 5) abzugrenzender Bezugsrahmen für das Devianzurteil der Lehrer erfaßt ist.
Diskussion
Zusammenfassend legen die Untersuchungsergebnisse folgende Rückschlüsse und weiterführende Überlegungen nahe:
Substantielle Beziehungen zwischen ausgewählten Schülerselbstkonzepten und Verhaltensauffälligkeiten haben sich nur partiell, vornehmlich unter leistungsthematischem Aspekt und daher
LPS-SdÄ LPS-Bga LPS-total 17.14.14 -.04.27* ‚28* 11 16 07 ,45*-.14—.33** —.29* 09 15 21 ‚08 ‚06 = 41**=, 51***= G8*** = 56=, 551 73H „35**.19„43H -35**—,52*** 59 -,36**—45++*-61*** „SO ‚29* ‚SH 16-,57*+*—,53+*
auch in hohem Maße als schulleistungskontrolliert nachweisen lassen. Der Annahme differentieller Validitäten im Sinne einschlägiger Konstruktvorstellungen(Abb. 1) ist somit lediglich bedingt entsprochen.
So gesehen erscheint mit diesem Befund zunächst einmal der Ansatz gestützt, schulische Verhaltensauffälligkeiten und Schülerselbstannahmen stets im Kontext der gegebenen Leistungssituationen aufzuarbeiten(Dumke& Heidbrink 1980, Tiedemann 1980, Hofer, Pekrun& Zielinski 1986). Dabei müssen, auch dies belegen die vorliegenden Daten, derartige Interventionen vorrangig in bezug auf eher regressiv definierte Problematiken als erfolgversprechend
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