Meinrad Perrez- Psychologische Intervention über Mediatoren
Die zweite Bedingung bezieht sich auf jene Fälle, bei denen die Bezugspersonen des Zielkindes nicht durch ihr Verhalten wesentlich in die problemaufrechterhaltenden Bedingungen involviert sind, bei denen aber angenommen werden kann, daß sie bei entsprechender Befähigung imstande sind, zur Problemlösung beizutragen. Das ist z.B. bei Eltern von geistig behinderten Kindern der Fall, bei denen die Störung nicht durch die Beziehung bzw. soziale Interaktion der Eltern mit dem Kind erklärbar ist, bei deren Therapie Eltern jedoch wesentlich als Hilfstherapeuten mitwirken können.
Der Beitrag von Lauth& Schlottke gibt zunächst einen Überblick über kognitions- und handlungspsychologische Defizite, die lernbehinderte Kinder charakterisieren; anschließend werden konkrete Interventionsprogramme für die Förderung kognitiver Kompetenzen bei lernbehinderten Kindern durch Mediatoren dargestellt und diskutiert. Die Studie von Ischi& Perrez ist der kontroversen Frage gewidmet, ob Verhaltenstherapie via Mediatoren als symptomorientierte Hilfestellung für Störungen im engeren
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Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. Meinrad Perrez Psychologisches Institut der Universität Route des Fougeres
CH-1700 Fribourg
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Sinn mit dem Preis der Symptomverschiebung realisiert werde, was eine Kritik verhaltenspsychologischer Grundannahmen einschließen würde.
Die dritte Funktion, die Adaptationsfunktion, bezieht sich auf Situationen, in denen eine außerordentliche Anpassungsleistung von Kindern und ihren Bezugspersonen an eine schwierige Lebenssituation erforderlich ist. Chronische Krankheiten, Erkrankung eines Kindes an Krebs, Scheidung der Eltern und andere schwer zu meisternde kritische Lebenssituationen legen Hilfsprogramme nahe, durch die die Betroffenen in der von ihnen geforderten Anpassungsleistung unterstützt werden. Auf einschlägige Programme nimmt auch der Beitrag von H. Schmid in diesem Heft bezug. Fthenakis diskutiert in seinem Beitrag die Adaptationsproblematik von Kindern und Eltern, die sich aus der Scheidung ergibt. Er beschreibt ein Beratungsmodell, das sich an die Scheidungseltern in den verschiedenen Phasen des Scheigunsprozesses und an Stiefväter und Stieffamilien richtet, mit dem Ziel, die Schäden für die betroffenen Kinder zu minimieren und die Entwicklungsbedin
gungen für alle Beteiligten zu verbessern. Das Konzept der Hilfestellung via Mediatoren ist wie andere Interventionsmethoden der theoretischen und empirischen Fundierung bedürftig. Die Grundlagenfragen des Mediatorenkonzeptes lassen sich aufteilen in Probleme, die das Wissen über die gesetzesartigen funktionalen Zusammenhänge von Merkmalen der erzieherischen Umgebung mit Merkmalen der Entwicklung des Kindes betreffen, und zweitens in Probleme, die sich auf die Veränderung dieser erzieherischen Umgebung beziehen. Der zweite Wissenstyp bezieht sich auf die Frage, welche Lehr-Lern-Faktoren das Umlernen von erzieherisch bedeutsamen Einstellungen und Verhaltenstendenzen erleichtern bzw. erschweren. Der erste Wissenstyp ist notwendig für die Klärung der Interventionsziele auf Seiten der Mediatoren, die von Annahmen über Zusammenhänge des Erzieherverhaltens mit dem Kindverhalten abhängig sind. Der Beitrag von Peterander untersucht in diesem Sinne Zusammenhänge zwischen Faktoren der familiären Umwelt und Merkmale der Kindesentwicklung.
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