Karla Hofmann: Die Anwendung des HAWIK-R bei sehbehinderten Kindern
Zusammenhänge zwischen den Ergebnissen der HAWIK-R Untertests und den Variablen Visus und Schulleistung
Signifikante Korrelationen zwischen einzelnen Untertestergebnissen und dem Nah- bzw. Fernvisus der sehbehinderten Schüler waren lediglich im Untertest BO festzustellen(für den Nahvisus r.=0.36; für den Fernvisus r=0.38). Man kann davon ausgehen, daß sowohl ein verminderter Nahvisus als auch ein verminderter Fernvisus zu einer Leistungsschwäche im BO beitragen. Während zwischen VIQ und Nah- bzw. Fernvisus keine signifikante Korrelation gefunden wurde, konnte ein bei ax=0.05 signifikanter Zusammenhang zwischen Fernvisus und HIQ mit r=0.30 registriert werden. Nater (1982) konnte keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem 1m-Fernvisus und Ergebnissen Sehbehinderter in einem Formlegetest registrieren. Die Korrelation zwischen Nahvisus und HIQ lag mit r=0.28 knapp unterhalb der Signifikanzgrenze. In der Untersuchung von Baitinger& Bernd(1970) wird ein Korrelationskoeffizient zwischen Nahvisus und HAWIK HIQ von 0.44 angegeben.
Tabelle 3 gibt einen Überblick über ermittelte Zusammenhänge zwischen Ergebnissen in den einzelnen HAWIK-R Untertests und Schulnoten in ausgewählten Fächern. Für die sehbehinderten KinGer wurden die Noten der Fächer Mathematik(Ma), Rechtschreibung(Re), Lesen(Le), Heimatkunde(Hk) des unmittelbar zurückliegenden Zeugnisses erhoben. Um einen Bezug zu einer Stichprobe nichtbehinderter Kinder zu ermöglichen, wurden die Ergebnisse von Blanke (1984), erhoben in einer Untersuchung an 100 10- bis 14jährigen Kindern, herangezogen. Hier standen nur die Noten in Ma, Deutsch(Deu) und weiteren naturwissenschaftlichen Fächern zur Verfügung. Letztere bezogen wir nicht in die Auswertung ein.
Es zeigen sich in den hier betrachteten Fächern Ma, Re und Le bei Sehbehinderten tendenziell etwas höhere Korrelationen zu den Untertests des Verbalteils als bei den Nichtbehinderten. Möglicher
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Tab. 3: Korrelationskoeffizienten zwischen HAWIK-R Untertests und Schulnoten,
signifikant bei@x= 0.05
MA MA
(S)@®)
0.33 0.30 0.46 0.35 0.26
0.66
- 0.39
0.44 0.29 = 0.23 0.45 0.56
0.38 Zn
oten sehbehinderter Schüler
Deu, LU 0.42 0.39 0.48 0.35 0.35 0.36 0.36
0.25 0.20 0.70
0.34 0.42
oten nichtbehinderter Schüler, übernommen von Blanke(1984)
weise können Lehrer der Sehbehindertenschule ihre Schüler bzgl. der verbalen Fähigkeiten adäquater einschätzen, da hier aufgrund geringerer Klassenstärken eine intensivere Zuwendung zum einzelnen Schüler möglich wird. Augenfällig ist der relativ hohe Zusammenhang zwischen Note in Ma und Ergebnis im Untertest ZN, der bei Nichtbehinderten nicht existiert. Möglicherweise spielt für die Leistungsbewertung im Fach Ma an der Sehbehindertenschule das Kopfrechnen, das die im ZN geprüfte Merkfähigkeit stärker beansprucht als andere Anforderungen des Mathematikunterrichts, eine besondere Rolle. Dagegen zeigen sich tendenziell höhere Korrelationen zwischen den Schulnoten und Untertests des Handlungsteils bei den nichtbehinderten Schülern. Z.B. spielt die Arbeitsgeschwindigkeit, die ja im ZS vor allem erhoben wird, offensichtlich keine Rolle bei der Notenerteilung für sehbehinderte Kinder in den Fächern Ma, Re, Le, Hk— ganz im Gegensatz zu nichtbehinderten Kindern. Hier tritt eine Behinderungsspezifik in der Leistungsbewertung deutlich zutage.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Korrelationen zwischen handlungspraktischer Intelligenz und Schulleistungen generell gering sind, besonders gering allerdings bei Sehbehinderten(der MT bildet hier wieder eine Ausnahme). Möglicherweise schenkt die Sehbehindertenschule der Förderung der handlungspraktischen Intelligenz zu wenig
Aufmerksamkeit, beansprucht sie zu wenig, aus der Befürchtung heraus, mit handlungspraktischen Anforderungen den Sehbehinderten nicht gerecht zu werden.
Zum Vergleich von Internatsund Stadtkindern hinsichtlich ihrer Ergebnisse
in den HAWIK-R Untertests und ihrer Schulleistungen
Aus der Darstellung(vgl. Abb. 2) ist ersichtlich, daß die Gruppe der Internatskinder in sämtlichen Untertests schlechter abschneidet als die der Stadtkinder. Lt. t-Test für unabhängige Stichproben sind die Unterschiede zwischen den Gruppen in 6 Untertests— darunter solche des Verbal- und des Handlungsteils— bei @x=0.05 signifikant.
Nach Schätzung der zentralen Tendenzen mittels Rangsummentest von White erhalten die Stadtkinder bei@x=0.01 signifikant bessere Schulnoten in den Fächern Ma, Re, Le, Hk. Damit kann die Frage nach Unterschieden in Komponenten der Intelligenz und der Schulleistungen zwischen Stadt- und Internatskindern bejaht werden. Der Nahvisus der Stadtkinder ist nach Prüfung der zentralen Tendenzen mittels Rangsummentest bei x=0.05 signifikant besser als der der Internatskinder, hinsichtlich des Fernvisus lassen sich jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den Kin
dergruppen finden.
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 1, 1993