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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Elterntraining für Eltern von Kindern mit Zu-Bett-Geh-Problemen, Ein- und Durchschlafstörungen

Von Beate Minsel und Walter Quast

Ausgehend von der Überlegung, daß Zu-Bett-Geh­Probleme bei Kindern im Vorschulalter Frühsympto­me gestörter Familieninteraktion sein können, wur­de ein Elterntrainingsprogramm entworfen, das ne­ben gezielten Informationen über das Schlafverhal­ten von Kindern besonders auf die Veränderung der verbalen Kommunikation in Richtung auf einen part­nerschaftlicheren Umgang zwischen Eltern und Kin­dern abzielte. Mit Hilfe eines Trainingsgruppen-War­tegruppen-Versuchsplans mit Vor- und Nachtest wur­den die Trainingseffekte evaluiert. Es zeigten sich deutliche Lerngewinne für die Variablen Aktives Zu­hören und Ich-Botschaften. Die mit einem Fragebo­gen erhobenen selbstperzipierten Erziehungseinstel­lungen änderten sich nicht. Die durch die Eltern vor­genommenen Beobachtungen der Kinder vor, wäh­rend und nach dem Zu-Bett-Gehen mittels eines stan­dardisierten Fragebogens ergaben eine niedrige Sym­ptombelastung, die durch das Training nicht verän­dert wurde. Die Ergebnisse werden auf dem Hinter­grund der Ziele für primäre Prävention diskutiert.

Preschool childrens problems with going to bed and trouble sleeping can be regarded as early symptoms of dysfunctional family interaction. Therefore a par­ent training program was designed which included as well informations about sleeping behavior of chil­dren as improvement of parents communication skills(active listening and I-messages). The program was evaluated by a treatment-delayed treatment-de­sign with pre- and post-test. Parents of the treatment group improved their communication skills. Self re­ported parental attitudes did not change. Parents observations of their childrens behaviors before, du­ring and after going to bed revealed quite few symp­toms, and their number was not changed after train­ing. Results are discussed in connection with the aims of primary prevention.

Schlafstörungen in der Kindheit

Schlafstörungen sind im Kindes- und Ju­gendalter weitverbreitet. Mindestens 20 bis 30 Prozent aller Vorschulkinder und 10 bis 15 Prozent aller Schulkinder lei­den an Schlafstörungen(Schmidt 1984; Basler, Largo& Molinari 1980). In me­dizinischen Untersuchungen wird im all­gemeinen die phänomenologische Ein­teilung nach Formen vermehrten(Hy­persomnie), verminderten(Hyposomnie) und gestörten, unterbrochenen Schlafs (Dyssomnie) getroffen, wobei sich ins­besondere die beiden letzten Formen als relevant für das Kindes- und Jugendalter erweisen(Schmidt 1984). Den Hypo­

somnien werden Einschlafstörungen in­folge verstärkter Einschlafängste, isolier­te Einschlaf- und Durchschlafstörungen im Rahmen von Erlebnis- oder Anpas­sungsreaktionen, aber auch automati­sierte und fixierte Einschlaf- und Durch­schlafstörungen zugerechnet.

Zu den Dyssomnien wird der Pavor noc­turnus(Aufschrecken und Schreien aus dem Schlaf) und Somnambulismus (Schlafwandeln) sowie Enuresis noctur­na(nächtliches Einnässen), Sprechen im Schlaf und das Auftreten von Alpträu­men gerechnet. Zu den einzelnen ge­nannten Phänomenen liegen neurophy­siologische Befunde vor: Demnach tre­ten Dyssomnien offensichtlich vor dem

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIV, Heft 3, 1988

Übergang in den REM-Schlaf auf, für den Pavor nocturnus wird neben psy­chogenetischen Faktoren ein konstitu­tioneller Faktor angenommen, und beim Somnambulismus läßt das Hirnstrom­bild an eine generelle Hirnunreife den­ken, wobei genetische Faktoren wahr­scheinlich sind. Bei hyperaktiven Kin­dern zeigt sich eine physiologisch ver­kürzte Schlafdauer, die auf das verspäte­te Einschlafen zurückzuführen ist.

Viele Schlafunregelmäßigkeiten treten darüber hinaus im normalen Entwick­lungsverlauf auf. So ist beispielsweise das häufige Erwachen von Säuglingen im ersten Lebensjahr ein physiologisch bedingtes, durchaus normales Verhalten,

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