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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Nivardo Ischi& Meinrad Perrez+ Verhaltenstherapeutische Intervention in der Schulklasse durch Mediatoren

Nebeneffekte bei den erfolgreichen Interventionen

Im Sinne unserer Kriterien war die In­tervention in fünf von neun Fällen ziemlich bis sehr erfolgreich. Um die Fra­ge beantworten zu können, wie weit Symptomverschiebungen beobachtet werden konnten, wird nachfolgend dar­gestellt, wieviele unbehandelte Verhal­tensweisen negative Frequenzverände­rungen aufweisen.

Bei den 5 erfolgreich behandelten Pro­blemschülern wurden insgesamt 49 un­behandelte_Kontrollverhaltensweisen nach der Interventionsphase aufgrund der Videoaufzeichnungen beobachtet. 24 weitere Verhaltensweisen konnten für diese Auswertung nicht berücksich­tigt werden, da das jeweilige Verhalten zu selten bzw. gar nicht auftrat. Insge­samt weisen lediglich 6 Verhaltenswei­sen(= 12%) bei 3 Schülern nach der In­tervention eine bedeutsam höhere Auf­tretenshäufigkeit auf.

Nebeneffekte bei den erfolglosen Interventionen

Bei den folgenden vier Problemschülern war die Intervention nicht erfolgreich (ZK 11 und ZK 12) bzw. nicht beson­ders erfolgreich(ZK 02 und ZK 09).

Zwei von vier Problemschülern, für die die Interventionen nicht erfolgreich wa­ren, weisen überhaupt keine negative, se­kundäre Effekte auf. Eine Zunahme der unbehandelten Verhaltensweisen ist in 7 von 36 Fällen(= 19%) beobachtet wor­den. 23 weitere Verhaltensweisen konn­ten für diese Auswertung nicht berück­sichtigt werden, da das jeweilige Verhal­ten zu selten bzw. gar nicht auftrat.

Schlußfolgerungen

Wie bereits beschrieben, sprechen wir dann von Symptomverschiebung, wenn am Ende einer therapeutischen Interven­tion das behandelte unerwünschte Ver­halten seltener bzw. das erwünschte Ver­halten häufiger auftritt(= erfolgreiche

Tab. 2: Anzahl negativer Frequenzveränderungen unbehandelter Verhaltensweisen bei den fünf

erfolgreich behandelten Problemschülern.

Zielkind Nr. Anzahl negativer Frequenzveränderungen

0 von 11 unbehandelten Verhaltensweisen

1 von 0 von 4 von 1 von

9 unbehandelten Verhaltensweisen 9 unbehandelten Verhaltensweisen

10 unbehandelten Verhaltensweisen 10 unbehandelten Verhaltensweisen

6 von 49 unbehandelten Verhaltensweisen

(=12%)

Tab. 3: Anzahl negativer Frequenzveränderungen erfolglos behandelten Problemschülern.

unbehandelter Verhaltensweisen bei den vier

Zielkind Nr. Anzahl negativer Frequenzveränderungen

0 von

5 unbehandelten Verhaltensweisen

3 von 14 unbehandelten Verhaltensweisen 4 von 10 unbehandelten Verhaltensweisen

0 von

4 erfolglose 7 von 36 unbehandelten Verhaltensweisen Interventionen(=19%)

Intervention) und gleichzeitig eine Zu- 3. Im Falle einer Symptomverschiebung

nahme anderer unerwünschter und/oder

eine Abnahme anderer erwünschter Ver­

haltensweisen zu beobachten ist.

Sprechen die Ergebnisse unserer neun

Einzelfallstudien für oder gegen die An­

nahme der Symptomverschiebung?

1. Bei den fünf erfolgreichen Interven­tionen konnten bei den Zielkindern Nr. 01 und 10 überhaupt keine nega­tiven Nebeneffekte beobachtet wer­den(vgl. Tab. 2).

2. Die psychoanalytisch inspirierte Sym­ptomverschiebungstheorie läßt erwar­

ten, daß bei den erfolgreichen Inter- 4,

ventionen häufiger negative Nebenef­fekte auftreten als beim therapeuti­schen Mißerfolg vom Typ der Thera­pieresistenz, die sich dadurch charak­terisiert, daß die Symptome nicht be­einflußt werden können: ohne Ver­änderung der Symptome keine Sym­ptomverschiebung. Unsere Ergebnisse erlauben keine Unterstützung dieser Annahme, da die Tendenz der Daten in die umgekehrte Richtung weist: 12% unerwünschte Zunahme bei er­folgreicher Intervention vs. 19% bei Mißerfolg(vgl. Tabelle 2 und 3).

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIV, Heft 3, 1988

7 unbehandelten Verhaltensweisen

müßten nach der Interventionsphase die negativen sekundären Effekte häu­figer auftreten als während der Kon­trollphase ohne jegliche therapeuti­sche Intervention. Die nachfolgende Tabelle 4 über fünf Einzelfallstudien mit zwei Prämessungen zeigt, daß dies nicht der Fall ist, da nach der In­tervention 13% der unbehandelten Verhaltensweisen häufiger auftreten, währenddem es nach der vorausge­henden Kontrollphase insgesamt 27% sind.

Unter Berücksichtigung aller erhobe­nen Verhaltenskategorien der fünf Einzelfallstudien ist ersichtlich, daß 56% der behandelten unerwünschten Verhaltensweisen nach der Interven­tion erfolgreich verändert werden konnten. Während der Kontrollperio­de trifft insgesamt lediglich in 23% der Fälle eine Spontanremission ein. Die therapeutische Intervention ist somit wesentlich wirksamer als die Kontrollperiode, d.h. die gewohnten Versuche zur Verhaltenskorrektur, die der Lehrer in seinem Unterricht spontan vornimmt.

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