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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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klare Gliederung der Zeiträume durch Vorgabe eindeutiger Zeitpläne,

Berücksichtigung der psychischen und physischen Belastbarkeit durch an­fangs kurze Arbeitsintervalle.

3.2 Offener versus geschlossener! direktiver Unterricht

Thema unterschiedlicher Diskussionen ist der offene im Gegensatz zum ge­schlossenen, direktiven Unterricht. Wäh­rend der offene Unterrichtsstil weitge­hend von Planung absieht und dem Schü­ler die Entscheidung über die Art und Dauer seiner Tätigkeit überläßt ihn also seinen eigenen individuellen Unterricht gestalten läßt(Gage& Berliner 1986), gehtes bei dem geschlossenen, direktiven Unterricht darum, Lernvorgänge zu op­timieren. Dazu werden Lernziele formu­liert, Inhalte und Methoden festgelegt und anschließend der Lernerfolg kon­trolliert(Klewitz& Mitzkat 1977). Ge­gner des offenen Unterrichts argumen­tieren, daß bei verhaltensgestörten Schü­lern der offene Unterricht wegen seiner geringen sozialen und personalen Inte­gration nicht angezeigt ist(vgl. Goetze 1989). Diese Vermutung konnten Goetze und Jäger(1991) in einer Studie zum offenen Unterrichten bei verhaltensge­störten Schülern nicht bestätigen. Für die Verwendung eines offenen Unterrichts­stils bei verhaltensgestörten Schülern spricht nach Goetze(1989) die Möglich­keit, auf die speziellen Lernbedürfnisse der Schüler eingehen zu können(vgl. Tabelle 5).

Eine Untersuchung zur Effektivität des offenen versus direktiven Unterrichtens in einer Schule für Verhaltensgestörte

Ulrike Petermann: Sonderschulen für verhaltensgestörte Kinder

erbrachte keine richtungsweisenden Er­gebnisse: Weder der offene Unterrichts­stil noch der traditionelle zeigten sich unter- bzw. überlegen(Goetze& Jäger 1991).

3.3 Rückmeldesysteme, Hausaufgabenbetreuung und therapeutische Hilfe

In der Sonderschule für Verhaltensge­störte werden Rückmeldesysteme häufig zur Leistungskontrolle verwendet(Ha­vers 1981; Faber 1990). Wesentliches Element ist der Einsatz von Protokoll­bögen oder Tagebüchern, auf denen die Schüler ihre Leistungserfolge bzw.-miß­erfolge notieren können. Anhand dieser Notizen sind eindeutige, aufgabenbezo­gene Rückmeldungen seitens des Leh­rers möglich. Die Protokollbögen dienen demnach zur Fremd- und Selbstkontrolle (Goetze& Jäger 1991). Der Einsatz von Tokens stellt hierbei eine weitere wichti­ge Komponente des Verfahrens dar. Ent­scheidend ist die Möglichkeit, adäquates Verhalten direkt und wirksam verstärken zu können(Havers 1981).

Ein Beispiel eines derartigen Verfahrens findet sich im Untersuchungsvorgehen von Goetze und Jäger(1991). Im Rah­men eines offenen Unterrichts wurden Arbeitsbögen verteilt, auf denen die Schü­ler ihre Arbeitspläne notieren und nach Abschluß der Arbeit das Ergebnis sowie den Verlauf der Stunde nach festgelegten Kriterien bewerten konnten. Nach einem definierten Belohnungssystem erhielten die Schüler für fertiggestellte Arbeit und Einhalten von Regeln Token in Form von Sternchen, die sie in soziale, aktivitäts­bezogene oder materielle Verstärker ein­

Tabelle 5: Offener Unterricht: Argumente für den Einsatz bei verhaltensgestörten Schülern(Goetze

1989, 576).

Störungsspezifisch können

Ruhezonen eingerichtet(vgl. dazu Neukäter& Goetze, 1978), Prozeduren der Verhaltensmodifikation in Form von Checkmarken bzw. Sternchen zur Anbahnung

angewendet, individuelle Pläne ausgearbeitet, Übergangsstrategien geplant,

Strukturierungshilfen in Form sichtbarer Signale(Uhr, Grafiken, Aufzeichnungen) und besonderer

Lernecken angeboten,

besondere didaktische Angebote im Sinne einer individualisierten, förderungsdiagnostisch fundierten

Strategie gemacht werden.

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 1, 1993

tauschen konnten. Auf soziale Störun­gen erfolgten Strafkonsequenzen: Stern­chenabzug in Verbindung mit einem Ver­weis als milde Bestrafung sowie sozialer Ausschluß als intensivere Bestrafung (bei drei notwendig gewordenen Ver­weisen). Neukäter und Goetze(1978) stellen ein strukturiert-schülerzentriertes Unterrichtsmodell vor. Bedeutsam an diesem Drei-Phasen-Modell ist die kon­tinuierliche Abnahme der Lehrerdirekti­vität mit gleichzeitiger Zunahme an Ele­menten des selbstgesteuerten Lerner­werbs. Hierbei finden Verstärkungs- und Selbstinstruktionsmaßnahmen sowie Selbstkontrollkarten Anwendung. Havers (1981) berichtet von dem erfolgreichen Anwenden eines Rückmeldesystems in einem Unterricht mit Verhaltensgestör­ten. Trotz der erzielten Erfolge rät er von der Anwendung eines solchen Rückmel­desystem im Unterricht ab und plädiert für die Einführung eines Hausaufgaben­projekts. Als Begründung nennt er den großen, bei der Durchführung eines Rück­meldesystems entstehenden Arbeitsauf­wand sowie die mißtrauende Haltung im Lehrerkollegium, welche trotz positiver Reaktionen der Schüler auf das Rück­meldesystem anhielt. Zur klaren Struktu­rierung des Arbeitsbeginns sieht das Hausaufgabenprojekt eine räumliche Trennung von Spiel- und Arbeitsbereich vor. Auftretende Probleme sollten mit den Schülern besprochen und zusammen mit ihnen Verhaltensregeln mit klarer Formulierung entwickelt werden. Re­geleinhaltung sollte belohnt, geringe Regelverstöße ignoriert und massive Regelverstöße bestraft werden. Zur Ver­meidung von Überforderung vor allem leistungsschwacher Schüler sieht das Hausaufgabenprojekt unterschiedliche Schwierigkeitsgrade für Hausaufgaben vor. Hausaufgabenhilfe oder kontinuier­liche Nachmittagsbetreuung werden von Rodeck-Madsen und Gebbardt(1987) sowie Saueressig(1987) gefordert. Helbig (1988) betont, daß Hausaufgaben nicht zusätzlich zu Konflikten im Elternhaus führen sollten. Sofern ihre Fertigstellung nicht gesichert werden könnte, sollte von Hausaufgaben abgesehen werden. Zu­sätzlich zu diesen Maßnahmen fordern Rodeck-Madsen und Gebbardt(1987)

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